Wenn Clapton „Gott“ ist…

Santana

5. Mai 2006, Hamburg, Color-Line-Arena

Irgendwann Ende der 60er hat mal jemand an eine Londoner Häuserwand den Satz »Clapton is god« gesprayt. Auch wenn Eric Clapton ein in meinen Augen toller Gitarrist ist und der blasphemische Inhalt nicht ernst genommen werden kann, so stellt sich mir unmittelbar nach diesem Konzert bei dem Gedanken an dieses Zitat die Frage:

Wer ist dann bitte schön Carlos Santana?

Was dieser Mann uns hier und heute geboten hat, lässt sich mit Worten kaum noch beschreiben. Bereits mit dem ersten Song (Jingo) flog der Funke von dieser sensationellen Band in das Publikum über und jeder begann zu tanzen und zu toben. Kein langes Abwarten, sofort gute Laune und eine umwerfend positive Stimmung.

In den folgenden 135 Minuten folgte ein Klassiker dem anderen und wir flogen durch die Jahrzehnte dieser unglaublichen Karriere. Vom ersten Album (das mit dem Löwenkopf) bis zum aktuellen (All That I Am) spannte sich der Bogen und trotz der unglaublich vielen Hits die es heute zu tanzen/singen/hören gab, ich hätte mich auch noch auf Samba Pa Ti gefreut. Am Ende gab es noch die Botschaft, die diesen unglaublichen Musiker seit Jahren vorantreibt:

Love, Peace & Happiness (we are the other side of america…)

Dem ist nichts hinzuzufügen, es sei denn Folgendes:

wenn Santana nochmals in der Nähe auftreten sollten, sofort Karten kaufen!!!

Pressestimmen

Das Magengruben-Gefühl
(Quelle: Heinrich Oehmsen im Hamburger Abendblatt, 08.05.2006)

Carlos Santana: 135 Minuten Feuerwerk aus Rock und Latin. Der 58 Jahre alte Gitarrenvirtuose euphorisierte die Color-Line-Arena mit Hits seiner langen Karriere.

Jeder Ton ist noch in meinem Kopf. Unauslöschlich. Seit 1971, als "Santana" erschien, das dritte Album der Band mit dem Song "No One To Depend On". Mit seinem sanften Intro, ein paar harten Trommelschlägen und den langgezogenen Tönen, mit denen Carlos Santanas Gitarre sich in die Gehörgänge fräste. Ein Lied, unzählige Male zu Hause auf der Luftgitarre vor dem Dual-Plattenkoffer mitgespielt. Riffs, die damals in der Magengrube ankamen und auf den Armen eine Gänsehaut auslösten. Da brannte ein Musiker auf seiner Gitarre ein Feuerwerk ab, meistens am unteren Ende des Griffbrettes, um besonders hohe Töne durch die Lautsprecher zu jagen.

Jetzt steht dieser Gitarrist 80 Meter von mir entfernt auf der Bühne der Color-Line-Arena, und alles ist genau wie 1971. Dasselbe Gefühl, dieselbe Euphorie angesichts dieses einzigartigen Sounds. Man möchte vor Verehrung auf die Knie fallen, denn Carlos Santana setzt 35 Jahre später immer noch diese unvergleichliche Energie frei. Es sieht so mühelos aus, wenn er über die Bühne wandert, seine Finger über das Griffbrett fliegen und seine rotbäuchige Gitarre singen läßt. Mit schnellen Kaskaden, die in lang- und hochgezogenen Tönen enden, um danach wie Stromschnellen wieder rasante Fahrt aufzunehmen. Diese Musik ist ein breiter Fluß, in dessen Mittelpunkt der schnauzbärtige Mexikaner aus Kalifornien steht. Und der in seiner uneitlen Art seiner famosen Band reichlich Raum für solistische Ausflüge gibt.

An diesem Abend geht der 58 Jahre alte Bandleader, dessen Sohn Salvador mit seiner Band das Vorprogramm mit Bravour bestritt, im Repertoire ganz weit zurück bis an den Beginn seiner Karriere, die 1969 beim Woodstock-Festival ihren ersten Höhepunkt erlebte.

Los geht es mit dem stampfenden Rhythmus von "Jingo" vom ersten Album mit dem gezeichneten Löwenkopf auf dem Cover. Die drei Perkussionisten mit Schlagzeuger Dennis Chambers geben mächtig Gas. 9200 Zuhörer wippen und tanzen mit. Zeit zum Luftholen bleibt nicht viel, höchstens, wenn Cyndi Laupers Ballade "Time After Time" oder John Coltranes "A Love Supreme" zitiert wird. Die zehnköpfige Santana-Maschine läuft wie geschmiert - mit Hochdruck auf den Kesseln.

Von den frühen Nummern der Post-Woodstock-Phase gehört "Toussaint L'Overture" genauso zum Repertoire wie "Incident At Neshabur", "Oye Como Va" fehlt ebensowenig wie "Black Magic Woman".

"Evil Ways" und "Soul Sacrifice" holt Santana erst im Zugabenteil aus seiner Schatztruhe. Auch jüngere Hits wie "Maria Maria", "Smooth" (beide vom Album "Supernatural") und "Foo Foo" (von "Shaman") gehören zu dieser 135 Minuten langen Tour de Force aus Rock und Latin.

Und sie macht Lust, sich zu Hause wieder vor die Boxen zu stellen und die Luftgitarre einzustöpseln. Um "Batuka" und "Jungle Strut" mitzuspielen. Vom geliebten dritten Santana-Album.

Santana begeistert bei Tourauftakt
(Quelle: dpa)

Latin-Rock der Meisterklasse: Carlos Santana kann mit seiner Gitarre beim Zuhörer Gänsehaut erzeugen - daran hat sich in den mehr als 30 Jahren seiner legendären Karriere nichts geändert.

Einen beeindruckenden Beweis dafür lieferte der 58-jährige Musiker mit seiner Band beim Konzert am Freitagabend in Hamburg - der ersten Deutschland-Station auf seiner aktuellen Europa-Tournee "All That I Am". Mit Songs von seinem gleichnamigen neuen Album und Klassikern wie "Black Magic Woman", "Corazon Espinados" oder "Oye Como va" versetzte er mehr als 9000 Zuschauer in der Color Line Arena in Begeisterung.

Viele ließen sich ganz in den Bann der Musik ziehen, bewegten im Latino-Rock-Blues-Rhythmus Hände und Hüften und jubelten Santana vor allem bei den ausgedehnten Soli zu. Der Gitarrenvirtuose wirkte dabei leicht entrückt, gab sich seinem unverwechselbaren, ekstatischen Spiel mit den Saiten hin und sorgte so immer wieder für geradezu andächtige Stimmung in der Halle. Mehr als zweieinhalb Stunden lang verzog der Mann aus Mexiko mit dem rot-karierten Hemd, schwarzer Wollmütze und Schnauzbart kaum eine Miene.

Santana, der als einer der besten Gitarristen der Welt gilt, verließ sich in der Rock-Fiesta vielmehr ganz auf seine eigene Sprache, die Musik.

Erst wenige Minuten vor Ende des Konzerts rief er den Zuschauern seine Botschaft zu, die sich in den Jahren seiner Legendenbildung nicht geändert hat: "Dies ist ein Traum. Gemeinsam können wir Gewalt beenden. Wir werden niemals Bush sein, wir sind die andere Seite Amerikas. Die Macht der Liebe ist etwas anderes als die Liebe zur Macht." Und dann fügte er noch hinzu:

"Wir wünschen Euch Frieden, Liebe und Freude." Santana ist sich treu geblieben, in jeder Hinsicht: statt künstlichem Nebel auf der Bühne sieht man ein Räucherstäbchen zu Füßen des Latin-Rock-Meisters.

Seine "Message" umrahmte er während des Konzerts mit Video-Clips auf einer Großbildleinwand: eine Friedenstaube umfliegt die Erdkugel im Universum, Kinder verschiedenster Nationen sowie afrikanische Stammestänzer bewegen sich zu Santana-Klängen, und schließlich im Schnelldurchlauf Stationen im Leben des Carlos Santana selbst. Beim Woodstock-Festival ist er zu sehen, dem Ort, wo ihm und seiner Band der Durchbruch zur internationalen Karriere gelang. Dann erscheint ein Foto von ihm als Teenager mit Anzug, Krawatte und wilden Locken.

Schließlich schwenkt die Kamera zur aktuellen Tour. Hier will der Musiker, der mit seiner Band weltweit insgesamt mehr als 60 Millionen Alben verkaufte, seine CD "All That I Am" vorstellen und das ganze Spektrum seines Könnens zeigen. Vor allem bei den neueren Titeln lässt er Pop, Rock, Latin, Jazz und Soul zu unverkennbaren Santana- Klängen verschmelzen. Etwas andere Santana-Rhythmen sind dagegen im Vorprogramm zu hören: Sohn Salvador und Band heizen den Fans seines Vaters mit einem Mix aus Rock und Rap ein.