Rival Sons
Teatro Fiasco-Tour
26.02.2017, Docks, Hamburg
Mittlerweile ist es drei Jahre her, das ich bei der besten Band der Welt eine Vorgruppe sehen durfte, die mich mehr oder weniger aus den Socken gehauen hat! Seitdem habe ich mir von den Rival Sons alle Alben besorgt, selbstverständlcih in Vinyl.
Weshalb Vinyl? Abgesehen davon, das Schallplatten einfach schöner als CDs sind… diese Band muss man auf Vinyl hören!
Auf Laut.de ist in diesem Zusammenhang zu lesen: „Rival Sons sind im Grunde das Musterbeispiel für Retro-Rock: Led Zeppelin mit Deep Purple-Orgel und schwere Black Sabbath-Riffs, garniert mit ein wenig psychedelischem Geschwurbel. Angestaubt klingt allerdings anders!“
Nachdem die Band den Support für die Black Sabbath-Abschiedstournee hinter sich gebracht hatte, ging es auf auf die Teatro Fiasco-Tour und gottseidank führte diese auch nach Hamburg.
So stand ich dann rechtzeitig im Docks und suchte mir dort einen Platz in der Nähe des Mischpults. In dieserkleinen Location kann man auch vom Mischpult perfekt sehen. Direkt hinter dem Mischpult bemerkte ich einen langhaarigen Späthippie, der auf zwei Turntables 45er-Vinyls auflegte! Ein richtige DJ, kein Scratchen oder Dancefloor… nein: richtiger Rock’n’Roll aus den 60ern! Rauh, wild, frech und relativ unbekannte Nummern. Dieser DJ war damit schon Teil des Konzertes bzw. des Programms, wie Rival Sons-Frontmann Jay Buchanan später mitteilte.
Denn im Anschluß an die Konserven-Musik gab es auf der Bühne Poetisches zum Auftakt. Der wesentlich jüngere Derrick Brown gab, begleitet von Hubschraubergeräuschen und Synthieklängen eine Lesung. Dabei ging einiges am Publikum vorbei, trotzdem gab es keine Pfiffe.
Und dann gab es was auf die Ohren!
Mehr nach dem Geschmack der Fans waren dann die Headliner. Mit den Klängen von Ennio Morricones „The Good, The Bad & The Ugly“, kam die Band auf die Bühne und starteten mit dem ersten Teil des Titelsongs ihrer aktuellen Platte „Hollow Bones“ auch gleich krachend los. Mit „Tied Up“ und „Thundering Voices“ wurden dann noch zwei Stücke des neuen Albums nachgeschoben.
Wenn die Italo-Western-Hymne nicht schon ein Hinweis gewesen wäre… Lightshow und Equipment machten deutlich, an welcher Ära sich die Rival Sons orientieren. Viel mehr „Vintage“ in Sachen Bandausstattung dürfte kaum drin sein als Gibson Firebird-Gitarre, Fender Jazz Bass, Orange- und Ampeg-Verstärker, ein Gretsch Drumkit sowie Tasteninstrumente von Hammond – und genau das hört man den Jungs aus Kalifornien auch an. Was da brachial aus dem Boxen klang, war und ist feinster Blues- und Garage-Hardrock mit einem deutlichen 1970er Jahre-Einschlag.
Wenn ich mich so umschaute, dann hatte auch ein Teil des Publikums dieses Jahrzehnt am eigenen Leibe miterlebt und feierte dementsprechend die kompromisslosen Riffs, die Gitarrist Scott Holiday und Tieftöner Dave Beste raushauten. Dazu der mächtige Wumms von Drummer Mike Miley. Über allem schrie, weinte, stöhnte und brüllte die markante Stimme von Jay Buchanan, der den Songs mit seinem mächtigen Organ das gewisse Etwas verlieh. So ähnlich müssen sich damals die jungen Doors, Led Zeppelin und ja, auch Deep Purple angehört haben.
Ich konnte mich fast zurückversetzen in irgendeine Konzerthalle der frühen bis mittleren 1970er. Der erdige, bluesige Rock der Rival Sons wirkt wie aus einer anderen Zeit, ohne dabei jedoch nur Kopien zu präsentieren. Das liegt unter anderem auch an dem aktuellen Sound des bärtigen Tourkeyboarders Todd E. Ögren-Brooks, der mit den eingestreuten Synthesizereffekten dem Ganzen eine modernere Note verpasste.
Mit der vom Publikum gefeierten Version von „Torture“ brachen dann so langsam die Dämme. Buchanan hatte uns Fans überflüssigerweise gefragt, ob wir bereit für die Party wären… von da an bebte das Docks!
„Open My Eyes“ und „Torture“ wurden lauthals mitgesungen und nach dem finalen „Keep On Swinging“ war meine Stimme weg. Feierabend. Schluss, aus und fertig!
Mehr ging nicht, obwohl… ich hätte so gerne noch „Good Things“ gehört!
Aber diesen Gedanken brauchte ich nicht zu Ende denken, denn das war’s. Es gab keine Zugabe! Das wäre dann wirklich ein Punkt, wo die Jungs von den alten Rockhelden noch etwas abgucken könnten!
Zum Abschluss des ansonsten sehr gelungenen Abends holte die Band ihr ungewöhnliches Vorprogramm noch einmal auf die Bühne und stellte sämtliche am Tourbetrieb beteiligten Leute vor, bevor sie unter donnerndem Applaus die Bühne verließen.
Rival Sons: Die Söhne der Väter des Rock im Docks
Auch wer nicht so vertraut mit den Rivals Sons ist, konnte den vier Hardrockern aus Long Beach (Kalifornien) in den vergangenen Jahren kaum aus dem Weg gehen. Wenn Black Sabbath, Deep Purple, Scorpions oder Judas Priest durch die Lande zogen, konnte man sicher sein, dass die Band im Vorprogramm Rival Sons heißt. Und ein paar Monate später bei den eigenen Clubshows, etwa am 26. Februar im Docks, findet sich vielleicht mancher Gast ein, der mehr von den Kaliforniern sehen und hören möchte.
Sehr langsam, aber sehr stetig sind die Rival Sons zu einer festen Zwischengröße geworden, die in jedem Club, von Gruenspan über Uebel & Gefährlich und Mojo Club gut ablieferte. Sie haben keinen Hit, aber sie haben zwischen 2009 und 2016 fleißig fünf Alben veröffentlicht und bewegen sich zumindest in Deutschland und Großbritannien in Top-20-Regionen. Und während die letzten Takes einer Platte noch abgemischt werden, hasten die Sons auch schon wieder mit leichtem Gepäck und schwerem Gerät zum Tourbus.
Viel Aufwand für den Applaus. Robin Everhart, kein Wrestler oder Pornostar, sondern Bassist der Band bis 2013, konnte diesen steinigen Weg nicht mehr mitgehen und verließ die Combo, für ihn ist Dave Beste zu Sänger Jay Buchanan, Gitarrist Scott Holiday und Schlagzeuger Mike Miley gestoßen. Am Sound hat sich dadurch nichts geändert.
Die Rival Sons waren schon auf den ersten Alben "Before The Fire" (2009) und besonders bei "Pressure & Time" (2011) ein Thermomix für Blues- und Hardrock der 60er- und 70er-Jahre und sind es auch auf der aktuellen Scheibe "Hollow Bones" (2016) geblieben. Einflüsse von Led Zeppelin, Free, Cream, Deep Purple und Doors sind die Hauptzutaten, fein abgestimmt mit Glamrock und Soul, kräftig erhitzen und umrühren. So entsteht dann ein Song wie "White Noise" mit Riffs, die flackernd irrlichtern wie LSD-inspirierte "Beat-Club"-Fernseheffekte, Drum-Geprügel im Geiste von Led Zeps John Bonham, hallendem Gesang und – trotz allen Donners – der einnehmenden Melodiösität von Cream.
"Cock Rock" (Schwanzrock) hätte man das vor Jahrzehnten noch genannt. Jenes Etikett, das eigens für Led Zeppelin erfunden wurde. Das Röhren, Schreien, Stöhnen, Flüstern, die offensiven Posen und Gesten, die Selbstdarstellung, das findet sich auch bei den Rival Sons wieder: "Hot lady, hot lady, you're my sexy girl. Hot lady, gonna take you the promised land", verspricht Jay Buchanan in "Electric Man". Das Hemd ist offen bis zum Bauchnabel, mehrere Halsketten baumeln im Takt. Mike Miley zeigt kleine artistische Kunststückchen mit seinen Trommelstöcken. Scott Holiday wippt auf hohen Absätzen und verzieht das Gesicht wie bei einer rektalen Zahnoperation. Tour-Keyboarder Todd E. Ögren-Brooks entlockt seinen Tasten das Kreischen gepeinigter Seelen aus der Hölle. Bassist Dave Beste steht rum.
Das hat man alles schon tausendfach gesehen und gehört. Aber es wird immer funktionieren. Weil es laut ist. Weil selbst leisere Songs wie "Face Of Light" irgendwann laut werden. Alle Regler hoch, durchstarten und abheben.