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Ich krieg das Grinsen nicht aus meinem Gesicht…

Ringo Starr & His All Starr Band

11.06.2018, Hamburg Stadtpark Open Air

Es gibt Konzerte, die machen einfach nur gute Laune. Und gestern hatten wir das große Glück, ein solches Konzert zu erleben.

Doch der Reihe nach.

Wenn es so etwas wie eine To-Do-Liste für Konzerte gibt, die man erlebt haben muß, dann gehört der Besuch eines Ringo Starr-Auftritts unbestritten dazu. Als eines der beiden letzten lebenden Mitglieder der wohl einflußreichsten Band aller Zeiten, ist der Ex-Beatle selbst schon eine Legende. Über einen Zeitraum von mehr als 55 Jahren hat er Musikgeschichte mitgeschrieben, auch wenn er selbst vielleicht nie die kreative Führung übernahm. Aber er war immer dabei.

Als die Tourneepläne für ihn und seine All-Starr-Band herauskamen, war das für mich ein Selbstgänger.

Der erste Versuch ging jedoch noch richtig daneben. Kaum hatte ich am Sonntag einen prima Parkplatz in der City Nord am Stadtpark gefunden, brummte mein Handy. Über Facebook wurde den Fans mitgeteilt, dass Sir Ringo mit einem grippalen Infekt krankgeschrieben sei und das Konzert auf den nächsten Tag verschoben würde.

Warten auf Ringo!

Also starteten wir am Montag leicht gehetzt einen zweiten Versuch und standen dann doch pünktlich um 19:00 Uhr im grünen Rund.

Mit der Vorband konnte ich diesmal überhaupt nichts anfangen, offenbar reisst jede Serie irgendwann einmal. Nach dem ich jetzt so viele gute Opener erleben durfte, ging Vincenzo Tunnera mit seiner 8köpfigen Band völlig an mir vorbei. Das waren sicherlich gute Musiker, aber die Songs (irgendwie „neue deutsche Betroffenheit“?) und seine Stimme zündeten bei mir gar nicht.

Vincenzo Tunnera & Band

Dann eine halbe Stunde Umbau und kurz nach 20:00 Uhr kamen die „All-Starrs“ auf die Bühne:

  • Steve Lukather (Toto) – guitar, lead & backing-vocals
  • Gregg Rolie (Santana) – keayboard, lead & backing-vocals
  • Colin Hay (Men At Work) – guitar, lead & backing-vocals
  • Graham Gouldman (10cc) – bassguitar, lead & backing-vocals
  • Warren Ham  – Saxophone, flute, lead & backing-vocals
  • Gregg Bissonette – drums, backing-vocals

Nach einer kurzen Begrüßung wurde dann „er“ angekündigt:

Ringo Starr

Wer jetzt erwartet hatte, einen würdigen älteren Herren (immerhin 77 Jahre alt!) auf die Bühne schreiten zu sehen… vergesst es!

Im lockeren Trab joggte Ringo herein und stieg nach kurzem „Hallo“ sofort in den Rock’n’Roll Standard „Matchbox“ ein. Und danach ging es Schlag auf Schlag.

Setlist
  • Matchbox (Carl Perkins cover)
  • It Don’t Come Easy (Ringo Starr song)
  • Dreadlock Holiday (10cc cover)
  • Evil Ways (Willie Bobo/Santana cover)
  • Rosanna (Toto cover)
  • Down Under (Men at Work cover)
  • Boys (The Shirelles cover)
  • Don’t Pass Me By (The Beatles cover)
  • Yellow Submarine (The Beatles cover)
  • I’m Not In Love (10cc cover)
  • Black Magic Woman/Gypsy Queen (Santana cover)
  • You’re Sixteen (Johnny Burnette cover)
  • Who Can It Be Now? (Men at Work cover)
  • The Things We Do for Love (10cc cover)
  • Oye Como Va (Tito Puente/Santana cover)
  • I Wanna Be Your Man (The Beatles cover)
  • Hold The Line (Toto cover)
  • Photograph (Ringo Starr song)
  • Act Naturally (Buck Owens/The Beatles cover)
  • With A Little Help From My Friends (The Beatles cover) (featuring Klaus Voormann)
Steve Lukather

Klar, dass bei dieser Songauswahl das gesamte Publikum mitsingen, mitklatschen und mitfeiern konnte. Jeder Musiker bekam seine Solomomente und ich wüsste nicht, wen man besonders hervorheben sollte. Sicherlich war Steve Lukather mit seinem Gitarrenspiel das Eintrittsgeld alleine wert… aber Warren Ham mit seinen Saxophon-Soli, die Hammond-Läufe von Gregg Rolie und die präzisen Drums von Gregg Bissonette bei den Santana-Songs standen dem in nichts nach. Dazu die Stimmen von Colin Hay und Graham Gouldman in „ihren“ Songs… die Zeit schien still zustehen!

von links: Steve Lukather (Toto), Gregg Rolie (Santana)

Ringo selber war angenehm entspannt, scherzte mit dem Publikum und machte einen absolut fitten Eindruck. Auf den Ausfall vom gestrigen Sonntag ging er natürlich auch ein: „Auch wenn ich auf der Bühne umfalle, macht euch keine Sorgen…“ Aber soweit kam es gottseidank nicht. Vielleicht nahm er sich deshalb aber etwas mehr zurück, unterstützte Gregg Bissonette am eigenen Schlagzeug oder verschwand auch hin und wieder kurz von der Bühne.

von links: Graham Gouldman (10cc), Gregg Bissonette, Colin Hay (Men At Work)

Seine Songs waren dann jedoch die Gänsehautmomente des Abends. Das selbstironisch angesagte „Don’t Pass Me By“,  „Act Naturally“ aus vergangenen „Help!“-Zeiten oder als absolute Höhepunkte „Yellow Submarine“ und „With A Little Help From My Friends“ vom epochalen „Sgt.Pepper“-Album.

Spätestens bei „Yellow Submarine“ stellte sich dann bei mir ein Grinsen ein, dass ich auch während der Heimfahrt und später beim Einschlafen nicht mehr los wurde.

Special guest: Klaus Voorman

Als zum Finale dann auch noch Klaus Voorman (seinerzeit als „fünfter“ Beatle gehandelt) auf die Bühne kam und alle gemeinsam „Give Peace A Chance“ von John Lennons Plastic Ono Band anstimmten, wurde es für fast alle Fans ein historischer Moment!

Sollte ich auch 77 Jahre alt werden, so kann ich noch lange von diesem geilen Konzert berichten.

Pressestimmen

Wie die Stadtparkbühne zum Starr-Club wurde

von Heinrich Oehmsen, Hamburger Abendblatt vom 11.06.2018

Von Krankheit keine Spur mehr: Ex-Beatle Ringo Starr serviert dem Publikum ein Hit-Potpourri und präsentiert einen Überraschungsgast.

Hamburg.  Von Krankheit keine Spur mehr. Ringo Starr, 77 Jahre alt, joggt wie ein Jungspund auf die Bühne im Stadtpark und geht gleich in die Offensive: "Ich weiß, dass ihr gestern alle hier wart. Wir waren auch hier, aber ich musste zum Arzt. Auch wenn ich auf der Bühne umfalle, macht euch keine Sorgen", scherzt er.

Gut, dass sein Tourplan nicht sehr eng gesteckt ist. Sonst hätte das am Sonntag ausgefallene Konzert von Ringo und seiner All-Starr Band nicht bereits einen Tag später nachgeholt werden können.

Viel Beatles-Geschichte im Programm

Es steckt viel Beatles-Geschichte in Ringos Show, nicht nur im Programm des Abends, sondern auch in den Outfits des Publikums. Viele ältere Fans haben ihre (erwachsenen) Kinder mitgenommen und tragen stolz ihre T-Shirts mit den Porträts der Fab Four, dem Zebrastreifen-Cover von "Abbey Road" und dem aktuellen Tour-Shirt von Ringo.

Los geht der Abend gleich mit Rock 'n' Roll aus der Zeit, als die Beatles noch in Hafenkaschemmen in Hamburg und Liverpool gespielt haben. Mit "Matchbox" von Carl Perkins eröffnet Ringo Starr den Abend. Ein großer Sänger ist er sicher nicht und vielleicht auch nicht der begnadetste Schlagzeuger im Rock-'n'-Roll-Geschäft. Aber Ringo hat Spaß. Spaß daran, alte Hits wie "Yellow Submarine" zu schmettern oder "Boys" aus alten Hamburger Tagen ("Das haben wir im Kaiserkeller gespielt").

Ringo verfügt über eine gehörige Portion Selbstironie: "Lange bevor ich die Beatles traf, habe ich eine Menge Songs geschrieben", sagt er lachend, "die alle nicht veröffentlicht wurden. Dann kam dieser." Und er stimmt das Schunkellied "Don't Pass Me By" an. Die Menge dankt es ihm, sie tanzt und klatscht. Die Rechnung geht auf. Ringo hat sie in der Hand.

Gregg Rolie war in Woodstock dabei

Mindestens ebenso wichtig sind die anderen Musiker seiner All Starr Band. Im Stadtpark steht Musikgeschichte auf der Bühne. Gregg Rolie war 1969 in Woodstock dabei, damals als Keyboarder und Sänger bei Santana. "Evil Ways", "Black Magic Woman" und Tito Puentes "Oye Como Va" aus den beiden ersten Santana-Alben steuert er zu diesem bunten Potpourri bei.

Ringo Starr, in kurzer schwarzer Lederjacke, hat sich schon nach dem zweiten Song hinter sein Schlagzeug zurückgezogen und überlässt seinen hochkarätigen Mitstreitern die Bühne.

Einen zweiten Schlagzeuger gibt es mit dem versierten Greg Bissonette auch noch. Ringo Starr lässt es sich jedoch nicht nehmen, seine Band in den höchsten Tönen zu loben. Gregg Rolie zum Beispiel nennt er den "John Wayne des Rock 'n' Roll".

Publikum ist verzückt von Steve Lukather

Geradezu verzückt ist das Publikum­ von Toto-Gitarrist Steve Luka­ther. Toto hat ja gerade vor ein paar Wochen ein ausverkauftes Konzert im Mehr!-Theater gegeben, jetzt steht dieser versierte Instrumentalist wieder auf einer Hamburger Bühne und spielt komplizierte Riffs.

"Rosanna" und "Hold The Line" sind die Toto-Klassiker, die auf dem Programm stehen. Aber die All Starrs haben noch viel mehr Stücke im Gepäck, die jeder kennt. Wie "Dreadlock Holiday", einen Hit von 10cc. Die britische Rockband wird an diesem Abend durch ihren Bassisten Graham Gouldman vertreten.

Auch Colin Hay gehört zur Combo. Früher hat er bei der australischen Gruppe Men At Work gespielt. Deren größte Hits fehlen an diesem Sommerabend nicht: "Down Under" und "Who Can It Be Now". Ringo beschließt den Abend mit "With A Little Help From My Friends".

Und präsentiert einen Überraschungsgast: Der Bassist Klaus Voorman kommt auf die Bühne, der Mann, der den Ehrentitel "Fünfter Beatle" trägt. Das Publikum ist begeistert von diesem und den vielen anderen "magischen Momenten". Sagt ein drahtiger Endfünfziger zu seinem Kumpel: "Ist das geil oder ist das geil?"