Die Wiedergutmachung

Sweet

13.03.2013, NYC-World Tour, Markthalle-Hamburg

We Want Sweet !! We Want Sweet !! We Want Sweet !!

„Hast Du schon gehört? Sweet kommen nach Hamburg!“ So oder ähnlich kam die Nachricht bei mir im Büro an. Also waren die alten Säcke wieder „on the Road“?

Ein paar Klicks im Internet machten mich schnell schlauer und tatsächlich: die Band von Andy Scott war mit einer neuen CD im Gepäck auf großer „NYC World Tour 2013“ durch Polen, Österreich und Deutschland…World Tour? Oookaaaayy ??

Das neue Album „New York Connection“ war dann genauso schnell „heruntergeklickt“ und der Funke sprang sofort über. Das war zwar keine Innovation, keine intellektuell fordernden Klangkaskaden, keine sphärischen Filigranmelodien… das war einfach purer und gutgemachter 70er Jahre-Rock.

Diese CD in den Player, nicht „machmallauter“ sondern ganz einfach „Mach laut!!!“ und der Tag ist Dein Freund!

Trotz meiner maßlosen Enttäuschung von 2006 siegte schließlich die Neugier und der Weg in die Vorverkaufsstelle war damit vorgezeichnet.

Ein paar Wochen später schoben wir uns mit 800 – 900 Fans in die Hamburger Markthalle. Das war für mich dann schon eine Überraschung… ich hatte gar nicht mit so einem Andrang gerechnet. Über das Durchschnittsalter will ich nicht viele Worte verlieren. Vielleicht nur soviel: vor ziemlich genau 40 Jahren habe ich The Sweet das erste Mal live gesehen (Musikhalle Hamburg) und ich war heute nicht der älteste…. alles klar?

Nach dem ersten Alsterwasser (blöd, wenn man noch fahren muß…) kam unvermittelt ein langhaariger Typ in Lederhose und Weste auf die Bühne, setzte sich auf einen Hocker und fing auf einer akustischen Gitarre an zu klampfen…(„was die Roadies so draufhaben, Respekt!“). Dann kam der nächste „Roadie“, setzte sich auf einen Hocker neben ihn, begann zu singen … und der Saal war hin und weg!

Um es kurz zu machen: die beiden gehören zu „Heaven In Hell“, einer 80er-Hardrock-Cover-Band aus München und heizten heute mit Unplugged-Versionen der ganz großen Rocksongs (u.a. „Rebell Yell“, „Whole Lotta Love“, „Allright Now“) dem Publikum richtig gut ein. Ich habe wirklich schon einige Special Guests gesehen und bei vielen konnte man die Zeit besser am Bierstand totschlagen. Diese beiden sollte man sich nicht entgehen lassen! Noch besser: vielleicht tourt ja auch mal die komplette Band durch den Norden der Republik?

Heaven & Hell
Hoffentlich kommen die mal in den Norden!

Nach einer kurzen Umbaupause (Hocker wegtragen…..:-) gab ein Roadie dem Mixer am Mischpult mit einer Taschenlampe ein Zeichen, das Licht in der Halle ging aus und wir standen (akustisch) in den Straßen von New York: Sirenen, Strassengeräusche, Radiofragmente aus Werbung, Stimmen und Musik!

Sweet 2013
Live zeigen die alten Haudegen noch immer eine klasse Show

Mit „New York Groove“ und „Cold On The Ceiling“ startete die Band mutig mit Songs von der neuen CD und brachte mich um meinen Wetteinsatz. Aber weil weder „Action“ noch „Ballroom Blitz“ das Konzert eröffneten, ging die Wette ins Leere und wir mußten uns das Bier selber kaufen….

Die Fans aber hatten keine Zeit, von den neuen Songs irritiert zu werden. Mit „Hell Raiser“, „Turn It Down“ und „The Six Teens“ ging es mit Vollgas zurück in die Hit-Spur.

Vollgas war auch das beherrschende Thema. Wer hier heute eine Oldie-Nacht mit „Poppa Joe“ oder „CoCo“ erwartet hätte, der wäre enttäuscht worden. Die Band um das Ur-Sweet-Mitglied Andy Scott (Pete Lincoln (l-voc, bg), Tony O’Hara (g, kb, voc), Bruce Bisland (dr, voc)) rockte die Markthalle nach Kräften und wurde vom Publikum begeistert gefeiert.

Lediglich Pete Lincoln’s Stimme, durch eine Infektion etwas angegriffen, schwächelte etwas. Nach seiner Entschuldigung und der Bitte um Unterstützung ans Publikum, erntete er dafür von seinen Kollegen prompt ein paar anzügliche Ratschläge zur Behandlung seiner Stimmbänder.

Sweet 2013
It’s only Rock’n’Roll….

Dann ging es Schlag auf Schlag weiter: eine gelungene Mischung aus eigenen Hits, Highlights der verschiedenen Alben und Coverversionen im Sweet-Sound ließ die Zeit rasen, ließ sie wie einen ICE vorbeijagen, in dessen Fenstern Bilder aus vierzig Jahren aufblitzten:

1973 in der Musikhalle die tuntigen Glamrocker mit den eindeutig-zweideutigen Gesten, 1977 die Hardrock-Band in der Ernst-Merck-Halle, 1978 die Jubiläumstour mit „Love Is Like Oxygen“ im Gepäck, 1989 mit Mick Tucker in der Großen Freiheit, 1992 das geniale Abschlußkonzert der „A“-Tour im Wilhelmsburger Bürgerhaus und als persönlicher Tiefpunkt der peinliche Playback-Auftritt 2006 bei „Rock Op’n Dörp“…

Hier und heute war das aber Schnee von gestern. Wie sagte Andy Scott bei der Vorstellung der Band sinngemäß:

Sweet 2013, with new material and absolutely live!

„Dies sind  Sweet 2013, mit neuem Material und absolut live!“

Recht hat er!

Die Zugabe war dann ein weiterer Höhepunkt: ein Roadie enterte das Schlagzeug und Bruce Bisland gab mit goldenen Puscheln den Cheerleader: „Hey… Hoh…. Let’s Go“. So wurde die Punk-Hymne „Blitzkrieg Bop“ von The Ramones wohl noch nie gespielt.

Und zum Abschluß der legendäre Dialog: „Are you ready Steve?“ – „Aaahaa!“ – „Andy?“ – „Yeaaah!“ – „Hamburg?“ – und mit einem vielstimmigen „Oookaaay!!“ ging es schließlich ins Finale: „The Ballroom Blitz“!!!

…but i like it!

Hier die Setlist (wenn ich mich richtig erinnere…?)

  • New York Groove (Hello cover)
  • Gold on the Ceiling (The Black Keys cover)
  • Hell Raiser
  • Turn It Down
  • The Six Teens
  • New York Connection
  • Shapes of Things (The Yardbirds cover)
  • In To The Night (Gesang Andy Scott)
  • AC/DC (Gesang Tony O´ Hora)
  • Wig Wam Bam/Little Willy-Medley
  • Teenage Rampage
  • You Spin Me Round (Like a Record) (Dead or Alive cover)
  • Love Is Like Oxygen
  • Blockbuster
  • Fox on the Run

Zugabe:

  • Blitzkrieg Bop (Ramones cover) (Gesang Bruce Bisland)
  • Set Me Free
  • Ballroom Blitz

Fazit: das war das rundum gelungene Konzert einer lebendigen Rock-Band. Keine Spur von den „Oldie-Nacht-Playback-Marionetten“.

Ich drück die Daumen, dass die „alten Säcke“ diesen Weg fortsetzen… Dann sehen wir uns auch garantiert wieder!!

Das war doch okay!