Status Quo: Furioser Abschied von E-Gitarren
(Quelle: Kristina Bischoff/NDR.de)
Dass ein ausdauerndes Rock'n'Roller-Leben auch an Größen wie den Status Quo nicht spurlos vorbei geht, belegt die aktuelle Tour der Kult-Rocker aus Großbritannien. "Last Night Of The Electrics" betitelt, nimmt Bandbegründer Francis Rossi darin Abschied vom E-Gitarrenspiel. Aus gutem Grund: Am Morgen danach tue ihm einfach alles weh, meint er. Arme, Beine und auch der Hals sei wund. Wo er ursprünglich vorhatte, zum Jahresende ganz aufzuhören, wird die Band künftig "nur" akustisch spielen. Bevor es soweit ist, haben es Status Quo und gut 8.000 Fans in der Barclaycard Arena noch mal richtig krachen zu lassen.
Wer braucht schon Deko?
Um kurz nach 21 Uhr geht es endlich los. Das Saal-Licht senkt sich, eine Art Fanfare schallt durch die Halle, bis die fünf Männer von Status Quo lässig ihre Bühne betreten. Die ist schlicht ausgestattet: vier weiße Gitarrenverstärker links, Schlagzeug und Keyboard auf einem Podest darüber, unter dem Bühnendach Stahlstreben für das Farblicht und eine dicke Verstärkeranlage. Das war's. Hier steht die Musik im Vordergrund. Oder aber Bandleader Francis Rossi. Der Zopf des drahtigen Londoners ist ab, die Haare trägt er nun kurz und grau, seine Figur ist schmal und sein Bühnenlook klassisch. In weißen Hemd, schwarzer Hose und Weste hat er seine knallgrüne Telecaster fest im Griff und schlägt die ersten Akkorde an.
Mit "Caroline" geht es in die erste Runde. Das Publikum macht sofort mit, reagiert per Kopfnicken und Mitklatschen. Zweifellos - ihr stürmischer Boogierock macht wirklich gute Laune. Und die wird noch mehr, als "The Wanderer" ertönt. Dann hat Bassist Rhino Edwards seinen Auftritt: Er übernimmt die Gesangsparts des kürzlich ausgeschiedenen Rick Parfitt. Der Partymacher der Band hatte im Juni einen bösen Herzinfarkt erlitten und verkündete vor gut zwei Wochen seinen Ausstieg.
Paddy stellt sich vor
Nach dem Ausstieg Rick Parfitts mussten Entscheidungen getroffen werden: Strafe zahlen und Fans enttäuschen - oder einen adäquaten Einsatz finden. Die Band entschied sich für Letzteres und engagierte Richie-Paddy Malone. Der junge, blonde Gitarrist aus Irland mit dem Kindergesicht bedient zwar noch nicht das Gesangsmikrofon, weiß aber, seine Power-Chords an der Gitarre kraftvoll zu schrubben. Und hat offensichtlich Spaß mit dem Stamm der Band aufzutreten.
In Hamburg ist es nur draußen kalt
Der Band-Stamm ist aber auch sehr unterhaltsam, verbreitet mit lustigen Anekdoten gute Laune im Publikum. So lässt Frontmann Francis Rossi alle wissen, dass es schön sei, wieder in Hamburg zu sein. "Wir mögen Hamburg und Deutschland. Im Unterschied zu England ist es bei Euch nur draußen kalt. Bei uns setzt sich die Kälte in den Häusern fort", quasselt er sich in Fahrt, um dann zum ersten Medley überzuleiten - und später zu verraten, warum Status Quo so gerne diese Song-Zusammenstellungen spielt: "Man schmeißt zusammen, was in der Summe weniger langweilig klingt".
Das ist schamlos untertrieben: "Anniversary Waltz" oder "Roadhouse Medley" heißen ihre Vermischungen, in denen sie abwechselnd keltisch ausgelassen abrocken oder derbe Stampfer auf ihre Fans loslassen - so wie in dem Potpourri mit den Songs "What You're Proposing", "Down the Dust Pipe", "Mountain Lady" und "Balls of Fire".
Sie können auch Art-Rock aus Bielefeld
Doch Status Quo kann auch auch anders und zelebriert Rock aus den frühen 70ern, inspiriert durch die Stadt Bielefeld und ihre dort lebenden Freunde Gerd und Ulla. Dazu darf Drummer Leon Cave an den Bühnenrand und einen Zacken leiser spielen, während vier Gitarren mit kunstvoll schrägen Tönen den Hörer erfreuen.
Danach geht es zurück in die Zukunft, in die 80er. "In the Army Now" ist der Megahit, bei dem das Publikum gerne die Chorstellen übernimmt. Darum geht die Band auch kurzfristig von der Bühne ab, überlässt sie Schlagzeuger Leon zum Solo, ehe es mit Kloppern wie "Roll Over Lay Down", "Down Down" und "Whatever You Want" spürbar in Richtung Finale geht. Fehlt nur noch einer - der Überhit "Rockin' all over the World". Der kommt nach gut 90 Minuten Show. Ob's das schon war?
Status Quo ziehen den Stecker
Mit einem weiteren Medley - durch "Burning Bridges" eingeleitet - geht es in die Zugabe. Das wild hüpfende Publikum stößt langsam an seine Konditionsgrenzen. Nach 105 Minuten und "Bye Bye Johnny", bei dem der ganze Saal freundlich mitsingt, ist dann Schluss. Die Band feiert sichtlich entspannt und glücklich ihr letztes Hamburg-Konzert, in dem elektrische Gitarren eine Hauptrolle gespielt haben. Doch selbst, wenn wir sie das nächste Mal "nur" noch akustisch erleben bleibt eines klar: E-Gitarren kann man den Stecker ziehen. Dem Rock'n'Roll von Status Quo aber noch lange nicht!