Alles beim Alten?

Deep Purple
40 Years Of Rock-Tour

27.November 2010, Hamburg, Sporthalle

 

Bob Dylan schrieb einmal „The Times They Are A-Changin'“.

Das mag stimmen, aber nach dem heutigen Abend bezweifle ich die Allgemeingültigkeit dieses Songs.

Marillion-Frontmann Steve Hogarth:
Theatralisch und ein sehr eigenständiger Gesangsstil!

Das begann schon mit der Vorgruppe (oder den „very special guests“) Marillion. Ich fand Marillion Mitte der 80er Jahre gut, mehr aber auch nicht. Irgendwie waren sie für mich immer „Genesis für Arme“. Als sie sich dann vom damaligen Sänger Fish trennten, verlor ich sie nahezu komplett aus den Ohren…

An diesem Abend ging das gar nicht. Mit einer Phonstärke, die alle filigranen Songs in einen Bassbrei zermalmte, erschlug die Band das wirklich freundlich geneigte Publikum.


Marillion (anno 2010): Lauter als manche Metal-Kombo!

Während ich schon andere Vorgruppen in einem Pfeifkonzert flüchten sah, konnte sich Marillion auf eine ansehnliche Schar eigener Fans verlassen.

Der Rest des Publikums ließ sich von deren Begeisterung und der Musik, die irgendwo zwischen Genesis, U2 und R.E.M pendelt,
anstecken und so gab es zum Schluß richtig positiven Applaus. Ich bin neugierig, wie sich Marillion gut ausgesteuert anhören mögen…

Aber der Gewinner des Abends waren dann eindeutig…

Deep Purple

Über die Musik zu reden…. Schwamm drüber. Für den klassischen 70er-Jahre-Hardrock sind Deep Purple nach wie vor der Maßstab. Spielfreude und „positive vibrations“ können definitiv in einem Atemzug mit dieser Band genannt werden, die in der jetzigen Besetzung (Airey, Gillan, Glover, Morse & Paice) nichts an Enthusiasmus eingebüßt zu haben scheint. Wenn ich da an einen Auftritt der Red Hot Chilli Peppers denke…

5500 Besucher in der altehrwürdigen Alsterdorfer Sporthalle erlebten dann auch 110 Minuten geballte Power, das 10-Minuten-Video (s.u.) gibt nur eine Ahnung von diesem tollen Konzert wieder!

Auf die Marke Deep Purple ist halt Verlaß!

Setlist:
  • Highway Star
  • Hard Lovin‘ Man
  • Maybe I’m a Leo
  • Strange Kind of Woman
  • Rapture of the Deep
  • Fireball
  • Silver Tongue
  • Contact Lost
  • Guitar Solo
  • When a Blind Man Cries
  • The Well Dressed Guitar
  • Almost Human
  • Lazy
  • No One Came
  • Keyboard Solo
  • Perfect Strangers
  • Space Truckin‘
  • Smoke on the Water

Zugabe

  • Hush
  • Black Night
Blackmore is back (?)
J.R.Blackmore: Die Ähnlichkeit ist nicht zu übersehen

Und dann, fast am Ende gab es noch eine Riesenüberraschung. Einige Zuschauer glaubten zunächst an eine Erscheinung… sollte es tatsächlich der „Man In Black“ sein? Blackmore und Morse auf einer Bühne?
Es war tatsächlich ein Blackmore, nämlich Jürgen Richard Blackmore, der Sohn des ehemaligen Deep Purple-Gitarristen. Und gemeinsam ging es nun in den bekannten Riff: „Dö, dö, dööö, dö dö dödö…“

Und der Rest war Paaaahdie.

Hamburger Abendblatt (29.11.2010): Leider kein Wort über J.R.Blackmore, wahrscheinlich blieb der Reporter nicht bis zum Ende. Schade eigentlich….
Pressestimmen

Eine Reise in die Rock-Vergangenheit

Die Kultband Deep Purple spielte auf dem zweistündigen Konzert in der Sporthalle nicht nur die Songs, auf die alle gewartet hatten.

(Quelle: Alexander Josefowicz, Hamburger Abendblat-online, 28. November 2010, 12:27 Uhr)

"Dö, dö, dööö, dö dö dödö...“ Auch auf dem Weg nach Hause begleitet viele der 5500 Fans dieses eine Lied. Dieses Lied, bei dem man sich fragt, ob Deep Purple es nicht langsam, aber sicher verfluchen: „Smoke On The Water“, die Geschichte des brennenden Casinos von Montreux, darf bei keinem Konzert der alten Herren fehlen. Genauso wenig wie „Highway Star“ oder „Black Night“. Und auf die gut gelaunte Rentnertruppe ist Verlass, natürlich spielen sie alle drei Songs. Und umgeben diese mit einem knapp zweistündigen Rockkonzert der alten Schule, das die Sporthalle für einen Abend in eine Zeit zurückversetzt, als Gebäude, Musiker und Fans noch jung waren: kaum Ansagen, dafür minutenlange Soli. Und eine nach modernen Maßstäben fast schon schlichte Lichtshow, deren wichtigstes Element die Spots sind, mit denen der jeweils vorn stehende Musiker illuminiert wird.

Das funktioniert bei Sänger Ian Gillan besonders gut, denn der gibt optisch nicht den Rocker, steht leger in Jeans, weißen Sneakers und ebensolchem Hemd auf der Bühne, strahlt ins Publikum und freut sich. Und mit ihm freut sich das Publikum, dem alle mehr oder weniger offensichtlichen Wünsche erfüllt werden. „Hard Lovin’ Man“, „Maybe I’m A Leo“, der wirklich hervorragende – und erst sieben Jahre alte – Midtempo-Rocker „Silver Tongue“ und „Perfect Strangers“, bei dem man auch noch nach 26 Jahren die Erleichterung über die Wiedervereinigung der Hard-Rock-Vorreiter spürt, auf und vor der Bühne.

Ob als Ausflug in die eigene Vergangenheit oder als Rockmusik-Geschichtsstunde: Viel falsch machen können Deep Purple nicht. So lange sie ihre drei größten Hits spielen, dürfen sie den Rest der Zeit mit allem füllen, was ihnen einfällt. Und bislang wirkt es nicht so, als ob die stille Übereinkunft zwischen Fans und Band von einer Seite aufgekündigt werden würde.