Neulich abend bei uns zu Hause. Im Hintergrund lief Musik und schließlich die Frage „wer ist denn das?“. Mit dem Namen konnten unsere Freunde dann aber doch nichts anfagen.
Wer ist (oder besser war) Jim Groce?
„Jim Croce war, nicht nur nach Meinung seines Freundes Don McLean, einer der besten Singer-Songwriter der USA und vielleicht auch auf dem Weg, einer der erfolgreichsten zu werden, als er im September 1973 mit geradezu beängstigenden Parallelen zum Ende von Buddy Holly etc. („The Day the Music Died“) nach einem Konzert in der Provinz beim Absturz einer gecharterten Beechcraft umkam.
Wer wie ich damals noch zu tiefsten Vinylzeiten nach den wunderschönen Balladen und auch etwas „rockigeren“ Songs von Croce süchtig wurde, die fast ausnahmslos mit brillanten Lyrics Geschichten aus dem Leben erzählen und ihre Charaktere stets verblüffend plastisch beschreiben, sah sich von der CD-Industrie jahrzehntelang tief enttäuscht. Zwar gab es die eine oder andere „offizielle“ Best-of-Zusammenstellung, der Löwenanteil der Veröffentlichungen bestand (und besteht) jedoch aus meist lieblos zusammengestellten Second-Hand-Samplern mit immer wieder denselben Songs und einigen obskuren Frühzeit-Aufnahmen. Nicht einmal die drei Alben, die seine wenigen Top-Ten-Hits begleiteten – „You Don’t Mess Around With Jim“, „Life and Times“ (mit dem hierzulande wohl bekanntesten Lied, „Bad Bad Leroy Brown“) und „I Got A Name“ – waren komplett auf Silberscheibe erhältlich.
Diese Lücke füllt „The Way We Used To Be“ hervorragend. Nicht nur sind hier die drei genannten Alben (in der Original-Reihenfolge) komplett enthalten, sondern auch die posthum veröffentlichte Sammlung „übrig gebliebener“ Aufnahmen und Outtakes „The Faces I’ve Been“ und einige weitere Songs. Abgerundet wird die Box durch eine CD mit Live-Konzertaufnahmen, die m. W. bisher unveröffentlicht waren.
Nicht enthalten sind eigentlich nur die ganz frühen, sehr „folksigen“ und 60er-Jahre-typischen Aufnahmen mit Ehefrau Ingrid. Zwar sind auch die noch besser als Vieles, was zu jener Zeit die Charts erklommen hat, aber so richtig zwingend sind sie dann auch nicht. Und ausgerechnet die gibt es außerdem auch separat zu erwerben (wahlweise als „Bombs Over Puerto Rico“ oder „Croce“, mit identischem Inhalt).
Croces Lieder sind nichts für die MTV-Generation, aber auch nichts für die Sorte von Folk-Fans, für die ein guter Text stets entweder Systemkritik/political correctness oder surreal anmutende Wortkunststückchen à la Dylan enthalten muss. Croce fasst die Gefühle seines Ich-Erzählers (meist in persönlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht ein „loser“) in unglaublich treffende und eingängige Zeilen, wobei er gleichermaßen pointiert Resignation („New York’s Not My Home“, „Box No. 10“, „Operator“), Hoffnung („Tomorrow’s Gonna Be A Brighter Day“), triumphierende Bockigkeit („One Less Set Of Footsteps“) oder schlicht melancholische Erinnerung („Time in a Bottle“, „Photographs and Memories“, „Walking Back to Georgia“) zum Ausdruck bringt.
Oder er beschreibt witzig-satirisch bestimmte Personen, meist aus der Unterschicht („Rapid Roy the Stock Car Boy“, „Roller Derby Queen“, „Working at the Carwash Blues“) oder auch etwas halbseidenem Milieu — wobei die Unterschiede zwischen Big Jim Walker aus der 42. Straße („You Don’t Mess Around With Jim“) und Leroy Brown, die beide in einem zugereisten Außenseiter ihren Meister finden, zugegeben eher graduell sind.
Wer eingängig-melodische Musik mit intelligenten Texten mag, wie sie ähnlich (und doch anders) etwa von Gordon Lightfoot oder Don McLean geschrieben wurden, der wird auch Jim Croce mögen. Und da die eingangs erwähnte Suchtgefahr besteht, ist diese preiswerte 3-CD-Sammlung die weit bessere Wahl, als sich mit billig-obskuren Zufallszusammenstellungen an das Thema heranzutasten und dann noch jahrelang vergeblich zu versuchen, die Sammlung auf andere Weise zu ergänzen. “ (Quelle: Amazon)
Eine Tracklist der 68 enthaltenen Songs hier aufzulisten erscheint mir unnötig, wer sich für diese Box interessiert kann den Inhalt auf amazon.de nachlesen.
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