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Danke, Rainer!

The Australian Pink Floyd Show

Time – 30 Years Of Celebrating Pink Floyd

10.04.2018, Hamburg, Barclaycard Arena

Sobald bei uns auf der Terasse am Platz 1 das Thema „Konzerte“ zur Sprache kam, hat mir unser Rainer jahrelang immer wieder von dieser „sensationellen Australian Pink Floyd-Show“ vorgeschwärmt.

Als er (nicht nur) mich dann mit „Easy Livin'“ überraschte und sich nur wenig später die Australian Pink Floyd-Show in der Barclaycard-Arena ankündigte… da war das sozusagen eine Verpflichtung.

Na gut, eine Cover-Band in dieser großen Halle? Kann das funktionieren? Das fragten sich offenbar viele Hamburger und beantworteten dies für sich mit „Nein“! Die Halle war definitiv nicht voll, die oberen Hänge abgehängt und auch die sichtbaren Sitzreihen wiesen deutliche Lücken auf. Der Innenraum war voll bestuhlt und gut besetzt.

Das Publikum? Die letzten verbliebenen Rockfans, nicht immer leicht zu erkennen, neben vielen Kulturtouristen („Hinsetzen, ich kann nichts sehen!“) und Jungerwachsenen. Vermutlich der Nachwuchs der Erstgenannten, die endlich einmal hören und sehen wollten, was ihre Eltern da immer sooo toll fanden.

Und damit sind wir bei der Band: The Australian Pink Floyd Show versucht seit 1988, gealterten Pink-Floyd-Fans einen möglichst werktreu kopierten Konzert-Ersatz für das lange schon nicht mehr existente Original zu liefern. Während viele Cover-Bands dazu neigen, auch die Show und die Musiker zu kopieren (siehe The Musical-Box), legen die Aussies ihren Schwerpunkt eindeutig auf die Musik. Die bombastische Show (Videowand, Laser  aufblasbare Figuren…) lehnt sich mit ihren Elementen immer an Pink Floyd an, hat aber durchaus eigene Elemente!

Die Fanreaktionen sind dabei durchaus gespalten, die Kritiker hingegen haben die Band und die Show weltweit mehrfach ausgezeichnet.

Als dann die Lichter pünktlich um 20:00 Uhr erlöschen und das etwas düster und sphärische „Obscured By Clouds“ einsetzt, da entsteht für mich das einzige Mal an diesem Abend der Eindruck, hier würden tatsächlich die Könige des Prog-Rock wieder auferstanden sein. Die Band steht hinter einen weißen Vorhang, auf dem durch wechselnde Schweinwerferpositionen nur die Schattenbilder der Musiker zu sehen sind. Als dieser Vorhang schließlich fällt, ist diese Illusion dann auch vorbei.

Die Musik und (insbesondere) der Sound sind nahezu perfekt! Das ist wirklich unglaublich gut.

 

Die Musiker sind immer dann besonders gut, wenn sie nah am Original bleiben. Sobald es „kreativ“ wird… aber das ist vielleicht auch Geschmacksache?

„One Of These Days“ ist an diesem Abend für mich so ein Beispiel, wo etwas zu viel „gegniddelt“ wird. Vielleicht lag es aber auch am Riesenkänguru?

Die Auswahl der Songs geht querbeet durch alle Alben und Phasen der Band und trifft nach meiner Beobachtung nicht immer den Geschmack des Publikums.

Als nach der Pause (ja, nach einer Stunde folgte eine 20minütige Pause!) sogar „See Emily Play“ aus dem Jahr 1967 gespielt wurde, konnten die „späten“ Pink Floyd-Fans damit gar nichts anfangen. Es soll ja immer noch Fans geben, die kennen nur „The Wall“!

Daher gibt es bei den bekannteren Stücken auch keine Mißverständnisse, „Fat Old Sun“ und „Sorrow“ bremsten die Euphorie jedoch etwas.

Euphorie ist auch so ein Stichwort. Während der weitaus überwiegende Teil des Publikums mehr dem Klang frönte, schienen vereinzelte Fans im Publikum richtig auszurasten. Wenn sich in den freundlichen Applaus so vereinzelt ekstatische Jubelschreie mischen… das fällt dann doch auf.

Aber ich will diesen Abend nicht schlecht reden. Das Konzert hat wirklich Spaß gemacht und die Band hat sicher viel mehr Zuschauer verdient. Mit einer realen Spielzeit von knapp zwei Stunden bekamen die Fans auch einen ordentlichen Gegenwert

Es war meiner Meinung nach auch keine tumbe Cover-Band, der selbstgewählte Begriff einer Tribute-Band trifft die Sache viel mehr.

Und daher war Rainers Begeisterung nicht nur verständlich sondern auch absolut berechtigt!

Hier zum Schluss die Setlist:

  • Obscured by Clouds
  • When You’re In
  • In the Flesh?
  • Shine On You Crazy Diamond (Parts I-V)
  • Shine On You Crazy Diamond (Parts VI-IX)
  • Young Lust
  • The Great Gig in the Sky
  • Us and Them
  • The Happiest Days of Our Lives
  • Another Brick in the Wall Part 2

Pause

  • See Emily Play
  • Pigs (Three Different Ones)
  • Wish You Were Here
  • Fat Old Sun
  • Sorrow
  • One of These Days
  • Run Like Hell

Zugabe:

  • Time
  • Breathe (Reprise)
  • Comfortably Numb

Und wenn ich überhaupt etwas zu bemängeln hätte… ich hätte so gern „Money“ gehört. Vielleicht beim nächsten Mal? Wer nicht so lange warten möchte, hier als kleiner „Vorgeschmack“ ein Konzert der „Eclipsed By The Moon“-Tour!

Spät, aber nicht zu spät….

Elton John

Wonderful Crazy Night Tour

05.12.2017, Barclaycard Arena, Hamburg

Die Überschrift ist nicht nur doppel-, nein: sogar trippeldeutig… falls es den Begriff überhaupt gibt.

Zunächst wollte Sir Elton bereits im Sommer in Hamburg auftreten. Allerdings kam ihm, wie vielen anderen, der G20-Gipfel dazwischen.

Zum Zweiten muss der erfahrene Konzertgänger ja nicht mehr auf die Karten schauen. Konzerte fangen ja immer um 20:00 Uhr an! Und während Mann noch mal ganz entspannt „für kleine Jungs“ geht,  hört er (also ich!) richtig starke Musik, eine echt geile Live-Version von „Bennie & The Jets“.

„Das hört sich ja an wie… der hat doch noch nicht angefangen….?!“

„Der“ hatte tatsächlich schon angefangen!

Ein rechtzeitiger Blick auf die Karte, und wir wären nicht erst beim zweiten Song auf unseren Plätzen gewesen…

Und zum Dritten: Elton John war ein Künstler, den wir auch endlich einmal live sehen wollte. Während man aber neulich Neil Diamond doch schon deutlich sein fortgeschrittenes Alter ansah und auch anhörte, so strotzte Elton John an diesem Abend stimmlich und musikalisch richtiggehend vor Kraft.

Insofern galt es dreimal: spät, aber nicht zu spät! Hier fand nämlich ein richtiges Rockkonzert mit fettem Sound und ganz vielen Höhepunkten statt!

Ein Hit jagte den nächsten, hin und wieder unterbrochen von ruhigen Nummern oder richtig tollen und ausufernden Improvisationen.

„Rocket Man“ schien fast 10 Minuten zu dauern und die intensive Version von „Levon“ machte wirklich Druck… pure Rockmusik und für den Gitarristen Davey Johnstone (immer noch die gleiche Frisur wie in den 70ern???) die Gelegenheit, sich richtig auszutoben! Oder „Tiny Dancer“! Für mich immer ein Song, den man hören konnte, mehr aber auch nicht. Im Konzert entwickelte der Song heute Abend eine ganz eigene Kraft. Einfach nur beeindruckend!

Dann der berührende Moment, in dem Elton John vom Tod seiner Mutter am Vortage erzählte und ihr „Your Song“ widmete.

Ein Meer aus Handy-Lampen zu „Your Song“

Musikalisch und vom Sound war das damit eines der besten Konzerte, die ich bisher gesehen habe. Was die Show anging… die war eigentlich nicht vorhanden. Eine schmucklose Bühne mit einer Videowand im Rücken, die verschiedene Hintergründe passend zu den Songs zeigte, dazu rechts und links oberhalb der Bühne zwei Videowände, auf denen die Musiker gezeigt wurden.

Damit war der Fokus eindeutig auf die Musik gerichtet und das reichte auch völlig aus.

Trotz des Trauerfalls, schien Elton John, ebenso wie seine großartige Band, das Konzert zu genießen.

Die Musiker, insbesondere Matt Bissonette (bg) und Davey Johnstone (g) scherzten miteinander, gingen auf das Publikum ein und sogar Elton John nutzte eine kurze Pause, um den Fans in der ersten Reihe Autogramme zu geben.

Autogramme für die Fans in der ersten Reihe!

Setlist:

  • The Bitch Is Back
  • Bennie and the Jets
  • I Guess That’s Why They Call It the Blues
  • Take Me to the Pilot
  • Daniel
  • Looking Up
  • A Good Heart
  • Philadelphia Freedom
  • I Want Love
  • Goodbye Yellow Brick Road
  • Tiny Dancer
  • Levon
  • Rocket Man (I Think It’s Going to Be a Long, Long Time)
  • Have Mercy on the Criminal
  • Sorry Seems to Be the Hardest Word
  • Your Song
  • Sad Songs (Say So Much)
  • Don’t Let the Sun Go Down on Me
  • I’m Still Standing
  • Crocodile Rock
  • Your Sister Can’t Twist (But She Can Rock ’n Roll)
  • Saturday Night’s Alright for Fighting

Zugabe:

  • Candle in the Wind

Als Elton John dann nach knapp zwei Stunden alleine am Klavier „Candle In The Wind“ als letzten Song spielte, da hätte es von mir aus noch zwei Stunden weiter gehen dürfen.

Und wenn es überhaupt einen Wermutstropfen gab: ich hätte gerne noch ein paar Songs von meinem absoluten Fav-Album „Captain Fantastic“ gehört…

Aber es gibt noch soooo viele Songs. Also wird es ein Wiedersehen geben müssen. Er hatte es heute Abend sogar versprochen!

Der Schlussakkord!
Pressestimmen

Elton John verzaubert Hamburg

Ein großer Sänger, ein großer Songwriter, ein großer Musiker: Am Dienstagabend hat Superstar Elton John Tausende Fans in der Hamburger Barclaycard Arena auf eine epische Reise mitgenommen - von Hit zu Hit durch fast fünf Jahrzehnte seiner unvergleichlichen Musikkarriere.

Bis zuletzt war nicht klar, ob Elton John sein im Juli abgesagtes Konzert wirklich geben würde. Die erste Show in Hamburg nach sieben Jahren - und das einen Tag nach dem Tod seiner Mutter Sheila. Auf Twitter schrieb er am Montagmorgen: "Ich bin schockiert (...) Vielen Dank für alles. Ich werde dich so sehr vermissen." Jahrelang hatten Mutter und Sohn nach einem Streit keinen Kontakt miteinander. Nach ihrem 90. Geburtstag dann die Versöhnung und zwei Jahre später ihr Tod. Wer hätte es dem Weltstar da verdenken können, im Stillen zu trauern. Stattdessen schien er seinen Schmerz mit auf die Bühne zu bringen, in Musik zu hüllen und zu einem emotionalen Feuerwerk zu verwandeln. Um 19.36 Uhr war für die fast ausverkaufte Halle klar:

"The Bitch Is Back"

Gelbe Sonnenbrille, ein Hemd in Magenta, Pailletten-bestickter Longblazer mit Flamingos auf dem Rücken, pinke Schuhe, fetter Brilli im Ohr - ganz der gewohnte Paradiesvogel, stürmt er auf die Bühne und beweist ein Mal mehr: 70 Jahre hin oder her, die Zeit scheint für ihn keine Rolle zu spielen. 1998 hat die Queen ihn zum Ritter geschlagen und fast 20 Jahre später nimmt Sir Elton John immer noch die größten Konzerthallen auseinander. Für den rockigen Startschuss mit "The Bitch Is Back" und "Bennie and the Jets" gibt's vom Publikum tosenden Applaus und Standing Ovations. Niemand nimmt dem britischen Musikgenie seine spontane Absage im Juli krumm. Wegen des G20-Gipfels hatte sein Jet nicht in Hamburg landen dürfen. Trotzdem entschuldigt er sich kurz. "Endlich sind wir da. Ich hoffe, ihr genießt es", brummt er ins Mikrofon. Nur um dann sofort wieder zu "I Guess That's Why They Call It The Blues" und "Take Me To The Pilot" leidenschaftlich auf die Tasten des riesigen Flügels einzudreschen. Er ist eben ein ...

"Rocket Man"

Dass der Meister und seine fünfköpfige Band aber noch viel mehr können als "nur" Gas zu geben, wird spätestens bei souligen Nummern wie "A Good Heart" klar - seinem Lieblingssong vom aktuellen Album. "Oh it's a good heart to be a part of" schmettert Elton John und die gesamte Barclaycard Arena zerfließt unter dem Klang seiner einzigartigen Stimme. Dass die aber auch nur eine der vielen musikalischen Komponenten ist, die diesen Mann zu einem solchen Ausnahmetalent machen, beweist er mit einem grandiosen Piano-Solo in "Levon". Sein Publikum kann sich kaum noch auf den Stühlen halten und als er dann auch noch fließend in eine epische Version des Megahits "Rocket Man" übergeht interessiert es niemanden mehr, dass dieses Konzert eigentlich mal zum Sitzen gedacht war. Mit den Worten "Ihr seid fantastisch" bedankt sich Sir Elton. Die Konzertenergie scheint ganz in seinem Sinne zu sein, denn:

"I Want Love"

Schon immer hat Elton John Geld gespendet und sich politisch positioniert. Auch dieses Konzert verstreicht nicht ohne ein klares Statement: "Wir leben aktuell in einer sehr gemeinen und bösen Welt." Dabei bezieht er sich auf die jüngsten Attentate, den allgegenwärtigen Hass, aber auch auf das Fehlen wahrer Führungspersönlichkeiten. Für den Satz "Wir haben momentan in keinem Land einen respektablen Anführer" erntet er tosenden Applaus. Als Musiker würde er sich wünschen, dass die Menschen liebevoll zusammenrücken, sagt er und widmet "I Want Love" als nächsten Song "denen, die lieben".

Nicht die einzige Nummer, die der Pop-König an diesem Abend jemand Besonderem widmet. Nach der Hälfte des Konzerts scheint er bereit zu sein und berichtet den mitfühlenden Fans von seinem Verlust. Die ganze Zeit habe er überlegt, wie er seine Mutter an diesem Abend würdigen könnte. Entschieden hat er sich letztendlich für eine ergreifende Version des Evergreens "Your Song". 1969 soll er die Melodie innerhalb von zehn Minuten komponiert haben. Der Text dazu ist am Frühstückstisch seiner Mutter entstanden - auf ein fettiges Blatt Papier mit Kaffeeflecken gekritzelt. Dieser Song wurde Elton Johns erster ganz großer Hit. Was wäre also passender als ihn am Dienstagabend in Hamburg für seine Mutter zu singen? Wenngleich dieser Moment den emotionalen Tiefpunkt des Abends markiert, kippt in keiner Sekunde die gesamte Stimmung. Vielmehr kreiert der Megastar ein kurzes kollektives Innehalten, um dann mit Klassikern wie "Crocodile Rock", "Don't Let The Sun Go Down On Me" und "I'm Still Standing" wieder Tanzvibes zu verbreiten. Sein Publikum groovt, singt, klatscht und genießt den lang ersehnten Konzertabend.

"Candle In The Wind"

Und als wären das alles noch nicht genug Hits, Emotionen und Höhepunkte gewesen, spendiert Elton John als Zugabe das berühmte "Candle In The Wind". Ursprünglich hatte er den Song für Marilyn Monroe geschrieben, aber 1997 sang er ihn auf der Beerdigung seiner Freundin Prinzessin Diana in der Westminster Abbey mit einem neuen Text. Die Single verkaufte sich am ersten Tag danach über 650.000 Mal, in der ersten Woche 1,5 Millionen Mal und heute ist sie mit 4,75 Millionen die meistverkaufte Single aller Zeiten. Gemeinsam mit den Tausenden Fans am Dienstagabend singen wir nun "And your footsteps will always fall here", lieber Elton. Wir nehmen dein Versprechen, noch einmal wiederzukommen, sehr ernst.

Elton John gedenkt seiner Mutter bei Konzert in Hamburg

Von Heinrich Oehmsen, Hamburger Abendblatt v. 05.12.2017
Der Weltstar raste von Hit zu Hit. Dann wurde es ergreifend: Am Tag nach dem Tod seiner Mutter widmete er ihr einen besonderen Song.

Hamburg.  Kommt er? Oder kommt er nicht? Ganz sicher war sich die Konzertagentur Karsten Jahnke nicht, ob Elton John sein im Juli abgesagtes Konzert am Dienstag nachholen würde. Erst am Montag war die Mutter des britischen Popstars im Alter von 92 Jahren gestorben. Auf Twitter hatte Sir Elton ihr "eine gute Reise" gewünscht, doch es war nicht klar, wie er mit der Todesnachricht umgehen würde.

Als sein Privatflugzeug am Nachmittag in Fuhlsbüttel landet, ist klar: "The Bitch Is Back". Um 19.36 Uhr kommt Elton John auf die Bühne der Barclaycard-Arena. Wie gewohnt im Outfit eines Paradiesvogels: Sonnenbrille, magentafarbenes Hemd, langgeschnittenes Glitzerjacket, pinkfarbene Schuhe – und einen dicken Brilli im Ohr.

Mit "The Bitch Is Back", dem Klassiker aus dem Jahr 1974, legt er gleich mächtig los. Als "bitch", abfälliger britischer Ausdruck für "Schlampe", bezeichnet Elton John sich selbst. Wer ihn als Schnulzensänger abtun möchte, wird schon bei den ersten Takten eines Besseren belehrt. Sir Elton, 1998 von der Queen zum Ritter geschlagen, rockt die fast ausverkaufte Halle.

Drummer Nigel Olsson, seit den späten 60er-Jahren der Trommler an Johns Seite, und Perkussionist John Mahon prügeln auf Becken und Felle, was das Zeug hergibt. Und Sir Elton haut auch nicht gerade feinfühlig in die Tasten, sondern bearbeitet sie im Stakkato.

Elton John entschuldigt Absage wegen G20-Gipfel

Mit dem ersten Takt springt das Publikum von den Sitzen der komplett bestuhlten Arena und feiert das Idol von der britischen Insel. Elton John ist bei seinen Auftritten seine eigene Musikbox. 450 Millionen Platten hat er seit Beginn seiner Karriere verkauft und in den fast fünf Jahrzehnten seiner Karriere mehr Hits geschrieben als die meisten Pop-Kollegen.

Mit "Bennie And The Jets" und "I Guess That's Why They Call It The Blues" geht der Reigen weiter. Davey Johnstone setzt auf seiner Gibson-Gitarre rockige Akzente, während im Hintergrund auf einer Videoleinwand fette blaue Tropfen herunterfallen.

Nach dem zweiten Song entschuldigt sich Elton John kurz für die Absage im Juli, als er wegen des G-20-Gipfels keine Landeerlaubnis für sein Flugzeug erhalten hatte und den Auftritt absagen musste. "Endlich sind wir da", bemerkt er kurz und gibt zusammen mit seiner fünfköpfigen Band weiter Gas.

Gerade die ersten Nummern der Show sind mit viel Wucht und etwas schneller gespielt als die Studioaufnahmen. Es wirkt, als habe der Meister es eilig. "Looking Up" kommt knüppelhart um die Ecke; "The Good Heart", Elton Johns Lieblingssong von seiner aktuellen Platte "Wonderful Crazy Night", zeigt ihn von seiner souligen Seite. Der Pop-Ritter ist gut bei Stimme an diesem Abend.

"Your Song" widmet er seiner Mutter

Elton John gehört zu den Künstlern, die sich immer politisch geäußert haben und von ihrem Reichtum abgegeben haben. Bevor er "I Want Love" singt, beklagt er den Hass in der Welt und die verheerenden Anschläge auf unschuldige Menschen. Viel Beifall erhält er für seinen Satz, dass es gegenwärtig keinen verlässlichen Regierungschef auf der Welt gebe. Amerika bezeichnet er als verkommen. Natürlich zielt der Satz auf den US-Präsidenten, doch das Wort Trump nimmt Sir Elton nicht in den Mund.

Es dauert fast eine Stunde, bis mit "Tiny Dancer" die erste langsame Nummer im Programm auftaucht. Doch so richtig besinnlich geht es nicht weiter. Bei "Levon" zeigt John in einem furiosen Solo, was für ein versierter Pianist er ist. Ein weiteres langes Klavier-solo geht über in eine epische Version des frühen Hits "Rocket Man". "You're fantastic", bedankt Elton John sich für die Ovationen. Erst nach 90 Minuten singt er mit "Sorry Seems To Be The Hardest Word" die erste Ballade.

"Your Song" widmet er seiner Mutter in einer ergreifenden Interpretation. Doch trübe Stimmung lässt er nicht aufkommen. Zum gar nicht traurigen "Sad Songs" wird zwischen den Sitzreihen getanzt, bei "Don't Let The Sun Get Down On Me" erinnert eine Projektion an den verstorbenen George Michael, mit dem Elton John die Nummer im Duett gesungen hat. Mit "I'm Still Standing", "Crocodile Rock" und "Saturday Night's Right For Fighting" hat Elton weitere Kracher im Programm. Das Publikum singt mit und feiert dieses Hit­feuerwerk ausgelassen.

Um 21.48 Uhr geht das Best-of-Programm mit "Candle In The Wind" zu Ende. Elton John wird mit Beifall überschüttet, er wirf Kusshände in die Menge und muss sich sputen, um nach Fuhlsbüttel zu kommen. Dort wartet bereits sein Privatflugzeug, das ihn zur nächsten Station seiner laufenden Europa-Tournee bringen wird. Heute Abend ist das Grimaldi-Forum in Monte Carlo seine Bühne. Ovationen sind garantiert.

 

 

Und das soll es jetzt gewesen sein?

Deep Purple

The Long Goodbye Tour

30.05.2017, Barclaycard Arena, Hamburg

Ich habe es mal kurz überschlagen. Vor knapp 46 (sechsundvierzig!) Jahren bekam ich „Deep Purple In Rock“ in die Finger und löste damit bei uns zuhause ein kulturelles Erdbeben aus. Mein Vater legte die ihm damals völlig unbekannte Schallplatte in meiner Abwesenheit auf und… in anderen Kreisen wäre ich vermutlich enterbt worden. Der Schock war riesig und wir kamen zeitlebens nicht mehr auf einen gemeinsamen Musikgeschmack.

Und heute stehe ich mal wieder erwartungsvoll bei einem Purple-Konzert in einer Halle und kann es noch nicht wirklich glauben. Das soll es wirklich gewesen sein? Das Erlebnis mit „In Rock“ war doch gerade eben erst…. Aber die Band hat mit dem aktuellen Album Infinite und dem Titel der Tour ein deutliches Zeichen gesetzt. Das Ende nähert sich zumindest.

Das „Golden-Circle“-Armband!

Während ich beim Status Quo-Auftritt am gleichen Ort noch über die „Golden-Circle“-Karten gelästert hatte, stehe ich zur Feier dieses Ereignisses selber in dem abgegrenzten Bereich vor der Bühne und finde es… eigentlich geil! Hier habe ich doch ein bisschen mehr Platz, kann mich frei bewegen und werde beim Fotografieren nicht ständig angerempelt. Was so ein Armband doch ausmacht 🙂

Monster Truck

Aber jetzt lassen wir es endlich krachen. Und damit sind wir dann auch schon bei der Vorband. Auch hier, wie seinerzeit bei den Rival Sons, hat das Management ein glückliches Händchen bewiesen. Monster Truck aus Kanada spielen eine deutlich an den 70ern orientierte Mischung aus Hard-, Blues- & Southern-Rock. Das macht (mir) unheimlich Spaß, das Set hätte unter anderen Umständen durchaus länger dauern dürfen. Also kommt auch heute ein Name auf meinen Merkzettel. Mal sehen, wann die Monster Truck-Jungs wieder in der Gegend sind.

 

Als dann nach einer kurzen Umbaupause in der nicht ganz gefüllten Halle die Lichter ausgehen und Ian Gillan mit dem sakralen Sprechgesang das brandneue „Time For Bedlam“ einleitet, da sind alle diese Gedanken und Überlegungen vergessen.

Deep Purple

Die Band startet dynamisch, wuchtig, voller Präzision und so geht es für knapp 100 Minuten von einem Highlight zum nächsten. Alle alten Kracher, ob „Fireball“, „Strange Kind Of Woman“, „Bloodsucker“ oder „Lazy“ erwachen erneut zum Leben. Daneben stehen dann aber auch schon die aktuellen Stücke „Johnny’s Band“, „Uncommon Man“, „The Surprising“, „Birds Of Prey“ und „Hell To Pay“.  Für mich geht die Geschichte nahtlos weiter und wenn man diesen Songs Zeit geben könnte… ich glaube auch das wären eines Tages Klassiker.

 

Die Bühne wird dominiert durch eine riesige Videowand, neben Livebildern aus diversen Kameras werden auch immer passende Motive zu den jeweiligen Songs eingeblendet. Unterhalb der Videowand sind die Lautsprecherwände als Eismauern dekoriert, passend zum Design des neuen Albums. Das alles passt optimal zur Musik, nicht effektheischend und trotzdem effektvoll!

Gegen Ende des Konzerts scheint Ian Gillan dann aber Probleme mit der Stimme zu bekommen. Ich beobachte häufig, wie er mit weggehaltenem Mikro deutlich hustet. Als dann im Zugabenteil auch noch „Highway Star“ durch extrem ausgedehnte Improvisationen zwischen Don Airey und Stever Morse übersprungen wird, ist das für mich ein weitere Hinweis darauf. Trotzdem macht dieser Mann einen tollen Job. Mit 71 Jahren  ist vermutlich jedes Konzert für einen Rocksänger eine Art Marathonlauf.

Don Airey war für mich lange Zeit immer „nur“ der Nachfolger von Jon Lord, aber heute Abend haute er ein Keyboardsolo raus, vor dem sich auch Jon Lord verbeugen würde! Ich hätte noch eine halbe Stunde länger zuhören können. Das war ein perfektes „Erkennen-Sie-Die-Melodie“-Solo bei dem ich mit dem Zählen nicht mehr mitkam. Der Höhepunkt war dann „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“! Wenn da noch der blonde Hans auf die Bühne gekommen wäre… mich hätte es nicht gewundert.

Über Ian Paice, Roger Glover und Steve Morse noch extra Worte verlieren? Ich würde Eulen nach Athen tragen. Auch heute erlebte ich sie als perfekte Musiker. Von „alten Männern“ konnte in dem Zusammenhang keine Rede sein!

 

Wie ich am Anfang schon schrieb… ein Highlight jagte das Nächste und schließlich kamen dann auch die Songs, die seit Jahren immer zum Ende der Show kommen! Natürlich „Smoke On The Water“ und ganz zum Schluss „Hush“ und „Black Night“.

Smoke On The Water

Ich werde wohl nie im Leben einen meiner ersten Lieblingssongs dieser Band live erleben. „Flight Of The Rat“ hat es, soweit ich weiß, nie auf eine Setlist geschafft. So auch heute nicht und das war dann für mich auch der einzige Wermutstropfen.

Denn ganz ehrlich: nach so einem Auftritt kann es eigentlich noch nicht zu Ende sein…

…in Hamburg sagt man Tschüss
Pressestimmen

Deep Purple in Hamburg: Ein letztes Mal Luftgitarre?
(Quelle: Tino Lange, Hamburger Abendblatt v. 30.05.2017)

Hamburg. "Es hat nie einen coolen Keyboard-Spieler gegeben, außer Elton John", ist einer der zahlreichen launischen Sprüche von Noel Gallagher. Er übertreibt gern, der streitbare Lautsprecher. Deep-Purple-Gründer Jon Lord, gestorben 2012, war nämlich auch cool. Und auch sein Nachfolger Don Airey weiß zumindest, was er tut beim Konzert der britischen Hardrocker am Dienstag in der Hamburger Barclaycard Arena.

Einen Teppich aus Orgelläufen unter das Trommelgedonner von Ian Paice, die Riff-Kaskaden von Steve Morse, die Bassläufe von Roger Glover und die immer noch kernige Stimme von Ian Gillan ausrollen. Und beim Solo "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" und die Nationalhymne einbauen. Ein anstrengender Job mit 68 Jahren.

Die Songs aus den frühen 70ern kommen am besten an

Vielleicht ein Grund, warum die Tour "The Long Goodbye Tour" heißt. Es ist keine offizielle Abschiedsreise, aber man möchte sich wohl zumindest die Option offen halten, falls es die Gesundheit nicht mehr zulässt. Ian Paice musste vor einem Jahr nach einem leichten Schlaganfall das erste Mal in 50 Purple-Jahren Konzerte absagen. Das gibt zu denken. Im Hamburg aber trommelt Paice wie ein Duracell-Hase, beginnend beim Opener "Time For Bedlam" vom neuen Album "Infinite" und dem ersten Klassiker "Fireball" aus dem Jahr 1971. Beeindruckend, was der Mann an den Kesseln abliefert.

Passend begleitet von einer großen Videoleinwand geht es im Wechsel durch altes und neues Material, von "Strange Kind Of Woman" zu "Johnny's Band", wobei natürlich die Songs aus den frühen 70ern Marke "Space Truckin'" am besten ankommen beim übersichtlichen Publikum. Wo andere Hardrock-Pioniere mit vermeintlichen (Scorpions) oder tatsächlichen (Black Sabbath) Abschiedstourneen noch einmal große Arenen füllen, kommen am Dienstag nur knapp 5500 gut aufgelegte Besucher, um vielleicht (!) ein letztes Mal bei "Smoke On The Water" hinten im Innenraum die Luftgitarre aus dem Luftkoffer zu holen.

Sei es drum, sie bekommen nach 100 Minuten, nach "Hush" und einem Bass-Solo von Roger Glover mit "Black Night" das würdige Finale eines schön erdigen, hart rockenden Konzertabends. Am 8. Juli spielt an gleicher Stelle übrigens Elton John. Cool, oder?

Die alten Hardrock-Haudegen lassen es krachen

(Quelle: Gérard Otremba auf Sound & Books)

Das Warten auf „Smoke On The Water“ dauert knapp 80 Minuten. Dann endlich erklingt am 30.05.2017 der berühmteste Gitarren-Rock-Riff aller Zeiten durch die Hamburger Barclaycard-Arena. Das Publikum gerät nicht in Ekstase, schließlich ist die Hälfte davon damit beschäftigt, diesen Augenblick mit ihrem Smartphone festzuhalten, aber selbstverständlich brandet ein frenetischer Jubel aus, als Steve Morse in die Saiten greift. Beste Unterhaltung boten Deep Purple schon vorher.

Der Einstieg in das Hamburg-Konzert der „The Long Goodbye Tour“ ist mit dem monströsen „Time For Bedlam“ von neuen Album Infinite, mit dem Geschwindigkeitsrausch von „Fireball“, dem deftigen „Bloodsucker“ und dem Klassiker „Strange Kind Of Woman“ schlicht spektakulär. Ian Gillan presst, was das Zeug hält, oder seine Stimmbänder mit 71 Jahren noch hergeben, Morse und Keyboarder Don Airey setzen mit ersten Soli Akzente, Bassist Roger Glover und Schlagzeuger Ian Paice, einziges Ursprungsmitglied der Hardrock-Institution, geben Gas.

Von diesem Beginn müssen sich alle erstmal erholen, und so fällt der Mitteilteil des Deep Purple-Auftritts im Vergleich zum Beginn und dem Ende etwas ab. Was schlicht daran liegt, dass die neueren Songs nicht an die Klasse der alten heranreichen. Das ist nicht weiter tragisch, aber „Johnny’s Band“, „Uncommon Man“, „The Surprising“, „Birds Of Prey“ und „Hell To Pay“ sind lediglich gute und solide Deep Purple-Ware. Ausreichend, um die Virtuosität der einzelnen Bandmitglieder zu unterstreichen, aber die Halle zum Kochen bringen sie nicht.

Unterbrochen wird die Passage der neuen Songs von „Lazy“, dessen Orgelintro fast schon zu einer narzisstischen Einlage Aireys gerät. Gillans Gesang ist hier nicht ganz so prägnant wie das Zusammenspiel seiner Kollegen, doch für einen Urschrei reicht es allemal. Nachdem Don Airey seine Fingerfertigkeit an den Tasteninstrumenten zwischen Kirchenorgelpomp und „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ zur Schau gestellt hat, gelingt dem Quintett ein irrsinnig gutes  „Perfect Strangers“ und bei „Space Truckin‘“, von Gillan mit einem teuflischen Lachen eingeleitet, läuft die Maschinerie zwischen Glover und Paice auf Hochtouren.

Aufgrund der ständigen Gitarren- und Keyboardsoli stehen die beiden ein wenig im Schatten von Morse und Airey, die sich auch während der ersten Zugabe „Hush“ einen instrumentalen Schlagabtausch liefern. Zwischen „Hush“ und dem donnernden „Black Night“ dürfen Glover und Paice dann als Duo den Applaus einheimsen. Die Power bei „Smoke On The Water“ als Höhepunkt vor den Zugaben ist noch da, einzig das Fehlen des besten Deep Purple-Songs „Child In Time“ hinterlässt einen Wermutstropfen. Mal sehen, wie lange die „Goodbye Tour“ von Deep Purple dauert, vielleicht besteht ja noch die klitzekleine Chance, diesen ewigen Klassiker live zu Gehör zu bekommen.

Konzertbericht Monster Truck und Deep Purple - Hamburg

(Quelle: Andreas Lewandowski auf BundUndTon)

Newcomer Retro Rocker "Monster Truck" und Hardrock Veteranen "Deep Purple" in der Barclaycard Arena, Hamburg 30.05.2017. Am Dienstagabend, den 30.05.2017, versammelte sich die Hard-Rock Gemeinde in der Arena in Hamburg. Rund 5.500 Fans hatten die Arena gut gefüllt.

Pünktlich um 20.00 Uhr stürmen die kanadischen Musikern "Monster Truck" auf die Bühne. Während der Drummer der Hamburger Location angepasst im "St. Pauli-Totenkopfshirt" hinter den Drums seinen Platz einnimmt, prügelt der Gitarrist Jeremy Widerman die ersten Riffs von "Old Train" vom ersten Album "Furiosity" (2013) mit nacktem Oberkörper in das Publikum. Genauso energiegeladen kommen die nächsten beiden Songs vom aktuellen Album "Sittin' Heavy" von der Bühne.

Die markige Stimme von Bassist Jon Harvey wird bei "The Enforcer" vom Chorgesang der anderen Bandmitglieder begleitet. Ausgedehnte Gitarrensoli treiben die Songs voran. Dass die Band auch ruhige Songs gut rüberbringt beweisen sie mit dem langsamen Bluesrock-Titel "For the Sun". Im letzten und 8. Song des Sets wird mit "The Lion" der eingängige Riff-Rock zelebriert. Auch wenn "Monster Truck" mit Ihrem Retro Rock nicht wie die nachfolgenden "Deep Purple" Musikgeschichte schreiben werden, sondern eher Elemente der 70er Hard-und Bluesrock solide mischen und daraus knackige Songs machen, hat dieser Auftritt richtig Spaß gemacht und war mehr als ein bloßes Vorprogramm.

Dann kündigt sich der Auftritt von Deep Purple an. Die Fans hoffen natürlich, dass der Auftritt nicht so unterkühlt sein wird wie das auf die Riesenleinwand hinter der Bühne projezierte Bild. Dort sind die Köpfe der Band in Reminiszens zum" Mount Rushmore"-Cover von "Deep Purple in Rock" nun in einen Gletscher gemeißelt. Für diese Besorgnis gibt es aber keinen Grund. Die Band steigt gleich mit "Time for Bedlam" einem neuen Song des aktuellen 20. Studioalbums "Infinite" ein. Dieser Song vereinigt noch einmal all das was diese Band hat groß werden lassen - grandiose Melodieführung - das Wechselspiel von Gitarrensoli und Keyboard / Hammond Orgel auf einem Rhythmusteppich von knüppelnden Drums und virtuosem Bass.

Die Tour steht unter dem Motto 'Infinite' - The Long Goodbye Tour - und ist damit auch bei der Songauswahl eine Werkschau. Mit den 3 folgenden Stücken "Fireball" "Bloodsucker" und "Strange kind of woman" wird auf die wohl erfolgreichste Zeit der Band Anfang der 70er zurückgegangen. Gerade bei "Fireball" und "Bloodsucker" nimmt die Band richtig Fahrt auf. Sämtliche Songs haben ihre Ausdruckskraft nicht verloren. Die Gitarrensoli von Steve Morse werden von Keyboard-Orgien abgelöst und es entwickelt sich ein Duell zwischen Sänger Ian Gillan und Steve. Es folgen diverse Stücke von den neueren Alben, die die Band etwas geruhsamer angeht. Bei dem ausgedehnten Keyboard-Solo beweist Don Airey noch einmal , dass er die würdige Nachfolge von Jon Lord angetreten hat.

Hier wechseln klassische Einsprengsel mit "Auf der Reeperbahn nachts..." um dann in voluminösen Hammond-Kaskaden zu enden. Mit "Perfect Strangers" geht es dann in die rasante Endphase des Konzerts. Mit dieser Hymne hatte die Band mit der wechselvollen Geschichte eine neue Hochphase eingeleitet als sich 1985 die legendäre, sogenannte MK II Besetzung erneut formierte. Bei den letzten beiden Stücken kommen dann die Fans der ersten Stunde wieder auf Ihre Kosten. Mit "Space Truckin' und dem legendären "Smoke on the Water" beweisen Deep Purple Ihre Durchschlagskraft und reißen das Publikum förmlich mit.

In der Zugabe werden die Stücke "Hush" und die damalige Single "Black Night" durch ein Zwiegespräch zwischen Bassist Glover und Drummer Paice verbunden, bei dem Glovers virtuose Bassläufe vom hämmernden Schlagzeug des Ian Paice unterlegt werden. Am Ende sind die Fans hochzufrieden und hoffen, dass es sich bei dem Auftritt tatsächlich um eine "Long Goodbye" und nicht um ein "Last Goodbye" für Hamburg gehandelt hat. Die Vitalität der Band spricht jedenfalls für ein Wiedersehen.

 

 

 

Versprochen ist versprochen!

Gotthard
25th Anniversary-Tour

14.02.2017, Markthalle, Hamburg

Mittlerweile ist es fast neun Jahre her, da erlebte ich Gotthard als Support bei Deep Purple auf deren 40th Jubilee-Tour.

Bereits damals hatte ich mir vorgenommen, diese Band noch einmal als Headliner zu sehen. Das es dann solange dauern würde  und es damit auch Gotthards 25th Jubilee-Tour wäre, das konnte ich nicht ahnen. Die Zeit vergeht halt schneller als man denkt. Für die eingefleischten Fans dieser Band trat in der Zwischenzeit ein tragisches Ereignis ein. Der damalige Sänger Steve Lee starb 2010 bei einem Autounfall und seit 2011 steht daher Nic Maeder am Mike.

Alles das hatte ich mir vor dem Konzert angelesen und war durch das tolle neue Album „Silver“ richtig neugierig.

So stand ich dann an einem saukalten Februarabend in einer Schlange, die fast bis zur Amsinckstrasse ging, und wurde langsam in die proppevolle Markthalle und dann fast bis vor die Bühne geschoben.

Pretty Maids

Dort startete der Abend mit den Pretty Maids, den „Hübschen Mädchen“. Die heißen Rock-Bräute entpuppten sich als dänische Hard-Rock-Band, deren Gründungsmitglieder Kenneth Hansen („Ken Hammer“) und Paul Christensen („Ronnie Atkins“) sich bereits vor 35 Jahren nicht nur den englischen Bandnamen, sondern auch  sich selber englische Künstlernamen verpassten, um auch außerhalb ihrer Heimat Erfolg zu haben . Der Plan ging  offenbar auf und auch wenn man den „Jungs“ das Alter ansieht, die Musik geht wirklich gut ab. Sicher nichts Überraschendes oder Innovatives, aber mit der Dose Bier in der Hand und ein paar Kumpels kann man mit diesen Mädchen eine Menge Spaß haben.

Heute war aus dem nahen Dänemark eine ganze Kolonie dänischer Fans in die Markthalle gepilgert, die von „Ronnie Atkins“ begrüßt wurden. Mit dieser Band, angefeuert durch die dänischen Fans, kann als Support für Gotthard nichts schief gehen.

Pretty Maids

Die Musik ist hart, laut und geht voran. Ehrlicher Rock halt. Die Pretty Maids leben Rock´n Roll und deren Fans lieben sie dafür. Frenetischer Jubel.

Und dann kommen Gotthard. Vor dem Schlagzeug steht jetzt in großen Lettern der Schriftzug „Silver“ und „flüssiges Silber“ scheint von den Boxen zu tropfen.  Die Musik von Gotthard, das ist schnörkelloser Classic Rock. Fast in einer Liga mit Whitesnake oder Bon Jovi.

Gotthard

Es beginnt mit dem Titelsong vom neuen Album und die Party nimmt Fahrt auf. “Hush” bereits im ersten Drittel als Reminiszenz an ihre Vorbilder Deep Purple. „Stay With me“ und „Mountain Mama” folgen.  Gotthard wissen was zur Show gehören muss: Rudelrock, Gitarre-über-Kopf spielen, Gitarren-Solo. Und natürlich das typische Posen. Gegenüber 2008 scheinen sie sich damit aber etwas mehr zurückzuhalten…

Und sie können natürlich auch Balladen. Drei akustische Stücke im Mittelteil nehmen etwas das Tempo heraus und gönnen den Fans die teilweise benötigte Pause!

Der Balladenteil:
„One Life, One Soul“

Vor dem Zugabenteil dann das obligatorische(?) Drum-Solo,

Apropos Drum-Solo!  Drumsolos sind ja wirklich nicht jedermanns Sache. Heute war es aber aus einem besonderen Grund erwähnenswert.

Mir war schon die ganze Zeit aufgefallen, dass der Drummer vom Blatt spielte. So etwas hatte ich auf einer Rock-Bühne bisher nie bemerkt. Die Erklärung folgte daher durch Nic Maeder!

Dani Löble:
Vom Blatt gespielt!

Der etatmäßige Drummer von Gotthard, Hena Habegger, war kurz vorher krankheitsbedingt ausgefallen. In einer nur sechstägigen Einspielzeit hatte es der Helloween-Drummer Dani Löble geschafft, sich alle Songs der Gotthard-Setlist anzueignen, um seinen Kumpels aus der misslichen Lage zu helfen.

Keiner in der Halle hätte vermutlich einen großen Unterschied zu den original getrommelten Versionen gehört. Das war eine ganz starke Leistung!

Als Zugabe gab’s dann noch „Standing in the Light“ und „Anytime Anywhere“ und damit wurden wir schließlich in die kalte Hamburger Nacht entlassen. Und wenn ich ehrlich bin… der Wechsel aus der heißen und stickigen Markthalle in die frische Hamburger Nachtluft tat trotz des tollen Konzerts richtig gut!