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Danke, Rainer!

The Australian Pink Floyd Show

Time – 30 Years Of Celebrating Pink Floyd

10.04.2018, Hamburg, Barclaycard Arena

Sobald bei uns auf der Terasse am Platz 1 das Thema „Konzerte“ zur Sprache kam, hat mir unser Rainer jahrelang immer wieder von dieser „sensationellen Australian Pink Floyd-Show“ vorgeschwärmt.

Als er (nicht nur) mich dann mit „Easy Livin'“ überraschte und sich nur wenig später die Australian Pink Floyd-Show in der Barclaycard-Arena ankündigte… da war das sozusagen eine Verpflichtung.

Na gut, eine Cover-Band in dieser großen Halle? Kann das funktionieren? Das fragten sich offenbar viele Hamburger und beantworteten dies für sich mit „Nein“! Die Halle war definitiv nicht voll, die oberen Hänge abgehängt und auch die sichtbaren Sitzreihen wiesen deutliche Lücken auf. Der Innenraum war voll bestuhlt und gut besetzt.

Das Publikum? Die letzten verbliebenen Rockfans, nicht immer leicht zu erkennen, neben vielen Kulturtouristen („Hinsetzen, ich kann nichts sehen!“) und Jungerwachsenen. Vermutlich der Nachwuchs der Erstgenannten, die endlich einmal hören und sehen wollten, was ihre Eltern da immer sooo toll fanden.

Und damit sind wir bei der Band: The Australian Pink Floyd Show versucht seit 1988, gealterten Pink-Floyd-Fans einen möglichst werktreu kopierten Konzert-Ersatz für das lange schon nicht mehr existente Original zu liefern. Während viele Cover-Bands dazu neigen, auch die Show und die Musiker zu kopieren (siehe The Musical-Box), legen die Aussies ihren Schwerpunkt eindeutig auf die Musik. Die bombastische Show (Videowand, Laser  aufblasbare Figuren…) lehnt sich mit ihren Elementen immer an Pink Floyd an, hat aber durchaus eigene Elemente!

Die Fanreaktionen sind dabei durchaus gespalten, die Kritiker hingegen haben die Band und die Show weltweit mehrfach ausgezeichnet.

Als dann die Lichter pünktlich um 20:00 Uhr erlöschen und das etwas düster und sphärische „Obscured By Clouds“ einsetzt, da entsteht für mich das einzige Mal an diesem Abend der Eindruck, hier würden tatsächlich die Könige des Prog-Rock wieder auferstanden sein. Die Band steht hinter einen weißen Vorhang, auf dem durch wechselnde Schweinwerferpositionen nur die Schattenbilder der Musiker zu sehen sind. Als dieser Vorhang schließlich fällt, ist diese Illusion dann auch vorbei.

Die Musik und (insbesondere) der Sound sind nahezu perfekt! Das ist wirklich unglaublich gut.

 

Die Musiker sind immer dann besonders gut, wenn sie nah am Original bleiben. Sobald es „kreativ“ wird… aber das ist vielleicht auch Geschmacksache?

„One Of These Days“ ist an diesem Abend für mich so ein Beispiel, wo etwas zu viel „gegniddelt“ wird. Vielleicht lag es aber auch am Riesenkänguru?

Die Auswahl der Songs geht querbeet durch alle Alben und Phasen der Band und trifft nach meiner Beobachtung nicht immer den Geschmack des Publikums.

Als nach der Pause (ja, nach einer Stunde folgte eine 20minütige Pause!) sogar „See Emily Play“ aus dem Jahr 1967 gespielt wurde, konnten die „späten“ Pink Floyd-Fans damit gar nichts anfangen. Es soll ja immer noch Fans geben, die kennen nur „The Wall“!

Daher gibt es bei den bekannteren Stücken auch keine Mißverständnisse, „Fat Old Sun“ und „Sorrow“ bremsten die Euphorie jedoch etwas.

Euphorie ist auch so ein Stichwort. Während der weitaus überwiegende Teil des Publikums mehr dem Klang frönte, schienen vereinzelte Fans im Publikum richtig auszurasten. Wenn sich in den freundlichen Applaus so vereinzelt ekstatische Jubelschreie mischen… das fällt dann doch auf.

Aber ich will diesen Abend nicht schlecht reden. Das Konzert hat wirklich Spaß gemacht und die Band hat sicher viel mehr Zuschauer verdient. Mit einer realen Spielzeit von knapp zwei Stunden bekamen die Fans auch einen ordentlichen Gegenwert

Es war meiner Meinung nach auch keine tumbe Cover-Band, der selbstgewählte Begriff einer Tribute-Band trifft die Sache viel mehr.

Und daher war Rainers Begeisterung nicht nur verständlich sondern auch absolut berechtigt!

Hier zum Schluss die Setlist:

  • Obscured by Clouds
  • When You’re In
  • In the Flesh?
  • Shine On You Crazy Diamond (Parts I-V)
  • Shine On You Crazy Diamond (Parts VI-IX)
  • Young Lust
  • The Great Gig in the Sky
  • Us and Them
  • The Happiest Days of Our Lives
  • Another Brick in the Wall Part 2

Pause

  • See Emily Play
  • Pigs (Three Different Ones)
  • Wish You Were Here
  • Fat Old Sun
  • Sorrow
  • One of These Days
  • Run Like Hell

Zugabe:

  • Time
  • Breathe (Reprise)
  • Comfortably Numb

Und wenn ich überhaupt etwas zu bemängeln hätte… ich hätte so gern „Money“ gehört. Vielleicht beim nächsten Mal? Wer nicht so lange warten möchte, hier als kleiner „Vorgeschmack“ ein Konzert der „Eclipsed By The Moon“-Tour!

Enjoy Your Life

Blue October

08.03.2018, Hamburg, Fabrik

Wie steige ich ein, in dieses einfach wahnsinnig tolle Konzert? Wie beschreibe ich das Erlebnis in der halbvollen Fabrik, in der aber wirklich jeder Zuschauer nach dem Konzert völlig begeistert in die naßkalte Hamburger Nacht verschwand?

Ich versuche es einmal chronologisch. Letztes Jahr half mir ein guter Freund, ein paar Steckdosen zu verlegen. Dabei klönen wir so ein bisschen über Musik, schnacken über Vorlieben und das die „grossen Bands“ mittlerweile einfach zu teuer werden.

Dann bekomme ich im Januar eine WhatsApp… „Konzerttipp… klasse Combo aus Texas… lohnt sich…“

Blue October? Noch nie gehört!! Amazon Prime befragt, und siehe da: das hört sich gut an. Das ganze läuft unter dem Label „Alternative Rock“ (aber was sollen diese Schubladen schon bedeuten!) und die Band existiert schon seit 1995!

Also besorge ich mir eine Karte und bekomme eine knappe Stunde vor meinem Aufbruch nach Hamburg noch einen Anruf von eben jenem Kumpel… er kommt spontan noch mit.

Also stehen wir zwei Stunden später in der halbvollen Fabrik, so richtig entspannt am  (gedeckten 😉 ) Biertisch mit freiem Blick auf die Bühne.

Let’s Get This Party Started

Punkt 20:00 Uhr starten die Broken Witt Rebels… und ich erlebe  erneut eine Überraschung. Die Band aus Birmingham spielt eine starke Mischung aus Blues, Soul, Rock und emotionalen Vocals. Und mit jedem Ton spürt (und sieht) man den Spaß, den diese vier Jungs bei ihrem Auftritt haben.

Die britische Band Broken Witt Rebels

Dieser Spaß kam auch nachher am Merchandising-Stand rüber, als ich mir von den Jungs ihre Debut-CD unterzeichnen ließ. Die Truppe hat echt Spaß gemacht. Und die Silberscheibe läuft bereits in Dauerschleife. Ein echter Geheimtipp!!

Eine Frage der Perspektive

Und dann startet nach einer kurzen Umbaupause Blue October mit einem langen Intro, einer Toncollage, wie sie ähnlich auch auf ihrem Live Album von 2015 „Things We Do At Night (Live From Texas)“ zu hören ist. Als der Jubel dann aufbraust und die Band die Bühne erklimmt, da wird mir klar, das ich hier heute offenbar einer der wenigen bin, der diese Band in den letzten knapp 20 Jahren verpennt hat.

Frontmann und Sänger Justin Furstenfeld

Frontmann und Sänger Justin Furstenfeld  hat eine unglaubliche Ausstrahlung und packt das Publikum, nimmt es gefangen und lässt es bis zum letzten Akkord nicht mehr los. Dazu ein treibender Sound, sehr kraftvoll und melodisch. Immer wieder Melodien, in die jeder sofort mit einstimmen kann. Und davon wird auch reichlich Gebrauch gemacht.

Alternative Rock? Post-Grunge? Progressive Rock? Oder „Bipolar Artrock“??

Leider bin ich noch nicht sattelfest in den ganzen Songs und kenne die beiden letzten CDs bisher nur oberflächlich, daher gibt es heute auch keine Setlist. Und welcher Stil das sein soll (Alternative Rock? Post-Grunge? Progressive Rock? Oder gar „Bipolar Artrock“??) ist mir sowas von gleichgültig, das hier ist einfach sensationell geil!

Ryan Delahoussaye (v), Matt Noveskey (bg), Jeremy Furstenfeld (dr), C. B. Hudson (g)

Was wir hier zu hören bekommen, das ist ganz, ganz großes Rock’n’Roll-Theater. Ein Sound, mit dem man Stadien füllen könnte und es lässt sich ahnen, wie diese Band auf einer großen Bühne rüberkommen würde.

Ryan Delahoussaye (violin)

So aber ist es ein großes intimes Konzert, in dem am Ende sogar noch genügend Zeit dafür bleibt, einem Fan das T-Shirt abzuquatschen (siehe Video!).

Letztlich wollte der sein T-Shirt dann doch nicht hergeben 🙂

Mit der Aufforderung „Enjoy Your Lifes“ werden wir nach der letzten Zugabe schließlich nach Hause geschickt. Wenn es nur solche Abende wie diesen geben würde… kein Problem. Das sollte klappen!

In der „ewigen“ Rangliste meiner besuchten Konzerte, wird dieser Abend garantiert ganz vorne stehen bleiben. Und in den nächsten Wochen werden sich Blue October und die Broken Witt Rebels im Player abwechseln. Versprochen!

Justin Furstenfeld

Hier noch ein paar bewegte Bilder, leider hat meine Kamera mit dem Sound Probleme gehabt… der war live deutlich besser als auf dieser Konserve. Trotzdem: viel Spaß!

Kleine Bemerkung am Rande: ich habe in den darauffolgenden Tagen nichts, aber auch gar nichts in der Presse und im Netz zu diesem Auftritt gefunden.

Offenbar noch immer ein wahrer Geheimtipp!

 

 

 

Die Zeitmaschine

The Musical Box

31.10.2014, SEBTP-Tour 2014, Glocke, Bremen

„Can You Tell Me Where My Country Lies?…

Plötzlich ist alles wieder da:

Die Diskussionen auf dem Schulhof über diesen oder jenen Riff, welcher Song auf welcher LP, Genesis oder Yes und „…hast Du schon auf der zweiten Seite den dritten Song…?“…

Ein paar Monate zuvor, beim Mittagstreff im Bistro, die hingeworfene Frage: habt ihr Lust? The Musical Box in Bremen, Genesis-Cover-Band, sind wirklich gut!

Na klar hatte ich Lust! Bei den ehemaligen Klassenkameraden überwog die Zustimmung ebenfalls, lediglich eine Minderheit grummelte etwas von Beamtenpop…

Der Irrtum konnte schnell aufgelöst werden. Es ging nicht um die Musik der Phil-Collins-Genesis, sondern um die einzig echte und wahre Genesis mit Peter Gabriel!

The Musical Box ist eine Band, die detailgetreu die Konzerte dieser Formation zwischen 1972 und 1976 rekonstruiert und live aufführt. Sie ist die weltweit die einzige Band, die dazu jemals eine offizielle Lizenz von Genesis und Peter Gabriel erhalten hat.

The Musical Box

In der nicht ganz ausverkauften Glocke in Bremen fanden wir unsere Plätze direkt hinter dem Mischpult… Gottseidank war der Saal nicht ganz ausverkauft. So setzten wir uns, nachdem das Licht erlosch, ein paar Reihen nach vorne. Das wäre sonst ein Grund zum Ärgern gewesen. Aber was soll’s!

Mit dem einsetzenden Mellotron („Watcher Of The Skies“) war das alles vergessen und mit dem sich steigernden Rythmus kamen die Erinnerungen (s.o.)!

Das war (oder besser ist!!!) eine Musik, wie sie vermutlich nie wieder in dieser Form geschrieben wird. In immer neuen Wendungen, Breaks und Stimmungswechseln entstehen Klangbilder, die sich in kein Stilkorsett zwängen lassen. Das alles wurde seinerzeit unter der Headline „Progressive-Rock“ vermarktet und mit dem aufkommenden Punk gegen Ende der 70er Jahre respektlos zu Grabe getragen.

„Selling England by the Pound“ gehört zu den einflussreichen Progressive-Rock-Alben aller Zeiten und als Genesis 1973 damit auf Tournee gingen, hatten sie fast den Gipfel dieser Phase erreicht… mit dem „Lamb-Lies-Down“-Album sollte noch ein letzter Höhepunkt (bezogen auf diese Phase der Band!) folgen.

Zurück zum Konzert: was viele Coverbands nicht erreichen oder auch nicht erreichen wollen, gelingt „The Musical Box“. Es ist die perfekte Illusion. Diese virtuosen kanadischen Musiker erzeugen eine Magie(?), in der man bereits nach wenigen Minuten glaubt, die „echten“ Genesis wären mit einer Zeitmaschine aus der Vergangenheit geholt worden. Hier stimmt fast alles: Licht, Sound, Kostüme, Gestik und sogar die Ansagen von „Peter Gabriel“ klingen authentisch. Die Setlist ist natürlich ebenfalls 1:1 der damaligen Original-Tournee abgeschaut:

Setlist:

  • Watcher of the Skies
  • Dancing With the Moonlit Knight
  • The Cinema Show
  • I Know What I Like (In Your Wardrobe)
  • Firth of Fifth
  • The Musical Box
  • Horizons
  • The Battle of Epping Forest
  • Supper’s Ready

Zugabe

  • The Knife

Mit dem letzten Akkord der Zugabe wurde diese Illusion auch durch die Band aufrechterhalten. Es folgte weder eine Vorstellung der wahren Musiken noch eine durchaus angebrachte Widmung den Originalen.

„Peter Gabriel“ (Gesang, Querflöte, Oboe), „Tony Banks“ (Keyboard, Gesang), „Phil Collins“ (Schlagzeug, Perkussion, Gesang), „Steve Hackett“ (Gitarre) und „Mike Rutherford“ (Gitarre, Bass, Sitar) entschwanden ohne ein Wort.

Vielleicht wartete die Zeitmaschine…

….said the unifaun to his true love’s eyes.“