Heavy Metal bedeutet nicht Altmetall

Scorpions
Farewell-Tour

19.11.2010, O2-Arena, Hamburg

 

 

Da geht die Post ab!

Ja, ich weiß! Die Scorps sind definitv keine Heavy Metal-Band. Aber nach diesem Konzert drängte sich dieses, sicherlich flache, Wortspiel geradezu auf.

Aber der Reihe nach. Beinahe hätte ich dieses Abschiedskonzert (?) verpasst und nur durch Zufall kam ich an die Karte. Also drängte ich mich an einem typischen Hamburger Novemberabend (Schietwetter) mit 14.000 anderen Fans in die Hamburger O2-Arena.

Fans? Na gut, ein bunt gemischtes Völkchen inklusive 3-Generationen-Familien (Opa, Kinder, Enkel), Hamburger Schickeria und letztlich auch tatsächlich ein paar Lederjacken- und Kuttenträger. Die Erstgenannten zog es auf die Sitzplätze und ich fand mich mit den Anderen im Innenraum wieder.

Dort machte ich dann die Bekanntschaft mit EDGUY, der Vorband. Die waren nett und die Zeit wurde dadurch nicht zu lang. Sorry Jungs, mehr blieb bei mir nicht hängen. Obwohl, neben mir standen ein paar echte EDGUY-Fans und die waren mehr als begeistert. Geschmäcker sind halt verschieden, oder?

Rudolf Schenker: Der Prototyp des Axeman

Und dann begannen zwei Stunden Hard-Rock mit allem was dazugehört. „Sting In The Tail“ vom aktuellen Album, Pyrotechnik, Videowände, ein Drumkit auf Hydraulikpodest und eine Band, die offenbar noch nie etwas von der tickenden biologischen Uhr gehört hat.

Es war wie ein Zeitsprung in die Hochzeit der Hardrock- und Powermetalbands. Das dort oben eine Reihe von Mitsechzigern dem Publikum einheizte, das sah nur, wer ganz vorne am Gitter stand. Die Jahre haben halt doch ein paar Spuren in den Gesichtern hinterlassen.

Dumm nur, dass viele der Fans ihre biologische Uhr wohl doch gehört haben müssen. Auch wenn die Balladen (und da gibt’s ja ein paar….) kräftig mitgesungen wurden, beim Headbangin‘ verließen die meisten die Kräfte. Und so kochte die Stimmung nicht im gleichen Maße über, wie die „Jungs“ auf der Bühne Gas gaben.

Bleibt noch ein beeindruckendes Drum-Solo von James Kottak zu erwähnen. Während dieses Rock’n’Roll-Tier (ob das Tattoo auf dem Rücken echt ist?) seine Trommeln bearbeitete, lief auf den beiden Videowänden die Discografie der Band als Kurzfilm ab: immer wieder stolperte Kottak in Sitiuationen, die den legendären LP-Covern entsprachen. Das kam gut!

Schließlich ging es mit einem gewaltigen Prost und „Black Out“ in den Endspurt!

Setlist

  • Sting In The Tail
  • Make It Real
  • Bad Boys
  • The Zoo
  • Coast To Coast
  • Loving Your Sunday Morning
  • The Best Is Yet To Come
  • Send Me An Angel
  • Holiday
  • Wind Of Change
  • Raised On Rock
  • Tease Me Please Me
  • Dynamite
  • Kottak Attack (Drum Solo)
  • Black Out
  • Six String Sting
  • Big City
  • Still Loving You
  • Rock You Like A Hurricane
  • Smoke

Fazit:
Das Konzert war jeden Cent wert und am nächsten Tag wurden erst einmal die alten Platten wieder herausgekramt.

Pressestimmen

"Still Loving You" - Scorpions rocken zum Abschied

Auf ihrer Abschiedstour begeisterten die Hannoveraner Hardrocker in der proppenvollen O2 World ein letztes Mal ihre Fans in Hamburg.

(Quelle: Tino Lange, Hamburger Abendblatt, 19. November 2010, 23:38 Uhr)

Hamburg. Erstaunlich: Als die Scorpions in den 90er-Jahren mehrfach in der Sporthalle spielten, war die Alsterdorfer Turnbutze alles andere als ausverkauft. Damals waren die Hannoveraner Rocker in Deutschland ein wenig aus der Mode gekommen und begannen, sich auf das Ausland zu konzentrieren.

Aber 45 Jahre nach Gründung der Band wollten 12.000 Hamburger Fans dann doch dabei sein, um Klaus Meine, Rudolf Schenker, Matthias Jabs, Paweł Mąciwoda und James Kottak auf ihrer letzten Tournee in der restlos gefüllten O2 World Adieu zu sagen.

Und dieses Adieu war natürlich standesgemäß. Laut. Nach dem Auftakt „Sting In The Tail“ vom gleichnamigen aktuellen Album legten die jahrelang als „Deutschlands erfolgreichster Rockexport“ abgelegten Rock-Helden der 80er und Radiohelden der Wendezeit los wie von der Tarantel gestochen: „Make It Real“, „Bad Boys Running Wild“, „The Zoo“ und das auch nach 31 Jahren mitreissende Instrumental „Coast To Coast“ führten zurück in die Zeiten der späten wilden 70er und glamourösen 80er, als sich die Scorps anschickten, weltweit die Stadien zu erobern.

Da musste mancher mitgealterte Fan am Bierstand Luft holen, um nach dem langen Balladenteil mit „The Best Is Yet To Come“, „Send Me An Angel“ und „Holiday“ zu „Wind Of Change“ ein Pfeifchen zu riskieren. „Unsere Eltern kamen mit Panzern, wir kamen mit Gitarren“, blickte Klaus Meine zurück. Was soll’s, das von den Scorpions perfektionierte Prinzip der Powerballade oder langweilige Schlagzeug- und Gitarrensolos wird man nicht vermissen, Gitarrenattacken wie „Dynamite“, „Blackout“ oder „Big City Nights“ schon eher.

Eine letzte akrobatische Band-Pyramide, eine letzte Runde mit „Still Loving You“ und „Rock You Like A Hurricane“ und dann verzog sich nach zwei Stunden und „When The Smoke Is Going Down“ der Rauch zahlreich abgefeuerter Pyro-Effekte..

Mach es gut, Klaus! Um es mit den Klamauk-Rockern von J.B.O. zu sagen: Sie wissen schon, welchen Klaus ich Meine.