Iron Maiden Pressestimmen 2013

Pressestimmen

So rockten Iron Maiden die O2-World

(Quelle: Till Stoppenhagen, Hamburger Morgenpost vom 20.06.2013)

Dass Iron Maiden die Geschichte des Heavy Metal seit fast 40 Jahren maßgeblich mitbestimmt, merkte man den sechs Herren in den besten Jahren auch am Mittwochabend in Hamburg nur mit viel bösem Willen an.

Voller Spielfreude und mit einem bestens gelaunten, agilen Frontmann ließen die Londoner in der mit 12.000 Zuschauern knapp ausverkauften O2-World fast völlig vergessen, dass sie mittlerweile alle stramm auf die 60 zusteuern beziehungsweise diese Zahl schon überschritten haben. Und sie fuhren Song-Material auf, dass teilweise schon 31 Jahre alt ist.

Denn die „Maiden England World Tour“, mit der Maiden unterwegs sind, ist eine Neuauflage ihrer legendären „7th Tour Of A 7th Tour“, mit der sie Ende 80er auf ihrem kreativen Zenit in Riesenhallen und auf Festivals abräumten. Angereichert wurde das Programm mit einigen jüngeren Songs von Anfang der 90er.

Wer das seinerzeit auf VHS-Videocassette veröffentlichte Live-Video „Maiden England“ noch in Erinnerung hat, fühlt sich selig lächelnd ein Vierteljahrhundert in die Vergangenheit zurückgebeamt, als die Band zu den wuchtigen Akkorden von „Moonchild“ auf die Bühne kommt.

Die Bühnendeko mit der bizarren Eislandschaft, in der das zombiehafte Band-Maskottchen Eddie wütende Grimassen zieht, der rastlos umherspringende, immer noch athletische Sänger Bruce Dickinson – alles genau wie damals.

Spielerisch und gesanglich lassen die englischen Schwermetall-Malocher nichts anbrennen: Die „Eisernen Jungfrauen“ haben die Songs, die sie zum Teil seit Jahrzehnten nicht live gespielt haben, diszipliniert eingeübt – und ihr Publikum fest im Griff. Dickinson ist stimmlich immer noch eine Bank, auch wenn er bei seiner energischen Bühnenshow die eine oder andere Note verhaut. Dazu gibt’s einen Sack voll ewiger Publikums-Favoriten wie „Two Minutes To Midnight“, „The Prisoner“ und „The Trooper“ , Flammensäulen, das epische „Seventh Son Of A Seventh Son“ mit einem riesigen Plastik-Eddie, der hinter dem Schlagzeug aufragt: Genau das, was man will als Fan, der allmählich in die Jahre gekommen ist – ganz im Gegenteil zu dieser Band.

Ehrliche Haut, mächtig laut

Die britische Heavy-Metal-Band Iron Maiden begeisterte 12.000 Fans in der seit Wochen ausverkauften O2 World mit einem Retro-Programm

(Quelle: Holger True, Hamburger Abendblatt vom 20.06.2013)

"Scream for me, Hamburg!" Wie viele Tausend Male Sänger Bruce Dickinson diesen Satz wohl schon gebrüllt hat. Mit jeweils anderem Ortsnamen natürlich, aber immer im gleichen Duktus: Ich bin hier, wo seid ihr, wir wollen die Sau rauslassen heute Nacht! Auch in der seit Monaten ausverkauften O2 World ist sofort Partystimmung angesagt, als Iron Maiden nach dem üblichen Intro (seit Jahr und Tag "Doctor Doctor" von UFO) auf die Bühne stürmt. Wobei: "Iron Maiden" sagt hier niemand. Dickinson, Bandchef Steve Harris und all die anderen sind schlicht "Maiden", keine abgehobenen Stars, sondern Kumpel irgendwie, die einen durch die Jugendzeit begleitet haben, die den Gegenentwurf zu Hip-Hop, Techno oder Grunge lieferten und denen man auch ein paar schwächere Platten nachgesehen hat.

Wie treu die Fanbasis ist, zeigt sich nicht nur an den Ticketverkäufen, sondern auch am Merchandise-Umsatz. Trotz hoher Preise (30 Euro für ein Tourshirt, 100 Euro für ein Hockeytrikot mit Bandaufdruck) sind die Stände umlagert. Der Gesamtwert der in der Arena zur Schau getragenen Shirts dürfte konservativ geschätzt bei einer Viertelmillion Euro liegen, denn wer sich hier nicht qua Outfit zu den Urvätern der New Wave Of British Heavy Metal bekennt, ist klar in der Minderheit. Und wer sich von dem, was er an diesem Abend geboten bekommt, nicht vollkommen begeistern lässt, auch. Nachdem Iron Maiden zuletzt ihr doch einigermaßen kontrovers diskutiertes Album "The Final Frontier" auf einer Tour vorstellte, ist jetzt Retro total angesagt. Heißt: keine neuen Stücke, sondern in Sachen Bühnenshow und Songauswahl eine leicht geliftete Version der längst legendären 88er-Setlist.

Heißt: Kracher wie "Moonchild" , "Can I Play With Madness", "The Trooper" oder "2 Minutes To Midnight" hintereinander weg. Heißt: Euphorie und Mitgrölmodus ab Minute eins. Lediglich bei "Afraid To Shoot Strangers", eine ruhige Nummer, die die Gedanken eines Golfkriegssoldaten beschreibt, dessen Kampfeinsatz unmittelbar bevorsteht, kehrt etwas Ruhe ein. Ansonsten wird gefeiert, als sei wieder 1988, als würde das T-Shirt noch nicht über dem Wohlstandsbauch spannen und als wäre "Running Free" nicht nur eine verführerische Fantasie, sondern tatsächlich eine Option.

Dazu knallen die Funkenfontänen, schiebt sich Band-Maskottchen Eddie auf die Bühne und fordert Bruce Dickinson einmal mehr, man solle für ihn – genau – schreien. Überraschend ist das alles nicht, ein großer Spaß aber schon.

Dem Ehrliche-Haut-Image werden die Mittfünfziger mit Working-Class-Background jedenfalls mal wieder gerecht. Auch wenn sie natürlich längst vielfache Millionäre sind und ihre Freizeit gern auf dem Golfplatz verbringen. Da lässt es sich wohl verschmerzen, den Sprung nach ganz ganz oben, dorthin wo sich etwa Metallica tummelt, nie geschafft zu haben. Aber für diesen Platz an der Kommerzsonne ist Iron Maiden schlicht zu schlicht. Harris und seine Männern sind Arbeiter, exzellente Handwerker, doch sie sind nicht cool. Ihre Tätowierungen sehen aus wie selbst gestochen, ihr Kleidungsstil ist so unspektakulär, dass maximal ein Jogginghosen-Produzent mit ihnen werben könnte und vor allem hatten sie – anders als Metallica mit "Nothing Else Matters" – nie einen Überhit, der auch in der letzten Dorfdisco noch zum Standardrepertoire gehört.

Überlegungen, die in der O2 World aber niemand anstellt. Als nach knapp zwei Stunden das Hallenlicht wieder angeknipst wird, herrscht rundum Zufriedenheit. Vom Band läuft Monty Pythons "Always Look On The Bright Side Of Life", auch das hat Tradition, und entlässt 12.000 Fans in die warme Sommernacht. "War wie immer" heißt in diesem Fall. "War super." Jetzt noch schnell ein Shirt abgreifen, dann nach Haus. Ende gut alles gut. Und im nächsten Jahr gerne wieder.