(Quelle: Hamburger Abendblatt v. 12.12.2006)
"Mensch, Suzi Quatro, die sieht ja noch aus wie früher." Der gestandene Mitfünfziger kann sich gar nicht halten vor Begeisterung. "Und ihre Stimme, überhaupt nicht verändert." Tatsächlich, die knackige Sängerin aus Detroit ist der lebende Beweis, dass auch Damen im Alter von 56 Jahren als Rockerbraut noch eine gute Figur machen können. Ob sie auch noch gut bei Stimme ist, lässt sich in der Hartenholmer Mehrzweckhalle allerdings nicht wirklich feststellen: Als sie sich nach dem ersten Song für den Applaus bedanken will, kommt kein Ton aus den Boxen - das Mikro ist abgeschaltet.
Peinlich, aber nicht weiter schlimm: Bis auf wenige Ausnahmen singt an diesem Abend keiner der Interpreten live.
"Rock op'n Dörp" nennt Chris Hastings-Long, Chef der Firma Logopac Systeme, diese Veranstaltung, die eigentlich eine Weihnachtsfeier für seine Mitarbeiter und den Tennisclub Logopac Hartenholm sein soll. Angesichts der musikalischen Dimensionen allerdings bietet er 1500 Menschen die Möglichkeit, das Oldie-Konzert mitzuerleben. Und die freuen sich über ein enormes Spektakel: Im Eiltempo hecheln sich die Interpreten durch die Musikgeschichte.
Mike Krüger kalauert sich durch das Programm, die Band Sweet wartet mit ihren größten Hits auf, Geier Sturzflug, eine auf zwei Personen geschrumpfte Rumpfband, darf zwei Lieder zum Besten geben, Fräulein Menke ebenfalls. Fast alles Konserve (Krüger singt live), aber egal: Die Stimmung steigt, die Organisation ist perfekt.
Der Hamburg-1-Moderator Andreas Ellermann, ein Mann im King-Size-Format, überbrückt im Stile eines Jahrmarktschreiers einige kleine technische Pannen souverän. Dave Ashby als Anheizer muss mehr singen als gedacht, weil er Pausen überbrücken soll. Das macht der Sänger und Gitarrist natürlich souverän: Allen ist sein überschaubares Repertoire bestens bekannt, aber er reißt die Menge mit. Suzi Quatro bringt den Song "Rockin' in the free world" aus ihrem neuen Album, bevor sie mit ihren alten Hits den Saal zum Toben bringt.
Höhepunkt des Abends dann der Auftritt von Wishbone Ash: Tatsächlich handgemachte Livemusik, die wegen ihrer Komplexität jedoch nicht so recht zum eher hemdsärmeligen Stil des Abends passt. Viele Zuschauer nutzen diese Gelegenheit und gehen zum Luftschnappen ins Vorzelt, wo es Getränke und Speisen gibt.
Toll übrigens die Band Foxie B aus Hamburg. Deren Sänger Buttsche Reinecke kauderwelscht sich zwar ohne störende Text- und Englischkenntnisse durch die Lieder, aber er klingt wie Joe Cocker und Van Morrisson zusammen - live und leider schlecht ausgesteuert.
Es war eine Menge los in Hartenholm. Wie will Chris Hastings-Long diesen Abend noch übertreffen? Die Zuschauer dürfen gespannt sein, welche Dimensionenen seine Weihnachtsfeiern in den nächsten Jahren annehmen.