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Und weiter geht die wilde Fahrt…

Deep Purple
Unleashed In Europe-Tour 2023

19.07.2023, Stadtpark Open Air, Hamburg

Vor einem Jahr habe ich meine Deep Purple-Karte verschenkt, durch die ganzen Corona-Verschiebungen fielen zwei Konzerte auf den gleichen Tag und ich entschied mich für Zucchero.

Gleichzeitig hatte ich damit abgeschlossen, Deep Purple noch einmal live zu sehen. Den neuen Gitarristen Simon McBride hatte ich nur als Lückenfüller für Steve Morse eingeschätzt… vielleicht zur Erfüllung von Verträgen?

So kann man sich täuschen. Als dann im Dezember der Vorverkauf für eine weitere Tour begann… ich glaube ich war einer der allerersten, der eine bzw. zwei Karten für den Stadtpark in Hamburg erwarb. Der Nutznießer meiner damaligen Entscheidung war so begeistert von dem letztjährigen Auftritt, das er die Band nocheinmmal sehen wollte.

Wir ertrugen dann gemeinsam die Vorband Mothers Cake aus Österreich. So richtig begeistern konnten die uns nicht.

Und dann pünktlich um 20:00 Uhr begann mit Prokofiev’s „Dance of the Knights (The Royal Ballet)“ der Spaß!

Deep Purple 2023

Nach dieser Konservenouvertüre ging es los mit „Highway Star“ und „Pictures Of Home“… beide Songs bereits über 50 Jahre alt und immer noch mitreißend.

Mit 77 Jahren…

Die weitere Setlist wies neben den bekannten Klassikern (natürlich fehlte auch „Smoke On The Water“ nicht!) eine paar neue und auch etwas seltenere Stücke wie zum Beispiel „Anya“ auf.

… immer noch gut bei Stimme!

Einer der Höhepunkte für mich war mal wieder „When A Blind Man Cries“… Gänsehaut pur und wieder der Beweis, was für ein toller Sänger Ian Gillan immer noch ist. Sofern er nicht aus voller Kehle singen muss…

Don Airey
Ian Paice, Roger Glover

Denn eines war heute noch deutlicher, als in den Jahren zuvor: die Pausen, die ihm durch seine Kollegen durch sehr lange Soli verschafft wurden, fielen deutlich länger aus als früher! Aber der Mann wird dieses Jahr 78… das verdient schon ganz großen Respekt!

Ian Gillan, Simon McBride

Die Soli von Don Airey und Roger Glover waren erneut sensationell und der neue (s.o.) Simon McBride tat wirklich alles, um Gillan zu entlasten… eine solche Geschwindigkeit und Ausdauer habe ich lange nicht mehr gesehen. Trotzdem vermisse ich Steve Morse… sein Spiel war für mich präziser und melodiöser.

Wer will noch einen…

Auch wenn ich nicht darauf wetten will… dieses könnte dann tatsächlich mein letzter Besuch bei Deep Purple gewesen sein. Obwohl es auch schon wieder Gerüchte um ein neues Album gibt. Warten wir es ab!

Schlussakkord!

(Es ist schon unglaublich, wie schnell einige YouTuber sind… leider ist der Sound nicht ganz optimal!)

Hier die Setlist:

  • Highway Star
  • Pictures of Home
  • No Need to Shout
  • Into the Fire
  • Guitar Solo
  • Uncommon Man
  • Lazy
  • When a Blind Man Cries
  • Anya
  • Keyboard Solo
  • Perfect Strangers
  • Space Truckin‘
  • Smoke on the Water

Zugabe

  • Hush
  • Bass Solo
  • Black Night
Auf Wiedersehen??

Ich glaub‘, ich steh im Wald!

Rival Sons
Feral Roots-Tour

01.03.2019, Große Freiheit 36,  Hamburg

Dunkelheit… Vogelstimmen… plötzlich das Fauchen einer Großkatze… Pulsschlag… weitere Tiergeräusche… der Puls steigt… das Fauchen der Großkatze kommt näher… der Puls wird rasend…

Donnerndes Schlagzeug-Trommelfeuer… blendendes Licht und die Rival Sons eröffnen mit „Back In The Woods“ ein Mörderkonzert!

Superlative hin oder her, aber das war ein wahnsinnig mitreißendes Opening und die Fans wurden sofort mitgerissen.

The Sheepdogs

Eine knappe Stunde vorher erlebte ich eine etwas andere Überraschung. Entgegen dem offiziellen Beginn (um 19:00 Uhr!) hatten die Sheepdogs als Vorgruppe bereits um 18:45 Uhr ihr Set begonnen und als ich dann einen guten Platz gefunden hatte, bekam ich nur noch die letzten beiden Songs mit. Das was ich dort noch mitbekam, klang aber wirklich gut. Die Sheepdogs sind eine kanadische Rockband, die sich offenbar dem Southern Rock verschrieben hat. Lynyrd Skynyrd, CCR, Doobie Brothers… wem diese Namen etwas sagen, der kann sich den Sound ungefähr vorstellen.

Nach kurzem Umbau und pünktlich um 20:00 Uhr gingen die Lichter aus und wir Fans standen im Dschungel, von wo uns die Band  zurück zu ihren wilden Wurzeln („Feral Roots“) mitnahm.

Rival Sons

Der Einstieg, passend mit „Back In The Woods“ und „Sugar On The Bone“ vom neuen Album… genau: „Feral Roots“. Damit war auch der Kurs für den kompletten Gig vorgegeben. Hier wurde ohne große Kompromisse an vergangene Hits fast das komplette neue Album duchgespielt. Das muss nicht immer funktionieren, heute klappte es aber vorzüglich.

Die meisten Fans schienen das Album schon komplett inhaliert zu haben, zumindest stiegen sie in fast jeden Song sofort ein.

Natürlich zündeten ältere Stücke wie „Electric Man“ oder „Torture“ immer noch gewaltig, allerdings fügten sich das Titelstück und besonders das gospelartige „Shootings Stars“ im Zugabenteil nahtlos in die Reihe der besten Songs dieser Band ein.

Gab es überhaupt etwas zu bemängeln? Na ja, den Lichtdesigner würde ich gerne mal fragen, ob man die Band hinter den Stroboskop-Effekten verstecken wollte. Zumindest von meiner Position aus (oben auf dem Rang) nervte das Lichtgewiter teilweise und verhinderte darüberhinaus auch den Blick auf die Bühnen-Deko. Das Plattencover von „Feral Roots“ erstreckte sich formatfüllend über die gesamte Bühne…!

Ansonsten stehe ich auch wirklich auf Gitarrensolos, allerdings hatte ich heute Abend das Gefühl, dass sich Scott Holiday ein- oder zweimal etwas „verlief“. Jay Buchanan gab wieder alles und was dieser Mann jeden Abend aus seiner Stimme herausholt… unglaublich. Der Rest der Band hat da schon Schwierigkeiten, sich zu profilieren. Bass (Dave Beste) und Schlagzeug (Mike Miley ) wuchtig und präzise, die Keyboards (Todd E. Ögren-Brooks) wurden nach meinem Geschmack etwas in den Hintergrund gedrängt.

Schlussendlich ist das aber alles meckern auf hohem Niveau, denn trotz allem gelingen der Band auch live genug große Momente. Exemplarisch dafür stehen das bombastische „All Directions“ sowie die mitreißenden Gesangsleistung in „End Of Forever“.

Es war letztlich ein Konzert mit allem, für das diese Wahnsinnsband seit ihrer Gründung 2008 steht: die besten Zutaten der klassischen Rockmusik (bspw. Doors, Led Zeppelin, Deep Purple…) in einen aktuellen Sound verpackt und ohne eine Spur von Anbiederung oder gar die alten Bands zu kopieren!

Setlist:
  • Back in the Woods
  • Sugar on the Bone
  • Electric Man
  • Pressure and Time
  • Too Bad
  • Jordan
  • Feral Roots
  • Torture
  • Face of Light / Sacred Tongue
  • Imperial Joy
  • Open My Eyes
  • All Directions
  • End of Forever
  • Do Your Worst
Zugabe:
  • Shooting Stars
  • Keep On Swinging

Dieses Konzert kann man sich für jede Gelegenheit als Playlist zusammenstellen… Ein guter Whiskey oder eine kühles Bier, Anlage aufreissen und der Abend ist gerettet!

Long live Rock!

Grosse Freiheit 36, Hamburg

Mit ihm fing das alles an…

Neil Diamond

50 Year Anniversary World Tour

26.09.2017, Barclaycard Arena, Hamburg

Ich war dreizehn Jahre alt und betrat mit klopfendem Herzen den Schallplattenladen im Abendrothsweg 76. Dem Verkäufer, in der Erinnerung eine exakte Kopie des TV-Helden Jason King,  stammelte ich etwas von „emma säd“ vor, entledigte mich meiner sauer verdienten 5.-DM und fuhr mit dem Fahrrad als stolzer Besitzer meiner allerersten selbsterworbenen Schallplatte nach Hause: „Neil Diamond – I Am … I Said“. Mit dieser 45er-Single fing alles an und diese Leidenschaft für Schallplatten und Musik hat bis heute gehalten. Wenn das nicht Grund genug ist, Herrn Diamond im Konzert zu besuchen?

Die leere Bühne mit dem Cover der aktuellen „50th Anniversary Collection“-CD

Auf dem Weg vom Parkplatz in die Arena wurde mir dann erst so richtig klar, auf was für ein Konzert wir uns heute eingelassen hatten. Der Großteil des Publikums schien mindestens im gleichen Alter wie der Künstler zu sein und damit waren wir bei weitem nicht die ältesten Zuschauer. Entsprechend war auch die Halle voll bestuhlt und (damit hatte ich gar nicht gerechnet!) fast ausverkauft!

Gleich geht’s los!

Pünktlich um 20:00 Uhr kamen die Hinweise, „man möge die Plätze einnehmen, Herr Diamond würde gleich die Bühne betreten und das Licht werde gelöscht“.

Nachdem die Band die Bühne betreten und das Intro angestimmt hatte, kam der Mann auf die Bühne, der seit mehr als 50 Jahren Musikgeschichte geschrieben hat. Der Bart grau, der Gang bereits etwas schleppend und die Stimme vielleicht nicht mehr ganz so geschmeidig, wie man es von den Schallplatten noch gewohnt ist.

Trotzdem: Neil Diamond beeindruckt mit seiner Ausstrahlung, der Routine eines großen Entertainers und der letztlich immer noch angenehm einschmeichelnden Stimme.

Jeder Song an diesem Abend beweist, wie prägend er als Pop-Komponist war (und ist?) und wieviele Songs man von ihm kennt. Vielleicht nicht immer in seiner Interpretation, sehr häufig wurden seine Songs durch andere Musiker (u.a. Monkees, Deep Purple, Roy Orbison, Elvis Presley, Frank Sinatra, Shirley Bassey, Harry Belafonte, Engelbert Humperdinck, Julio Iglesias, Tom Jones, Tina Turner, UB40 oder Johnny Cash) erst richtige Klassiker.

Brooklyn Roads

Neil Diamond spielt sie heute (fast) alle. Begleitet wird er dabei von einer absoluten Top-Band, die, wenn ich mich richtig informiert habe, ihn teilweise schon seit Jahrzehnten begleitet. Das sagt auch viel über diesen Musiker aus.

Höhepunkte? Wo soll ich anfangen? Jede Menge Klassiker, darunter das gefühlvolle „Play Me“, während „Beautiful Noise“ und „Forever In Blue Jeans“ die Stimmung richtig anheizen. Dazu gibt es Auszüge von „Jonathan Livingston Seagull“ und einen Rückblick auf sein berühmtestes Live-Album „Hot August Night“ von 1973!

Für richtige Gänsehautmomente sorgen die Filmaufnahmen bei „In My Lifetime“, die ihn beispielsweise beim Tanz mit Lady Di zeigen, und „Brooklyn Roads“ das vor allem mit sehr schönen Kindheits- und Jugendbildern bzw. -filmen angereichert wird.

Trotzdem ist das keine rührselige „damals war alles schöner“-Show, dafür gibt es keinen Grund – schließlich ist Neil Diamond ein Entertainer, der seinem Publikum seine großen Hits präsentieren will. Das wird besonders bei „Red Red Wine“ oder auch „Solitary Man“ deutlich.

Das Publikum, insbesondere die Reihen direkt vor der Bühne, jubeln dankbar über fast jeden Song, es gibt reihenweise „standing ovations“ und als gegen Ende des Abends die Songs etwas flotter werden (ich habe ganz bewußt nicht „rockiger“ geschrieben), gibt es für die Zuschauer im Innenraum kein Halten mehr und viele Paare fangen an zu tanzen… natürlich „zusammen“.

Das ist dann doch ziemlich nahe dran am Schlager! Trotzdem: dieses Konzert ist für mich in erster Linie Ausdruck von Neil Diamonds Könnerschaft im Songwriting. Im Alter von 25 hat er bereits einen Song wie „Solitary Man“ geschrieben, der den Anschein erweckt, als spräche ein weitaus älterer Mann! 51 Jahre später singt dies tatsächlich ein weitaus älterer Mann, und das Lied ist immer noch frisch und eindrucksvoll.

Neil Diamond: die großen Gesten gehören offenbar zum Markenzeichen eines amerikanischen Entertainers

Mein persönlicher Höhepunkt des Abends kommt dann kurz vor Ende der Show: „I Am … I Said“! Sparsame Instrumente und Neil Diamond greift nochmal zur Gitarre! Das war der Grund, weshalb ich diesen Musiker wenigstens einmal im Leben live sehen wollte! Und es hat sich gelohnt…

Nach etwas über zwei Stunden (ohne Pause) und der ausgelassenen Version von „Sweet Caroline“, gefolgt von „Cracklin‘ Rosie“ und „Brother Love’s Traveling Salvation Show“, findet eine Show ihren gebührenden  Abschluss, die das geboten hat, wofür Neil Diamond seit Jahrzehnten berühmt ist: gutes Entertainment.

Setlist:

  • In My Lifetime
  • Cherry, Cherry
  • You Got to Me
  • Solitary Man
  • Love on the Rocks
  • Play Me
  • Song Sung Blue
  • Beautiful Noise
  • Jungletime
  • Dry Your Eyes
  • If You Know What I Mean
  • Forever in Blue Jeans
  • You Don’t Bring Me Flowers
  • Red Red Wine
  • I’m a Believer
  • Brooklyn Roads
  • Pretty Amazing Grace
  • Be
  • Lonely Looking Sky
  • Skybird
  • Jazz Time
  • Crunchy Granola Suite
  • Done Too Soon
  • Holly Holy
  • I Am … I Said
  • Sweet Caroline
  • Cracklin‘ Rosie
  • Brother Love’s Traveling Salvation Show
Pressestimmen

Mit Neil Diamond auf Zeitreise

Quelle: Simone Nebelsieck, 27.09.2017 auf NDR.de

Zuerst ist nur ein Finger zu sehen - der nach oben gestreckte Zeigefinger von Neil Diamond. Auf einer Hebebühne stehend, kommt der 76-jährige Sänger langsam aus dem Bühnenboden gefahren. Den Arm immer noch in der Luft. Eine Geste, die Neil-Diamond-Fans aus vergangenen Tagen von ihm kennen. Genau so stand der US-Amerikaner in den 70er-Jahren in Los Angeles, New York oder Sydney auf der Bühne. Und nun reckt er in der fast ausverkauften Arena im Hamburger Volkspark wieder den Arm nach oben, als wolle er sagen: "Seht her, ich kann es noch!" Und tatsächlich: Er kann sie noch, die alten Hits wie "Solitary Man", "Red Red Wine" oder "Beautiful Noise".

Die Stimme ist geblieben

Mit seiner Welttournee feiert Neil Diamond - begleitet von einer zwölfköpfigen Band und zwei Sängerinnen - sein 50-jähriges Bühnenjubiläum. Dass er bereits seit fünf Jahrzehnten auf der Bühne steht, ist dem Sänger und Komponisten durchaus anzumerken: Er bewegt sich vorsichtig, fast hölzern, jedem seiner Schritte ist anzusehen, dass ihn diese Beine schon 76 Jahre durchs Leben tragen.

Trotzdem bleibt er in Bewegung, läuft immer wieder vom linken zum rechten Bühnenrand und zurück, wippt mit dem Fuß, deutet Tanzschritte an. Und wer die Augen schließt, der sieht immer noch den jungen Künstler vor sich, denn Neil Diamond ist zwar älter geworden, seine Stimme aber ist geblieben.

In alte Zeiten zurückversetzt

Seine Fans sind dem weltweit erfolgreichen Musiker, der in seiner Laufbahn 130 Millionen Alben verkauft hat, ebenfalls treu geblieben. Im Hamburger Publikum sitzen viele Menschen, die zu den Pop-Rock-Songs mit Country-Einschlag von Neil Diamond in ihrer Jugend oder im jungen Erwachsenenalter getanzt haben. An diesem Abend tanzen sie wieder, bei einigen Liedern zieht es die Zuschauer von ihren Stühlen.

Bei dem von Diamond für die Monkees geschriebenen Titel "I'm A Believer" zum Beispiel oder bei "Song Sung Blue" bleibt niemand still sitzen. Fast alle klatschen und singen mit und bewegen sich zur Musik. Es ist für viele eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit - in die eigene und in die von Neil Diamond. Denn auf der Leinwand über der Bühne sind immer wieder Fotos aus seiner Jugend und seiner Kindheit zu sehen.

Zwei Stunden ohne Pause

Die Zuschauer bekommen einiges geboten: Volle zwei Stunden steht der Sänger ohne Pause auf der Bühne. Nur einmal kurz setzt er sich während seines Auftritts hin, ansonsten singt er die ganze Zeit, ist immer in Bewegung. Eine Leistung, die selbst deutlich jüngeren Musikern viel abverlangen dürfte. Diamond wirkt während des Konzerts dankbar, fast gerührt. Immer wieder verbeugt er sich vor dem Publikum, bedankt sich für den häufigen Applaus.

Bis zum Ende bleibt er den Zuschauern noch einen seiner erfolgreichsten Songs schuldig: "Sweet Caroline" spielt er als Zugabe - und nun singen wirklich alle mit. Am Ende stellt sich Neil Diamond wieder auf die Hebebühne und fährt nach unten. Das Letzte, was an diesem Abend von ihm zu sehen ist, ist dieser eine Finger. Der Zeigefinger, der beweist, dass er es noch kann.

Vermisst bei Neil Diamond: das Charisma von früher

Quelle: oeh / Hamburger Abendblatt vom 28.09.2017

Der legendäre Musiker wird bei seinem Konzert in der Barclaycard Arena zum Bühnenjubiläum aber trotzdem gefeiert.

Hamburg.  Die 50 im Hintergrund der Bühne sagt es klar und deutlich. Hier wird gleich ein Jubiläum gefeiert: 50. Bühnenjubiläum. Der Jubilar kam 1941 im New Yorker Stadtteil Brooklyn zur Welt, seinen ersten Hit landete er 1966 mit "Solitary Man". Als Neil Diamond aus dem Bühnenhintergrund nach vorn geht, wo seine akustische Gitarre erleuchtet wird, erhebt sich das Publikum in der fast ausverkauften Barclaycard Arena und spendet ihm einen warmen Begrüßungsapplaus. Diamond hängt sich seine Gitarre um und beginnt das zweistündige Konzert mit "In My Lifetime". Begleitet wird er von einer famosen 13-köpfigen Band. Mit einigen der Musiker spielt er seit Jahrzehnten zusammen. Bei den ersten Songs zeigt sich, wie viel Soul in dieser Band und auch in einem Song wie "Cherry, Cherry" steckt.

Klingendes Allgemeingut

Hinter dem New Yorker dreht sich ein überdimensionaler Diamant, der Bilder seines Lebens zeigt. Neil Diamond als Kind mit seinen Eltern, mit der ersten Gitarre, die er als 16-Jähriger geschenkt bekam, als junger Sänger und als gefeierter Entertainment-Star. Mehr als 125 Millionen Platten hat Neil Diamond verkauft, 2011 wurde er in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Seine größten Erfolge datieren aus den 60er- und 70er-Jahren, Neil Diamond hat es geschafft, Songs zu schreiben, die zu klingendem Allgemeingut geworden sind. Fast 30 Nummern hat er für sein Jubiläumsprogramm zusammengestellt, die meisten seiner größten Hits sind dabei. Vermisst werden nur "Kentucky Woman" und "Girl You'll Be A Woman Soon", der in Quentin Tarantinos Film "Pulp Fiction" noch mal groß heraus kam.

Angezogene Handbremse

Immer wieder erheben die Diamond-Fans sich von den Sitzen, klatschen den Takt mit oder wiegen sich zu den Hits wie "Song Sung Blue", "Red Red Wine" und im Zugabenteil bei "Sweet Caroline" und "Cracklin' Rosie". Das Publikum huldigt seinem Idol, doch Diamonds Auftritt löst nicht gerade Euphoriestürme aus. Viele Nummern klingen, als würden sie mit angezogener Handbremse gespielt. Obwohl die Backing Band einen guten Job macht, fehlt es Diamonds Gesang an Magie. Er absolviert den Auftritt mit viel Routine. Vielleicht muss er inzwischen auch seinem Alter Tribut zollen. Die Energie eines Mick Jagger oder eines Roger Waters, die nur unwesentlich jünger sind als er, bringt er jedenfalls nicht mehr aufs Podium. Man kann einwenden, dass Diamond ja auch kein Rockmusiker sei, doch seine Studioaufnahmen haben deutlich mehr Esprit als seine aktuelle Live-Performance.

Die besten Momente hat der Abend immer dann, wenn Diamond Balladen vorträgt. "Solitary Man", später ein Hit für Johnny Cash, gehört ebenso dazu wie "Both Sides Now" aus der Feder von Joni Mitchell oder "Brooklyn Roads", ein Song über den Stadtteil, in dem Diamond aufgewachsen ist und der ihn entscheidend geprägt hat. Doch das Charisma früherer Auftritte fehlt dem Singer-Songwriter an diesem Abend. Es gab schon bessere Jubiläen.

 

 

 

 

Und das soll es jetzt gewesen sein?

Deep Purple

The Long Goodbye Tour

30.05.2017, Barclaycard Arena, Hamburg

Ich habe es mal kurz überschlagen. Vor knapp 46 (sechsundvierzig!) Jahren bekam ich „Deep Purple In Rock“ in die Finger und löste damit bei uns zuhause ein kulturelles Erdbeben aus. Mein Vater legte die ihm damals völlig unbekannte Schallplatte in meiner Abwesenheit auf und… in anderen Kreisen wäre ich vermutlich enterbt worden. Der Schock war riesig und wir kamen zeitlebens nicht mehr auf einen gemeinsamen Musikgeschmack.

Und heute stehe ich mal wieder erwartungsvoll bei einem Purple-Konzert in einer Halle und kann es noch nicht wirklich glauben. Das soll es wirklich gewesen sein? Das Erlebnis mit „In Rock“ war doch gerade eben erst…. Aber die Band hat mit dem aktuellen Album Infinite und dem Titel der Tour ein deutliches Zeichen gesetzt. Das Ende nähert sich zumindest.

Das „Golden-Circle“-Armband!

Während ich beim Status Quo-Auftritt am gleichen Ort noch über die „Golden-Circle“-Karten gelästert hatte, stehe ich zur Feier dieses Ereignisses selber in dem abgegrenzten Bereich vor der Bühne und finde es… eigentlich geil! Hier habe ich doch ein bisschen mehr Platz, kann mich frei bewegen und werde beim Fotografieren nicht ständig angerempelt. Was so ein Armband doch ausmacht 🙂

Monster Truck

Aber jetzt lassen wir es endlich krachen. Und damit sind wir dann auch schon bei der Vorband. Auch hier, wie seinerzeit bei den Rival Sons, hat das Management ein glückliches Händchen bewiesen. Monster Truck aus Kanada spielen eine deutlich an den 70ern orientierte Mischung aus Hard-, Blues- & Southern-Rock. Das macht (mir) unheimlich Spaß, das Set hätte unter anderen Umständen durchaus länger dauern dürfen. Also kommt auch heute ein Name auf meinen Merkzettel. Mal sehen, wann die Monster Truck-Jungs wieder in der Gegend sind.

 

Als dann nach einer kurzen Umbaupause in der nicht ganz gefüllten Halle die Lichter ausgehen und Ian Gillan mit dem sakralen Sprechgesang das brandneue „Time For Bedlam“ einleitet, da sind alle diese Gedanken und Überlegungen vergessen.

Deep Purple

Die Band startet dynamisch, wuchtig, voller Präzision und so geht es für knapp 100 Minuten von einem Highlight zum nächsten. Alle alten Kracher, ob „Fireball“, „Strange Kind Of Woman“, „Bloodsucker“ oder „Lazy“ erwachen erneut zum Leben. Daneben stehen dann aber auch schon die aktuellen Stücke „Johnny’s Band“, „Uncommon Man“, „The Surprising“, „Birds Of Prey“ und „Hell To Pay“.  Für mich geht die Geschichte nahtlos weiter und wenn man diesen Songs Zeit geben könnte… ich glaube auch das wären eines Tages Klassiker.

 

Die Bühne wird dominiert durch eine riesige Videowand, neben Livebildern aus diversen Kameras werden auch immer passende Motive zu den jeweiligen Songs eingeblendet. Unterhalb der Videowand sind die Lautsprecherwände als Eismauern dekoriert, passend zum Design des neuen Albums. Das alles passt optimal zur Musik, nicht effektheischend und trotzdem effektvoll!

Gegen Ende des Konzerts scheint Ian Gillan dann aber Probleme mit der Stimme zu bekommen. Ich beobachte häufig, wie er mit weggehaltenem Mikro deutlich hustet. Als dann im Zugabenteil auch noch „Highway Star“ durch extrem ausgedehnte Improvisationen zwischen Don Airey und Stever Morse übersprungen wird, ist das für mich ein weitere Hinweis darauf. Trotzdem macht dieser Mann einen tollen Job. Mit 71 Jahren  ist vermutlich jedes Konzert für einen Rocksänger eine Art Marathonlauf.

Don Airey war für mich lange Zeit immer „nur“ der Nachfolger von Jon Lord, aber heute Abend haute er ein Keyboardsolo raus, vor dem sich auch Jon Lord verbeugen würde! Ich hätte noch eine halbe Stunde länger zuhören können. Das war ein perfektes „Erkennen-Sie-Die-Melodie“-Solo bei dem ich mit dem Zählen nicht mehr mitkam. Der Höhepunkt war dann „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“! Wenn da noch der blonde Hans auf die Bühne gekommen wäre… mich hätte es nicht gewundert.

Über Ian Paice, Roger Glover und Steve Morse noch extra Worte verlieren? Ich würde Eulen nach Athen tragen. Auch heute erlebte ich sie als perfekte Musiker. Von „alten Männern“ konnte in dem Zusammenhang keine Rede sein!

 

Wie ich am Anfang schon schrieb… ein Highlight jagte das Nächste und schließlich kamen dann auch die Songs, die seit Jahren immer zum Ende der Show kommen! Natürlich „Smoke On The Water“ und ganz zum Schluss „Hush“ und „Black Night“.

Smoke On The Water

Ich werde wohl nie im Leben einen meiner ersten Lieblingssongs dieser Band live erleben. „Flight Of The Rat“ hat es, soweit ich weiß, nie auf eine Setlist geschafft. So auch heute nicht und das war dann für mich auch der einzige Wermutstropfen.

Denn ganz ehrlich: nach so einem Auftritt kann es eigentlich noch nicht zu Ende sein…

…in Hamburg sagt man Tschüss
Pressestimmen

Deep Purple in Hamburg: Ein letztes Mal Luftgitarre?
(Quelle: Tino Lange, Hamburger Abendblatt v. 30.05.2017)

Hamburg. "Es hat nie einen coolen Keyboard-Spieler gegeben, außer Elton John", ist einer der zahlreichen launischen Sprüche von Noel Gallagher. Er übertreibt gern, der streitbare Lautsprecher. Deep-Purple-Gründer Jon Lord, gestorben 2012, war nämlich auch cool. Und auch sein Nachfolger Don Airey weiß zumindest, was er tut beim Konzert der britischen Hardrocker am Dienstag in der Hamburger Barclaycard Arena.

Einen Teppich aus Orgelläufen unter das Trommelgedonner von Ian Paice, die Riff-Kaskaden von Steve Morse, die Bassläufe von Roger Glover und die immer noch kernige Stimme von Ian Gillan ausrollen. Und beim Solo "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" und die Nationalhymne einbauen. Ein anstrengender Job mit 68 Jahren.

Die Songs aus den frühen 70ern kommen am besten an

Vielleicht ein Grund, warum die Tour "The Long Goodbye Tour" heißt. Es ist keine offizielle Abschiedsreise, aber man möchte sich wohl zumindest die Option offen halten, falls es die Gesundheit nicht mehr zulässt. Ian Paice musste vor einem Jahr nach einem leichten Schlaganfall das erste Mal in 50 Purple-Jahren Konzerte absagen. Das gibt zu denken. Im Hamburg aber trommelt Paice wie ein Duracell-Hase, beginnend beim Opener "Time For Bedlam" vom neuen Album "Infinite" und dem ersten Klassiker "Fireball" aus dem Jahr 1971. Beeindruckend, was der Mann an den Kesseln abliefert.

Passend begleitet von einer großen Videoleinwand geht es im Wechsel durch altes und neues Material, von "Strange Kind Of Woman" zu "Johnny's Band", wobei natürlich die Songs aus den frühen 70ern Marke "Space Truckin'" am besten ankommen beim übersichtlichen Publikum. Wo andere Hardrock-Pioniere mit vermeintlichen (Scorpions) oder tatsächlichen (Black Sabbath) Abschiedstourneen noch einmal große Arenen füllen, kommen am Dienstag nur knapp 5500 gut aufgelegte Besucher, um vielleicht (!) ein letztes Mal bei "Smoke On The Water" hinten im Innenraum die Luftgitarre aus dem Luftkoffer zu holen.

Sei es drum, sie bekommen nach 100 Minuten, nach "Hush" und einem Bass-Solo von Roger Glover mit "Black Night" das würdige Finale eines schön erdigen, hart rockenden Konzertabends. Am 8. Juli spielt an gleicher Stelle übrigens Elton John. Cool, oder?

Die alten Hardrock-Haudegen lassen es krachen

(Quelle: Gérard Otremba auf Sound & Books)

Das Warten auf „Smoke On The Water“ dauert knapp 80 Minuten. Dann endlich erklingt am 30.05.2017 der berühmteste Gitarren-Rock-Riff aller Zeiten durch die Hamburger Barclaycard-Arena. Das Publikum gerät nicht in Ekstase, schließlich ist die Hälfte davon damit beschäftigt, diesen Augenblick mit ihrem Smartphone festzuhalten, aber selbstverständlich brandet ein frenetischer Jubel aus, als Steve Morse in die Saiten greift. Beste Unterhaltung boten Deep Purple schon vorher.

Der Einstieg in das Hamburg-Konzert der „The Long Goodbye Tour“ ist mit dem monströsen „Time For Bedlam“ von neuen Album Infinite, mit dem Geschwindigkeitsrausch von „Fireball“, dem deftigen „Bloodsucker“ und dem Klassiker „Strange Kind Of Woman“ schlicht spektakulär. Ian Gillan presst, was das Zeug hält, oder seine Stimmbänder mit 71 Jahren noch hergeben, Morse und Keyboarder Don Airey setzen mit ersten Soli Akzente, Bassist Roger Glover und Schlagzeuger Ian Paice, einziges Ursprungsmitglied der Hardrock-Institution, geben Gas.

Von diesem Beginn müssen sich alle erstmal erholen, und so fällt der Mitteilteil des Deep Purple-Auftritts im Vergleich zum Beginn und dem Ende etwas ab. Was schlicht daran liegt, dass die neueren Songs nicht an die Klasse der alten heranreichen. Das ist nicht weiter tragisch, aber „Johnny’s Band“, „Uncommon Man“, „The Surprising“, „Birds Of Prey“ und „Hell To Pay“ sind lediglich gute und solide Deep Purple-Ware. Ausreichend, um die Virtuosität der einzelnen Bandmitglieder zu unterstreichen, aber die Halle zum Kochen bringen sie nicht.

Unterbrochen wird die Passage der neuen Songs von „Lazy“, dessen Orgelintro fast schon zu einer narzisstischen Einlage Aireys gerät. Gillans Gesang ist hier nicht ganz so prägnant wie das Zusammenspiel seiner Kollegen, doch für einen Urschrei reicht es allemal. Nachdem Don Airey seine Fingerfertigkeit an den Tasteninstrumenten zwischen Kirchenorgelpomp und „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ zur Schau gestellt hat, gelingt dem Quintett ein irrsinnig gutes  „Perfect Strangers“ und bei „Space Truckin‘“, von Gillan mit einem teuflischen Lachen eingeleitet, läuft die Maschinerie zwischen Glover und Paice auf Hochtouren.

Aufgrund der ständigen Gitarren- und Keyboardsoli stehen die beiden ein wenig im Schatten von Morse und Airey, die sich auch während der ersten Zugabe „Hush“ einen instrumentalen Schlagabtausch liefern. Zwischen „Hush“ und dem donnernden „Black Night“ dürfen Glover und Paice dann als Duo den Applaus einheimsen. Die Power bei „Smoke On The Water“ als Höhepunkt vor den Zugaben ist noch da, einzig das Fehlen des besten Deep Purple-Songs „Child In Time“ hinterlässt einen Wermutstropfen. Mal sehen, wie lange die „Goodbye Tour“ von Deep Purple dauert, vielleicht besteht ja noch die klitzekleine Chance, diesen ewigen Klassiker live zu Gehör zu bekommen.

Konzertbericht Monster Truck und Deep Purple - Hamburg

(Quelle: Andreas Lewandowski auf BundUndTon)

Newcomer Retro Rocker "Monster Truck" und Hardrock Veteranen "Deep Purple" in der Barclaycard Arena, Hamburg 30.05.2017. Am Dienstagabend, den 30.05.2017, versammelte sich die Hard-Rock Gemeinde in der Arena in Hamburg. Rund 5.500 Fans hatten die Arena gut gefüllt.

Pünktlich um 20.00 Uhr stürmen die kanadischen Musikern "Monster Truck" auf die Bühne. Während der Drummer der Hamburger Location angepasst im "St. Pauli-Totenkopfshirt" hinter den Drums seinen Platz einnimmt, prügelt der Gitarrist Jeremy Widerman die ersten Riffs von "Old Train" vom ersten Album "Furiosity" (2013) mit nacktem Oberkörper in das Publikum. Genauso energiegeladen kommen die nächsten beiden Songs vom aktuellen Album "Sittin' Heavy" von der Bühne.

Die markige Stimme von Bassist Jon Harvey wird bei "The Enforcer" vom Chorgesang der anderen Bandmitglieder begleitet. Ausgedehnte Gitarrensoli treiben die Songs voran. Dass die Band auch ruhige Songs gut rüberbringt beweisen sie mit dem langsamen Bluesrock-Titel "For the Sun". Im letzten und 8. Song des Sets wird mit "The Lion" der eingängige Riff-Rock zelebriert. Auch wenn "Monster Truck" mit Ihrem Retro Rock nicht wie die nachfolgenden "Deep Purple" Musikgeschichte schreiben werden, sondern eher Elemente der 70er Hard-und Bluesrock solide mischen und daraus knackige Songs machen, hat dieser Auftritt richtig Spaß gemacht und war mehr als ein bloßes Vorprogramm.

Dann kündigt sich der Auftritt von Deep Purple an. Die Fans hoffen natürlich, dass der Auftritt nicht so unterkühlt sein wird wie das auf die Riesenleinwand hinter der Bühne projezierte Bild. Dort sind die Köpfe der Band in Reminiszens zum" Mount Rushmore"-Cover von "Deep Purple in Rock" nun in einen Gletscher gemeißelt. Für diese Besorgnis gibt es aber keinen Grund. Die Band steigt gleich mit "Time for Bedlam" einem neuen Song des aktuellen 20. Studioalbums "Infinite" ein. Dieser Song vereinigt noch einmal all das was diese Band hat groß werden lassen - grandiose Melodieführung - das Wechselspiel von Gitarrensoli und Keyboard / Hammond Orgel auf einem Rhythmusteppich von knüppelnden Drums und virtuosem Bass.

Die Tour steht unter dem Motto 'Infinite' - The Long Goodbye Tour - und ist damit auch bei der Songauswahl eine Werkschau. Mit den 3 folgenden Stücken "Fireball" "Bloodsucker" und "Strange kind of woman" wird auf die wohl erfolgreichste Zeit der Band Anfang der 70er zurückgegangen. Gerade bei "Fireball" und "Bloodsucker" nimmt die Band richtig Fahrt auf. Sämtliche Songs haben ihre Ausdruckskraft nicht verloren. Die Gitarrensoli von Steve Morse werden von Keyboard-Orgien abgelöst und es entwickelt sich ein Duell zwischen Sänger Ian Gillan und Steve. Es folgen diverse Stücke von den neueren Alben, die die Band etwas geruhsamer angeht. Bei dem ausgedehnten Keyboard-Solo beweist Don Airey noch einmal , dass er die würdige Nachfolge von Jon Lord angetreten hat.

Hier wechseln klassische Einsprengsel mit "Auf der Reeperbahn nachts..." um dann in voluminösen Hammond-Kaskaden zu enden. Mit "Perfect Strangers" geht es dann in die rasante Endphase des Konzerts. Mit dieser Hymne hatte die Band mit der wechselvollen Geschichte eine neue Hochphase eingeleitet als sich 1985 die legendäre, sogenannte MK II Besetzung erneut formierte. Bei den letzten beiden Stücken kommen dann die Fans der ersten Stunde wieder auf Ihre Kosten. Mit "Space Truckin' und dem legendären "Smoke on the Water" beweisen Deep Purple Ihre Durchschlagskraft und reißen das Publikum förmlich mit.

In der Zugabe werden die Stücke "Hush" und die damalige Single "Black Night" durch ein Zwiegespräch zwischen Bassist Glover und Drummer Paice verbunden, bei dem Glovers virtuose Bassläufe vom hämmernden Schlagzeug des Ian Paice unterlegt werden. Am Ende sind die Fans hochzufrieden und hoffen, dass es sich bei dem Auftritt tatsächlich um eine "Long Goodbye" und nicht um ein "Last Goodbye" für Hamburg gehandelt hat. Die Vitalität der Band spricht jedenfalls für ein Wiedersehen.

 

 

 

Deep Purple – Infinite (Large Box-Set) (p) 2017

Unendlich?? Unendlich gut!!
Also: ich werde hier nicht auf die Songs eingehen, ich werde nicht über das Fehlen von Ritchie „Strumpfhosen“ Blackmore jammern… ich will nur ganz kurz(?) das Feeling wiedergeben, mit dem ich heute das inFinite-Large Box Set ausgepackt und aufgelegt habe. Kurzer Sprung zurück: vor knapp 45 Jahren hielt ich „In Rock“ in den Händen und war nach den ersten Takten(?) von Speed King elektrisiert. Und dann das Cover… in Stein gemeißelte Götter (okay, ich war erst 13 Jahre alt!) des harten, progressiven Rock.
Und heute kommt mit der Post dieses Riesenpaket und ich sehe die in Eis erstarrten… nein, es sind keine Götter mehr… Gesichter dieser großartigen Musiker und höre den Sound von vor 45 Jahren: die wabernden und dröhnenden Keyboards, eine melodisch-jaulende Gitarre, hämmernde und swingende Drums, den pulsierenden Bass und lediglich der (immer noch unverkennbaren) Stimme des Sängers merkt man die vergangenen Jahre an.
Das ist aber in keiner Weise negativ gemeint… jeder Satz, jede Phrasierung sitzt und kommt auf den Punkt. Hier erzählt ein reiferer Mann Geschichten, die das Leben geschrieben hat. Der wütendende und zornige „Jesus Christ Superstar“ gehört schon lange der Vergangenheit an, Ian Gillan hat seine Stil angepasst und es passt wie Dein Paar Lieblingssneaker.
Ich lasse mich für eine dreiviertel Stunde zurückfallen, genieße den Jameson und Bilder aus den vergangenen Jahre ziehen vorbei. Und wenn dies wirklich die letzte Scheibe sein sollte, dann ist das ein absolut würdiger Schlussakkord… verglichen mit dem Müll, den ich eben auf Vox bei der Echo-Verleihung gesehen habe, eine wahre Offenbarung.
Aber so wirklich mag ich es nicht glauben. Vielleicht folgt ja doch noch ein wirklich wahres letztes Album?? Und jetzt beginnt gerade „Roadhouse Blues“, ich muß Schluss machen und die „Live Tapes“ auflegen. Habe ich noch etwas vergessen? K a u f e n !! Diese Scheibe verdient alle Sterne der Welt!

 

Eine Überraschung zum Auftakt

Deep Purple

23.11.2015, Live In Concert 2015, Hamburg, O2-World

Es gibt sie doch noch: gute Vorbands!
Von meinen Jungs bekam ich vor dem Konzert eine WhatsApp, ob mich Deep Purple nicht mittlerweile per Handschlag begrüßen würden. Ich gebe es ja zu, mittlerweile dürften es schon so zwei Dutzend Konzerte gewesen sein. Aber es ist halt wie ein Besuch bei alten Freunden. Man fühlt sich halt wohl und hin und wieder gibt es dann doch eine große Überraschunng.

Die heutige Überraschung war die Vorband!

Rival Sons

Die 80er & 90er schlicht ignoriert

Rival Sons:
Nicht „vintage“ sondern „old school“ !

Als die Band die Bühne betrat, ahnte ich nicht einmal ansatzweise, was da gleich abgehen würde. Fünf Typen in völlig unterschiedlicher Aufmachung: der Drummer in kurzen Hosen und roter Weste… wie ein Hippie aus den Endsechzigern, der Bassist ähnelte mit seiner Arbeitermütze einem irischen Workingclass-Hero, ein Keyboarder mit hohem Hut und langem Rauschebart, der Gitarrist schien gerade vom Spieltisch weggelockt worden zu sein und dann der Shouter: wirres ungebändigtes langes Haar, schwarze Lederjacke und Hose. Und dann brach eine Musik los, die sich um keinerlei Moden oder Lautstärkenbegrenzungen scherte. Der Himmel schien aufzugehen und Led Zeppelin, Free, The Doors und all die anderen Heroen vergangener Zeiten standen wieder jung und frisch auf der Bühne. Die Gitarre jaulte und heulte auf, der Sänger wand sich mal schreiend, mal seufzend und dann wieder groovend über die Bühne, die Keyboards legten einen Soundteppich während Schlagzeug und Bass unbeirrt den Takt vorgaben, immer vorwärts.

Die Songs umspannten von hartem Rock bis groovenden Blues die gesamt Bandbreite von allem, was der klassische Rock der 70er zu bieten hat.
Aber: das wirkte nicht eine Sekunde aufgesetzt oder gekünstelt sondern absolut authentisch! Das war wirklich gut und ich kann mich nur an ganz wenige Vorgruppen erinnern, die bei mir einen so positiven Eindruck hinterließen.

Und weil das so ist: das aktuelle Album „Great Western Valkyrie“ habe ich mir umgehend als Vinyl bestellt!

Deep Purple
Die Bühne ist angerichtet

So begeistert ich eben noch von der Vorband war (und noch immer bin!), so schnell war das vorübergehend vergessen, als DIE Band dann auf der Bühne erschien. Und auch wenn sie mich nicht per Handschlag begrüßten, so war es doch einmal mehr ein „Wie g… ist das denn“-Gefühl! Nach einem dramatisch-klassischen Intro aus der Konserve ging es wam-bam-thankyou-mam: „Highway Star“, „Bloodsucker“, „Hard Lovin’ Man“ und „Strange Kind of Woman“. Mit diesem brachialen Viererpaket zum Auftakt, in pausenlosem Übergang und ohne weitere Worte, überrollten Deep Purple das altersmäßig gut durchmischte Publikum. Dann eine kurze Begrüßung und der Hinweis von Ian Gillan, das nach diesen „experimentellen Jazz-Nummern jetzt der Country-Teil begänne“… mit „Vincent Price“! Ein immer wieder unglaubliches Tempo, eine Rasanz, Brutalität und Hingabe, als wäre dies bereits das Finale.

 

Ian Gillan ist dieses Jahr siebzig Jahre (70!) alt geworden und wir Endfuffziger („Jungspunde“) jammern über kaputte Knie oder zwickenden Rücken.

Ian Gillan: Alt? Wer ist hier alt??

Angesichts dieser Bühnenperformance will ich dieses Thema in Zukunft erst einmal zurückstellen, toi toi toi!
Und die „Jungs“ wissen, mit ihren Kräften hauszuhalten. Weil Deep Purple, statt einen Gang zurückzuschalten, die Kräfte auf die jeweiligen Solonummern verteilen. Solange der eine Musiker sich in epischer Breite ausgießt, können die anderen verschnaufen, um hernach mit neuer Kraft loszulegen. Und da gibt es genug zu bewundern: Ian Paice darf sich mit Leuchtsticks am Schlagzeug austoben, Steve Morse schreitet auf hymnisch-ätherischen Gratwanderungen von einem Gitarren-Gipfel zum anderen und Don Airey zelebriert eine Salon-Tastenlöwennummer, bei der er sogar das Deutschlandlied verwurstet.

Roger Glover: Vier Saiten reichen völlig aus!

Und zu guter Letzt (im Zugabenteil!) zeigt Roger Glover allen Luftgitarristen, was man alles mit einer Bassgitarre spielen kann. Wahnsinn!

Der Sound war brillant, die Light- und Videoshow einfach und eindrucksvoll: auf einer Riesenvideowand hinter der Bühne wurde aus diversen Bühnenkameras und Einspielern das Geschehen auf der Bühne unterstützt und verstärkt. Leider war das Bild der Kameras nicht ganz synchron. Dies fiel zumindest vorne an der Bühne auf.

Die Songauswahl umfasste die bekannten Klassiker sowie drei Stücke vom letzten „Now What ?!“-Album. Für mich, wie so häufig, etwas unbefriedigend. Es gibt doch noch so viele andere tolle Nummern. Aus der Steve Morse-Zeit gibt es jede Menge Perlen und auch vom letzten Album hätte man durchaus noch den einen oder anderen Song spielen dürfen.

Nicht unbedingt „Above And Beyound“ als Widmung an Jon Lord, vielmehr „All The Time In The World“ oder „Body Lines“? Und von den ganz alten Sachen würden sich auch viele Fans über „Flight Of The Rat“, „Place In Line“ oder auch „Smooth Dancer“ freuen. Aber ich vermute, hier zollt man dem Mainstreamfan Tribut.

Letztlich wurde ich dann doch noch belohnt(?): vor der Halle versuchte sich nach dem Konzert ein Strassenmusiker an „Child In Time“. Es gibt Dinge, da sollte man die Finger von lassen. Ehrlich!

Von den T-Shirts der Strassenverkäufer konnte ich dann allerdings nicht die Finger lassen. Drinnen kosteten die offiziellen Tour-Shirts 25,-€ bis 30.-€. Vor der Tür der Halle fanden die Shirts der fliegende Händler für einen 10er reißenden Absatz.

Pressestimmen

Der Hardrock von gestern ist der von heute

Von Tino Lange (Hamburger Abendblatt)

Die Hardrock-Pioniere gaben 6000 Fans das Gewünschte: Zwei Stunden lang Klassiker, unterbrochen von dem einen oder anderen Solo.

Hamburg. Als Deep Purple 1984 das Comeback-Album "Perfect Strangers" veröffentlichte, unkten manche Kritiker schon über "Altherrenrock". Jetzt, 31 Jahre später, sind die britischen Hardrock-Urgesteine noch reifer geworden, aber immer noch nicht reif für die Rente.

Ob in Wacken im Jahr 2013 oder am Montag in der Hamburger Barclaycard Arena - Ian Gillan, Ian Paice, Roger Glover, Steve Morse und Don Airey gehen einfach raus und spielen, als müssten sie die legendäre Live-Platte "Made In Japan" von 1972 in den Schatten stellen. Das ist zwar unmöglich, aber "Highway Star", "Strange Kind Of Woman", "Space Truckin'" und "Smoke On The Water" brettern auch heute noch. Die 6000 Hamburger Fans freut es.

Zwischen die Klassiker streut Deep Purple mit "Vincent Prize", "Uncommon Man" und "Hell To Pay" noch Songs des aktuellen Albums "Now What?!" und natürlich noch das eine oder andere Solo für jeden mit Instrument, dann geht es nach zwei Stunden und "Black Night" wieder hinaus in die Nacht. Und falls Deep Purple mal nicht mehr ist, werden klasse Bands wie die Rival Sons aus dem Vorprogramm die Lücke füllen. Rock bleibt.

 

Alles beim Alten?

Deep Purple
40 Years Of Rock-Tour

27.November 2010, Hamburg, Sporthalle

 

Bob Dylan schrieb einmal „The Times They Are A-Changin'“.

Das mag stimmen, aber nach dem heutigen Abend bezweifle ich die Allgemeingültigkeit dieses Songs.

Marillion-Frontmann Steve Hogarth:
Theatralisch und ein sehr eigenständiger Gesangsstil!

Das begann schon mit der Vorgruppe (oder den „very special guests“) Marillion. Ich fand Marillion Mitte der 80er Jahre gut, mehr aber auch nicht. Irgendwie waren sie für mich immer „Genesis für Arme“. Als sie sich dann vom damaligen Sänger Fish trennten, verlor ich sie nahezu komplett aus den Ohren…

An diesem Abend ging das gar nicht. Mit einer Phonstärke, die alle filigranen Songs in einen Bassbrei zermalmte, erschlug die Band das wirklich freundlich geneigte Publikum.


Marillion (anno 2010): Lauter als manche Metal-Kombo!

Während ich schon andere Vorgruppen in einem Pfeifkonzert flüchten sah, konnte sich Marillion auf eine ansehnliche Schar eigener Fans verlassen.

Der Rest des Publikums ließ sich von deren Begeisterung und der Musik, die irgendwo zwischen Genesis, U2 und R.E.M pendelt,
anstecken und so gab es zum Schluß richtig positiven Applaus. Ich bin neugierig, wie sich Marillion gut ausgesteuert anhören mögen…

Aber der Gewinner des Abends waren dann eindeutig…

Deep Purple

Über die Musik zu reden…. Schwamm drüber. Für den klassischen 70er-Jahre-Hardrock sind Deep Purple nach wie vor der Maßstab. Spielfreude und „positive vibrations“ können definitiv in einem Atemzug mit dieser Band genannt werden, die in der jetzigen Besetzung (Airey, Gillan, Glover, Morse & Paice) nichts an Enthusiasmus eingebüßt zu haben scheint. Wenn ich da an einen Auftritt der Red Hot Chilli Peppers denke…

5500 Besucher in der altehrwürdigen Alsterdorfer Sporthalle erlebten dann auch 110 Minuten geballte Power, das 10-Minuten-Video (s.u.) gibt nur eine Ahnung von diesem tollen Konzert wieder!

Auf die Marke Deep Purple ist halt Verlaß!

Setlist:
  • Highway Star
  • Hard Lovin‘ Man
  • Maybe I’m a Leo
  • Strange Kind of Woman
  • Rapture of the Deep
  • Fireball
  • Silver Tongue
  • Contact Lost
  • Guitar Solo
  • When a Blind Man Cries
  • The Well Dressed Guitar
  • Almost Human
  • Lazy
  • No One Came
  • Keyboard Solo
  • Perfect Strangers
  • Space Truckin‘
  • Smoke on the Water

Zugabe

  • Hush
  • Black Night
Blackmore is back (?)
J.R.Blackmore: Die Ähnlichkeit ist nicht zu übersehen

Und dann, fast am Ende gab es noch eine Riesenüberraschung. Einige Zuschauer glaubten zunächst an eine Erscheinung… sollte es tatsächlich der „Man In Black“ sein? Blackmore und Morse auf einer Bühne?
Es war tatsächlich ein Blackmore, nämlich Jürgen Richard Blackmore, der Sohn des ehemaligen Deep Purple-Gitarristen. Und gemeinsam ging es nun in den bekannten Riff: „Dö, dö, dööö, dö dö dödö…“

Und der Rest war Paaaahdie.

Hamburger Abendblatt (29.11.2010): Leider kein Wort über J.R.Blackmore, wahrscheinlich blieb der Reporter nicht bis zum Ende. Schade eigentlich….
Pressestimmen

Eine Reise in die Rock-Vergangenheit

Die Kultband Deep Purple spielte auf dem zweistündigen Konzert in der Sporthalle nicht nur die Songs, auf die alle gewartet hatten.

(Quelle: Alexander Josefowicz, Hamburger Abendblat-online, 28. November 2010, 12:27 Uhr)

"Dö, dö, dööö, dö dö dödö...“ Auch auf dem Weg nach Hause begleitet viele der 5500 Fans dieses eine Lied. Dieses Lied, bei dem man sich fragt, ob Deep Purple es nicht langsam, aber sicher verfluchen: „Smoke On The Water“, die Geschichte des brennenden Casinos von Montreux, darf bei keinem Konzert der alten Herren fehlen. Genauso wenig wie „Highway Star“ oder „Black Night“. Und auf die gut gelaunte Rentnertruppe ist Verlass, natürlich spielen sie alle drei Songs. Und umgeben diese mit einem knapp zweistündigen Rockkonzert der alten Schule, das die Sporthalle für einen Abend in eine Zeit zurückversetzt, als Gebäude, Musiker und Fans noch jung waren: kaum Ansagen, dafür minutenlange Soli. Und eine nach modernen Maßstäben fast schon schlichte Lichtshow, deren wichtigstes Element die Spots sind, mit denen der jeweils vorn stehende Musiker illuminiert wird.

Das funktioniert bei Sänger Ian Gillan besonders gut, denn der gibt optisch nicht den Rocker, steht leger in Jeans, weißen Sneakers und ebensolchem Hemd auf der Bühne, strahlt ins Publikum und freut sich. Und mit ihm freut sich das Publikum, dem alle mehr oder weniger offensichtlichen Wünsche erfüllt werden. „Hard Lovin’ Man“, „Maybe I’m A Leo“, der wirklich hervorragende – und erst sieben Jahre alte – Midtempo-Rocker „Silver Tongue“ und „Perfect Strangers“, bei dem man auch noch nach 26 Jahren die Erleichterung über die Wiedervereinigung der Hard-Rock-Vorreiter spürt, auf und vor der Bühne.

Ob als Ausflug in die eigene Vergangenheit oder als Rockmusik-Geschichtsstunde: Viel falsch machen können Deep Purple nicht. So lange sie ihre drei größten Hits spielen, dürfen sie den Rest der Zeit mit allem füllen, was ihnen einfällt. Und bislang wirkt es nicht so, als ob die stille Übereinkunft zwischen Fans und Band von einer Seite aufgekündigt werden würde.

Dieses Klingeln in den Ohren…

Deep Purple
40th Jubilee-Tour

06.November 2008, Kiel, Sparkassen-Arena

Da stand ich also in Kiel in der ehemaligen Ostseehalle (an die verkauften Namen der Hallen und Stadien werde ich mich wohl auch nicht gewöhnen) und wartete auf….. ja auf was eigentlich?
Von der besten Band der Welt, gab es kein neues Album und ob es nun eine „40th Jubilee-Tour“ ist, mit der das Quintett seine 40-jährige Bühnenpräsenz feiert oder irgendeine andere Tour, das bleibt sich doch eigentlich gleich? Wir sind nur alle wieder ein paar Jahre älter geworden und es gibt so viele neue Musiker und Bands die am Thron unserer alten Helden sägen. Ob sie es heute noch einmal packen würden?

Diese Frage stellten sich sicherlich auch viele Fans, denn die Halle war zwar gut besucht, aber nicht bis zum Rand voll. Auch in meinem Bekanntenkreis erntete ich nur Achselzucken oder dumme Antworten („Gibt’s die überhaupt noch?“). Also denn!

Special Guest
Zunächst erklomm aber eine Band die Bühne, von der ich am Rande schon ein paar Titel gehört, die ich aber noch nie so richtig wahr genommen hatte. Gotthard aus der italienischen Schweiz waren als Special Guest angekündigt, und das waren sie auch. Besser als manch andere Vorgruppe spielten sie ein richtig geiles Set. Einziges Manko aus meiner Sicht: die Jungs neigen sehr zum posen. Aber das haben sie dann auch richtig drauf. Hat wirklich Spass gemacht!  Die nächste CD ist garantiert von Gotthard und wenn die Jungs als Hedliner kommen, dann schaue ich mir das noch einmal an!

Und los geht’s
Und dann ging es um 21:30 Uhr endlich richtig los!
Im aktuellen Line-Up mit Ian Paice (Drums), Ian Gillan (Vocals), Roger Glover (Bass), Steve Morse (Gitarre) sowie Don Airey (Keyboards) liessen Deep Purple von Beginn an keinen Zweifel aufkommen, ob sie zu alt, aus der Mode oder ausgebrannt seien.
Mit „Pictures Of Home“ ging es gleich in die Vollen und dort wo ich diesmal stand (in dritter Reihe an der Bühne) gab es kein Halten mehr!

Mag Ian Gillan auch nicht mehr alle hohen Töne sicher beherrschen, so wirkte er doch vital, gut gelaunt und in bester Stimmung. Steve Morse und Roger Glover zeigten sich in toller Spiellaune, überhaupt wirkte die ganze Band sehr homogen. Die früher berüchtigten Streitigkeiten sind wirklich Geschichte.

Hier eine Setlist aus der Erinnerung (ich hatte besseres zu tun als mitzuschreiben….):

  •  Pictures of Home
  •  Things I Never Said
  •  Into The Fire
  •  Strange Kind of Woman
  •  Rapture of The Deep
  •  Contact Lost
  •  Well Dressed Guitar
  •  Sometimes I Feel Like Screaming
  •  Wring That Neck
  •  The Battle Rages On
  •  Don Airey solo
  •  Perfect Strangers
  •  Space Truckin’
  •  Highway Star
  •  Smoke On The Water

Zugabe:

  • Hush ~ Ian Paice Solo
  •  Black Night ~ Roger Glover Solo

Fazit
Als ich dann um 23:20 Uhr halbtaub (dieses Klingeln in den Ohren fühlt sich wirklich cool an, vor allem wenn es nachlässt 😉 in die Tiefgarage ging, hatten sich einige Dinge wieder bewahrheitet:

  1. Nach „Space Truckin“ kann man Pogo tanzen!
  2.  Pogo tanzen kann Spass machen (muss aber nicht)!
  3.  Wer ein Plektrum haben will, muss schnell und agressiv sein (und darf sich auch nicht davor scheuen, sich in einer Menschenmenge auf den Boden zu schmeissen)
  4.  Mit 60 jahren muss man noch nicht alt sein (siehe die Photos!)
  5.  Der Sound ganz vorne an der Bühne ist eher suboptimal (aber HiFi geniesse ich sowieso lieber zuhause!)
  6.  Ein Purple-Konzert ist wie ein Besuch bei guten Freunden, eigentlich weiß man doch was einen erwartet!
  7. Die Parkgebühren in Kiel sind mit 2.-€ für die Veranstaltungsdauer sehr kundenfreundlich!

Und zum Schluss noch ein Dank an Paicey (auch wenn er es vermutlich nicht lesen wird): der Drumstick steht bei den Platten… see you next time!!

Pressestimmen

Rentner in Rock

Kiel - „Kiel, are you ready to rock?“ krakeelt Sänger Steve Lee von der Vorgruppe Gotthard ins Mikro. Und die Landeshauptstadt war bereit. Denn Deep Purple war in die Sparkassen-Arena gekommen, um hier ihr 40-jähriges Jubiläum zu feiern.

(Quelle: Jens Raschke, Kieler Nachrichten, 07.11.2008)

Natürlich: Runde Geburtstage waren schon immer ein guter Grund für Bands, noch einmal die Instrumente zu schultern und sich von den Fans in aller Welt ordentlich abfeiern zu lassen. Deep Purple bilden da keine Ausnahme. Selbst wenn von den Gründungsmitgliedern nur noch eines übrig ist und der angeblich 40. Geburtstag streng genommen erst der 32. ist. Denn von 1976 bis 1984 gab es die Band gar nicht.

Egal, solange es die Knochen noch mitmachen, wird gerockt. Fast alle in der Band haben die 60 bereits überschritten und sich die Rente mit rund 30 Alben und unzähligen Konzerten ehrlich und hart erarbeitet. Vor allem hart, denn Deep Purple, die ursprünglich mal Roundabout hießen und ihre Gründung der Geschäftsidee zweier findiger Unternehmer verdanken, sind und bleiben die Väter des Hard Rock. Jenes musikalischen Universums, das wie kaum ein zweites glänzende Sterne, aber auch abgrundtief schwarze Löcher hervorgebracht hat.

Eher Letzterem lassen sich auch die Herren von Gotthard zurechnen, die in der nicht ausverkauften Sparkassen-Arena die Anheizer mimen. Seit 1990 beliefert die Schweizer Gruppe ihre Anhängerschaft mit hoffnungslos überholtem Klötenrock, der wie gemacht scheint für Leute, die noch immer meinen, sie sähen sexy aus in Spandexhosen. Gotthards ganzes Gebaren, ihre vorhersehbare Musik, ihr käsemaukiges Posing sind zutiefst im 21. Jahrhundert verwurzelt. Vor Christus, wohlgemerkt.
„Kiel, are you ready to rock?“ krakeelt Sänger Steve Lee ins Mikro, während Leo Leoni, Freddy Scherer (Gitarren) und Marc Lynn (Bass) sich immer wieder breitbeinig an die Bühnenkante stellen und versuchen, ihr Publikum zum Mitklatschen zu animieren, derweil Hena Habegger am Schlagzeug den Rhythmus bolzt. Das fruchtet stets nur kurz, aber die Kieler reagieren trotzdem freundlich; wenngleich längst nicht so „oscarreif“, wie Lee es ihnen in einer seiner Anmoderationen (natürlich: zum Song „Oscar“) unterstellt.

Ach, was soll's. Man hört sich das eine Stunde lang an und möchte keine Zugabe. Dann, na endlich, Deep Purple! Ian Gillan , Steve Morse, Don Airey, Roger Glover und besagtes Urmitglied Ian Paice präsentieren über 90 Minuten lang die größten Erfolge aus 40, bzw. 32 Jahren Bandgeschichte. Und die war bekanntlich wechselhaft, vor allem, was Besetzungen betrifft. Zweimal wurde Gillan auf Betreiben von Ex-Gitarrist Ritchie Blackmore rausgeschmissen, bevor es dann 1992 endlich zur dauerhaften Bindung kam, Blackmore dafür den Hut nahm und seitdem einen auf keltischen Zupfgeigenhansel macht.

Steve Morse ersetzt ihn ebenso adäquat wie Don Airey den 2002 ausgeschiedenen Jon Lord, von dessen fauchend-barockem Orgelspiel er sich allerhand abgeschaut hat: Ob „Into The Fire“, „Strange Kind Of Woman“ oder „Hush“, Airey weiß, welche Teufel aus seiner Hammond auszutreiben sind. Das dröhnt und wabert, dass einem die Backentaschen schlackern. Nicht anders bei Roger Glovers kraftvollem Bassspiel, und auch Ian Paice erinnert sich noch ganz genau, wo an seinem Linkshänderschlagzeug die schnellen, prägnanten Rhythmen gedeihen.

Steve Morse distanziert sich indes hörbar vom eher trockenen Stil seines Vorgängers und gerät darüber immer wieder ins Gniedeln. Tja, und Ian Gillan, der arme Mann, schlägt wacker eine brutale Schlacht gegen den mauen Sound und die hohen Töne, die er gegen Ende, bei „Highway Star“, leider verliert. Macht nichts, er darf auf die Kieler Liebe zählen, vor allem als Morse endlich das berühmteste Riff der Rockgeschichte anstimmt und die Menge tanzen lässt: G, B, C – G, B, Cis, C – G, B, C – B, G. Erkennen Sie die Melodie? Auf die nächsten 40!

Deep Purple im Stadtpark

Deep Purple

04. September 2002, Hamburg, Stadtpark Open Air

An einem lauen Spätsommerabend trafen sie sich endlich wieder einmal im Hamburger Stadtpark:

Jene, die immer noch nicht aufgeweicht sind von dem täglichen Einheitsbrei norddeutscher Radiosender,
die Schlagermusik noch heute genauso schlimm wie damals finden (merke: Wein kann besser werden wenn er altert, schlechte Musik nicht!!),
und schließlich alle, die das Original einer Kopie vorziehen.

Puristen werden vielleicht die Nase rümpfen, da es sich bei dem erwähnten „Original“ um Deep Purple handelt, einer der wechselfreudigsten Gruppen der Rockgeschichte. Wer mag bei dieser Band noch von einer Originalbesetzung sprechen?

Deep Purple 2002: Roger Glover, Steve Morse, Ian Paice, Don Airey, Ian Gillan (v.l.n.r)

An diesem Abend stand dann auch als Ersatz für das Gründungsmitglied Jon Lord der neue Keyboarder Don Airey hinter den Tasten.
Die Band legte mit „Fireball“ los wie die sprichwörtliche Feuerwehr und der Funke sprang sofort über. Mochte Ian Gillan mit seinen kurzen, mittlerweile leicht angegrauten Haaren auch wie der ältere Bruder unseres damaligen Kanzlers aussehen, die Power ist noch immer da. Sein absolutes Glanzstück war dann „When A Blind Man Cries“, selten habe ich eine solche Gänsehautinterpretation diesesKlassikers gehört. Dies war jedoch nur ein Höhepunkt unter vielen.

Simpler geht’s nicht! Wenn einem nichts mehr einfällt, dann greift man zu Platitüden. Die Seite musste wohl noch gefüllt werden… In den „Pressetimmen“ schlug man dann ganz andere Töne an 😉

So wie Steve Morse die Erinnerung an Ritchie Blackmore mit jedem Solo immer mehr verblassen lässt, fegten die restlichen Mitglieder mit ihren Soli in dem endlos ausgedehnten „Speed King“ jeden Gedanken an „Altersheim-Riege“ oder „Rentnerband“ von der Bühne. Ian Paice am Schlagwerk oder auch Roger Glover am Bass (so möchte mancher Gitarre spielen! Irre!!) rockten alles in Grund und Boden. Don Airey wurde in die Band integriert und spielte seinen Part sauber runter. Während Steve Morse jedoch vor mittlerweile sieben Jahren mit seinem eigenen Stil aus dem Schatten von Blackmore trat, so muss Don Airey seinen wohl noch finden.

Die Setliste umfasste nahezu sämtliche Klassiker sowie „Ted The Mechanic“ und ein sehr rockiges Instrumental (wenn ich Ian Gillan richtig verstanden habe „Well Dressed Guitarist“) vom für Anfang 2003 geplanten neuen Album BANANAS.
Nach knapp 80 Minuten ging es mit „Smoke On The Water“ in die (leider) einzige Zugabe, die mit „Hush“, „Black Night“ und „Highway Star“ den Stadtpark und die zahlreichen Zaungäste ein letztes Mal erbeben ließ.

Pressestimmen

Bier, Schweiß und Gesang
(Quelle: Ralf Dorschel, Hamburger Morgenpost v. 06.09.2002)

Deep Purple luden im ausverkauften Stadtpark zum »Bierbauch-Tanz«. Was ist das: den linken Arm unbequem nach links abgespreizt, die Hand zur Kralle? Die rechte Hand an die Gürtelschnalle und dann immer rauf und runter? Genau! Die Luftgitarre! Man sah sie im Dutzend, motiviert und dirigiert von Ian Gillan - der Stadtpark mag schon mal elegantere Tänzer gesehen haben, aber selten mehr Luftgitarristen.

Deep Purple waren da, oder genauer: Das, was von der legendären Deep Purple-Besetzung übrig ist. Im vergangenen Februar war Keyboarder Jon Lord zum x-ten Mal dem Kollektiv entwichen, der neue Mann an den Tasten heißt Don Airey und spielte mal bei Rainbow. Die Band ist also nicht ganz auf der Höhe von 1972, aber die Fans sind es ja auch nicht. Hier und da versickern arg schräg gehaltene Biere vor den gleichnamigen Bäuchen im Erdreich. Wir werden alle nicht jünger. Egal, denn was da auf der Bühne geschah, konnte sich sehen (endlich mal wieder eine richtig fette Lightshow im Stadtpark!) und hören lassen. Es waren nicht ganz die alten Deep Purple, aber es waren richtig gute Deep Purple.

Der erste Teil fiel überraschend blueslastig aus, vor allem “When A Blind Man Cries” hatte sich die Begeisterungsstürme wirklich verdient: ohne Rumgeniedel mit viel Gefühl auf den Punkt gespielt - die könnens noch, die alten Säcke. Das Programm war mit 80 Minuten nicht zu lang und clever kombiniert aus neueren Nichtigkeiten und den Klassikern. Ian Gillan (57) war bestens bei Stimme und Kondition, Ian Paice und Roger Glover standen ihm nicht nach. Und Don Airey gelang es, ein ganzes Kapitel Rock-Geschichte wiederauferstehen zu lassen: den Klassik-Rock und sein zentrales Ich-zeigs-euch-allen-gleich-werdet-ihr-staunen-Keyboard-Solo.

Da verfing sich dann Beethoven im Blues, die deutsche Hymne im "Star Wars"-Thema. Das Publikum hatte denn auch wirklich allen Grund zum Staunen. Nein wirklich, man hätte diesen Abend schlechter verbringen können. Deep Purple Anno 2002 sind allen Unkenrufen zum Trotz eine hellwache und jugendlich aufspielende Hardrock-Band.

Smoke on the Stadtpark, Fire in the Sky
( Quelle: Die Welt v. 06.09.2002)

5000 Besucher standen im Stadtpark, rund 1000 lagerten bei Kerzenschein auf dem Rasenstreifen der Allee vor den Toren, als Ian Gillan von Deep Purple als letzten Song vor den Zugaben "Smoke On The Water" anstimmte. Die Band, die einst zeitgleich mit Led Zeppelin den Hardrock erfand, präsentierte sich - trotz der zahlreichen Umbesetzungen ihrer mehr als 25-jährigen Geschichte - praktisch in Bestform. Barfuß und frohgemut gab Ian Gillan den Springinsfeld und Mikrofonständerschleuderer.

Schön, dass die Diskussionen des Abends nicht vor der Bühne, sondern auf ihr stattfanden. Nach einem wundervollen Phrasendialog zwischen Don Airey am Keyboard und Steve Morse an der Gitarre erzählte Roger Glover eine melodische Geschichte auf dem Bass. Anschließend holte Drummer Ian Paice als ältestes Mitglied der Band zu einer seiner unnachahmlichen Rhythmus-Eskapaden aus. Es ist immer wieder verblüffend, wie sehr der Schlagzeuger trotz seiner virtuosen Kollegen den Sound der Gruppe prägt. Ian Gillan, der seinen Instrumentalisten den Raum überlassen hatte, kehrte zurück und wechselte noch einige Koloraturbemerkungen mit der E-Gitarre seines Kollegen Morse. Nun ging es zur traditionellen Sache: Neben "Hush" erklang auch "Speed King". Auf "Child of Time" warteten die Fans, wie in den vergangenen Jahren, allerdings vergeblich. Die neueren Stücke, mit denen das Konzert eröffnet wurde, sind zwar auch ganz schön, jedoch erheblich durchsichtiger konzipiert als die Oldies, setzen bewusster auf die Präsentation der Fähigkeiten der einzelnen Bandmitglieder - wenn du ein Solo hast, will ich auch eins - und sind damit nicht annähernd so urgewaltig und mitreißend wie die Stücke, die jeder auswendig kennt.

Aber zum Einstieg sind sie wunderbar geeignet. Der Jubel der Fans sorgte bei den Deep-Purple-Stars offenkundig für gute und Geberlaune. Allein der piratenkopftuchtragende Roger Glover schleuderte schon während des Konzertes ein gutes Dutzend Plektren ins Publikum. Steve Morse warf am Ende einen ganzen Stapel hinterher und auch Ian Paice trennte sich frohgemut von seinen Sticks. Und die Elektrolichtscheinwerfer zauberten zum letzten Mal für diesen Abend ein "Fire in the sky".

Noch nicht reif für die Rente
(Quelle: Hamburger Abendblatt v. 06.09.2002)

Hamburg - Soundwälle aus der Hammond-Orgel von Jon Lord und exzellente Saitenquälerei von Ritchie Blackmore - dafür steht Deep Purple. Nach mehrfacher Umbesetzung ist seit März diesen Jahres wieder ein neues Gesicht dabei: 34 Jahre nach ihrer Gründung gab die Band mit neuem Keyboarder Don Airey am Mittwoch auf der Freilichtbühne im Stadtpark das letzte Konzert der Deutschland-Tournee.

Barfuß und in weißem Guru-Look kam Sänger Ian Gillan und legte gleich mit "Magic Woman" los. Neben Songs der neueren Alben waren es doch die alten Hits wie "Woman From Tokyo" und "Smoke On The Water", die für Stimmung sorgten. Dazwischen lagen ausgiebige Soli, bei denen vor allem Gitarrist Steve Morse, seit 1994 an Blackmores Stelle, die Führung übernahm. Gelegenheit für Gillan, die Bühne kurz zu verlassen, um auch nach eineinhalb Stunden noch unisono mit Morses Gitarrenläufen in wilden Höhen wettstreiten zu können.

Ein Deep-Purple-Konzert ohne "Child In Time" - eigentlich undenkbar. Die Fans, im Alter ebenbürtig, waren trotzdem zufrieden. Purer alter Hardrock ohne runtergestimmte Gitarren, der keinen Grund zur Rente gibt: The battle rages on.