Alle Beiträge von Webmaster

Die Wiedergutmachung

Sweet

13.03.2013, NYC-World Tour, Markthalle-Hamburg

We Want Sweet !! We Want Sweet !! We Want Sweet !!

„Hast Du schon gehört? Sweet kommen nach Hamburg!“ So oder ähnlich kam die Nachricht bei mir im Büro an. Also waren die alten Säcke wieder „on the Road“?

Ein paar Klicks im Internet machten mich schnell schlauer und tatsächlich: die Band von Andy Scott war mit einer neuen CD im Gepäck auf großer „NYC World Tour 2013“ durch Polen, Österreich und Deutschland…World Tour? Oookaaaayy ??

Das neue Album „New York Connection“ war dann genauso schnell „heruntergeklickt“ und der Funke sprang sofort über. Das war zwar keine Innovation, keine intellektuell fordernden Klangkaskaden, keine sphärischen Filigranmelodien… das war einfach purer und gutgemachter 70er Jahre-Rock.

Diese CD in den Player, nicht „machmallauter“ sondern ganz einfach „Mach laut!!!“ und der Tag ist Dein Freund!

Trotz meiner maßlosen Enttäuschung von 2006 siegte schließlich die Neugier und der Weg in die Vorverkaufsstelle war damit vorgezeichnet.

Ein paar Wochen später schoben wir uns mit 800 – 900 Fans in die Hamburger Markthalle. Das war für mich dann schon eine Überraschung… ich hatte gar nicht mit so einem Andrang gerechnet. Über das Durchschnittsalter will ich nicht viele Worte verlieren. Vielleicht nur soviel: vor ziemlich genau 40 Jahren habe ich The Sweet das erste Mal live gesehen (Musikhalle Hamburg) und ich war heute nicht der älteste…. alles klar?

Nach dem ersten Alsterwasser (blöd, wenn man noch fahren muß…) kam unvermittelt ein langhaariger Typ in Lederhose und Weste auf die Bühne, setzte sich auf einen Hocker und fing auf einer akustischen Gitarre an zu klampfen…(„was die Roadies so draufhaben, Respekt!“). Dann kam der nächste „Roadie“, setzte sich auf einen Hocker neben ihn, begann zu singen … und der Saal war hin und weg!

Um es kurz zu machen: die beiden gehören zu „Heaven In Hell“, einer 80er-Hardrock-Cover-Band aus München und heizten heute mit Unplugged-Versionen der ganz großen Rocksongs (u.a. „Rebell Yell“, „Whole Lotta Love“, „Allright Now“) dem Publikum richtig gut ein. Ich habe wirklich schon einige Special Guests gesehen und bei vielen konnte man die Zeit besser am Bierstand totschlagen. Diese beiden sollte man sich nicht entgehen lassen! Noch besser: vielleicht tourt ja auch mal die komplette Band durch den Norden der Republik?

Heaven & Hell
Hoffentlich kommen die mal in den Norden!

Nach einer kurzen Umbaupause (Hocker wegtragen…..:-) gab ein Roadie dem Mixer am Mischpult mit einer Taschenlampe ein Zeichen, das Licht in der Halle ging aus und wir standen (akustisch) in den Straßen von New York: Sirenen, Strassengeräusche, Radiofragmente aus Werbung, Stimmen und Musik!

Sweet 2013
Live zeigen die alten Haudegen noch immer eine klasse Show

Mit „New York Groove“ und „Cold On The Ceiling“ startete die Band mutig mit Songs von der neuen CD und brachte mich um meinen Wetteinsatz. Aber weil weder „Action“ noch „Ballroom Blitz“ das Konzert eröffneten, ging die Wette ins Leere und wir mußten uns das Bier selber kaufen….

Die Fans aber hatten keine Zeit, von den neuen Songs irritiert zu werden. Mit „Hell Raiser“, „Turn It Down“ und „The Six Teens“ ging es mit Vollgas zurück in die Hit-Spur.

Vollgas war auch das beherrschende Thema. Wer hier heute eine Oldie-Nacht mit „Poppa Joe“ oder „CoCo“ erwartet hätte, der wäre enttäuscht worden. Die Band um das Ur-Sweet-Mitglied Andy Scott (Pete Lincoln (l-voc, bg), Tony O’Hara (g, kb, voc), Bruce Bisland (dr, voc)) rockte die Markthalle nach Kräften und wurde vom Publikum begeistert gefeiert.

Lediglich Pete Lincoln’s Stimme, durch eine Infektion etwas angegriffen, schwächelte etwas. Nach seiner Entschuldigung und der Bitte um Unterstützung ans Publikum, erntete er dafür von seinen Kollegen prompt ein paar anzügliche Ratschläge zur Behandlung seiner Stimmbänder.

Sweet 2013
It’s only Rock’n’Roll….

Dann ging es Schlag auf Schlag weiter: eine gelungene Mischung aus eigenen Hits, Highlights der verschiedenen Alben und Coverversionen im Sweet-Sound ließ die Zeit rasen, ließ sie wie einen ICE vorbeijagen, in dessen Fenstern Bilder aus vierzig Jahren aufblitzten:

1973 in der Musikhalle die tuntigen Glamrocker mit den eindeutig-zweideutigen Gesten, 1977 die Hardrock-Band in der Ernst-Merck-Halle, 1978 die Jubiläumstour mit „Love Is Like Oxygen“ im Gepäck, 1989 mit Mick Tucker in der Großen Freiheit, 1992 das geniale Abschlußkonzert der „A“-Tour im Wilhelmsburger Bürgerhaus und als persönlicher Tiefpunkt der peinliche Playback-Auftritt 2006 bei „Rock Op’n Dörp“…

Hier und heute war das aber Schnee von gestern. Wie sagte Andy Scott bei der Vorstellung der Band sinngemäß:

Sweet 2013, with new material and absolutely live!

„Dies sind  Sweet 2013, mit neuem Material und absolut live!“

Recht hat er!

Die Zugabe war dann ein weiterer Höhepunkt: ein Roadie enterte das Schlagzeug und Bruce Bisland gab mit goldenen Puscheln den Cheerleader: „Hey… Hoh…. Let’s Go“. So wurde die Punk-Hymne „Blitzkrieg Bop“ von The Ramones wohl noch nie gespielt.

Und zum Abschluß der legendäre Dialog: „Are you ready Steve?“ – „Aaahaa!“ – „Andy?“ – „Yeaaah!“ – „Hamburg?“ – und mit einem vielstimmigen „Oookaaay!!“ ging es schließlich ins Finale: „The Ballroom Blitz“!!!

…but i like it!

Hier die Setlist (wenn ich mich richtig erinnere…?)

  • New York Groove (Hello cover)
  • Gold on the Ceiling (The Black Keys cover)
  • Hell Raiser
  • Turn It Down
  • The Six Teens
  • New York Connection
  • Shapes of Things (The Yardbirds cover)
  • In To The Night (Gesang Andy Scott)
  • AC/DC (Gesang Tony O´ Hora)
  • Wig Wam Bam/Little Willy-Medley
  • Teenage Rampage
  • You Spin Me Round (Like a Record) (Dead or Alive cover)
  • Love Is Like Oxygen
  • Blockbuster
  • Fox on the Run

Zugabe:

  • Blitzkrieg Bop (Ramones cover) (Gesang Bruce Bisland)
  • Set Me Free
  • Ballroom Blitz

Fazit: das war das rundum gelungene Konzert einer lebendigen Rock-Band. Keine Spur von den „Oldie-Nacht-Playback-Marionetten“.

Ich drück die Daumen, dass die „alten Säcke“ diesen Weg fortsetzen… Dann sehen wir uns auch garantiert wieder!!

Das war doch okay!

 

Black Blood – Chicano (p) 1975

Wenn man etwas nicht vergessen soll, dann hat man sich früher Knoten in die Taschentücher gemacht. Heute benutzen die Medien (oder die Industrie?) musikalische Taschentücher. Es ist ja schon fast Tradition: jedes sportliche Großereignis wird von akustischen Taschentüchern begleitet und noch Wochen nach der Fussball-WM 2010 dröhnt einem immer noch „Waka Waka“ um die Ohren. Ein anderer Song, der uns immer noch an die WM erinnert, war (oder ist) „Helele“ von Velile & Safri Duo.
Nein, ich werde dieses synthetische Bongo-Gewürge nicht kommentieren, dazu ist der Song einfach zu gut, aber…
wie war das mit der Erinnerung und dem Taschentuch?

Ich habe nämlich plötzlich einen 35 Jahre alten Knoten in meinem Taschentuch.

1975 erschien diese Sommer-Super-Gute-Laune-Scheibe von der afrikanischen Band Black Blood, die leider zur unpassenden Zeit auf dem europäischen Markt landete. Osibisa waren schon wieder in Vergessenheit geraten und Weltmusik hatte die Massen noch nicht erreicht (Peter Gabriel, Paul Simon, ja sogar Peter Maffay kamen erst in den 80ern auf diesen Trip). Weshalb auf meiner LP damals der Sticker „Soul Tropical“ prangte, das bleibt wohl ein Gehemins der deutschen Platenfirma. Leider gibt es diese LP/CD aktuell nicht mehr im Handel. Also versucht euer Glück bei ebay

Was bleibt?

Zwölf rythmische Gassenhauer mit heißen (und echten!) Percussion unterlegt, englisch-afrikanisches Kauderwelsch (aber wer achtet beim Tanzen auf die Texte), das zumindest in den Titeln auf einen Schuss Humor deuten lässt. Der Titelsong „Chicano (When Philly Goes To Barcelona)“ sagt schon fast alles, sofern man noch weiß was „Phillysound“ war…

Ach ja, und dann ist da noch der erste Song auf Seite zwei. „AIE (A Mwana)“ war damals ein mittlerer Hit im Radio, in vielen Discos jedoch der Feger! Der aktuelle Mega-Hit „Helele“ ist nämlich nichts anderes, wie eine aufgepeppte Kopie. Fast schon frech, das Original nicht zu erwähnen…

Ich hoffe nur, die Jungs von Black Blood bekommen ein paar Tantiemen ab, verdient hätten Sie es!

Und kaufen kann man diese Scheibe nur noch Second Hand!

 

Neil Diamond – In My Lifetime (p) 1996

Neulich beim Frühstück: Im Radio dudelt nur der übliche Müll (nicht nur, aber fast nur…:-) und plötzlich kommt einem die Melodie bekannt vor. Unser Sohn: „Das sind HIM mit „Solitary Man“, geiler Song!“ und kaut weiter.

Erst „Behind Blue Eyes“ als Coverversion von Limp Bizkit und jetzt das. Obwohl beide Coverversionen wirklich nicht schlecht sind, denke ich bei mir ‚denen fällt auch nichts Eigenes mehr ein!‘ und suche mir später diese 3er-CD raus und werde fündig: „Solitary Man“ im Original.

Wenn es überhaupt eine bessere Version gibt, dann nur die von Johnny Cash. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Beim Hören dieser 3 CDs fällt mir dann erst wieder richtig auf, welchen Einfluss die Songs von Neil Diamond hatten und haben. Alle Coverversionen vorzustellen die einem einfallen, dafür kann man eine eigene Homepage machen (u.a gibt es sogar mit „Kentucky Woman“ eine Jugendsünde von Deep Purple ….)

Das Besondere an diesem 3-CD-Boxset aus dem Jahr 1996 ist die chronologische Zusammenstellung von Songs, die seinerzeit auf verschiedenen Labels erschienen sind. Damit erhält man einen tollen Überblick über die musikalische Entwicklung dieses aussergewöhnlichen Songwriters.  So gibt es hier klanglich gut aufgearbeitet seine bekanntesten Hits und 16 bisher unveröffentlichte Songs mit einer Gesamtlaufzeit von 229 Minuten. Auf Live-Versionen wurde bis auf „Dry Your Eyes“ von The Bands „Last Waltz“ verzichtet.

Seinen Durchbruch feierte Diamond 1966 (u.a. mit „Cherry Cherry“). Als Songwriter lieferte er fast zeitgleich mit „I’m A Believer“ (hier in seiner eigenen Version) auch einen der größten Hits der Monkees und wer kennt nicht UB 40s Version von „Red Red Wine“ aus den 80ern. Bis Anfang der 80er folgte Hit auf Hit. Das fängt hier mit dem bereits erwähnten „Solitary Man“ an und hört mit Heartlight von 1982 (sein letzter Top 10 Hit) auf. Dazwischen hatte er über 30 Hits wie „Sweet Caroline“, „Cracklin‘ Rosie“, „I Am … I Said“, „Song Sung Blue“, „Beautiful Noise“ oder „Forever In Blue Jeans“, um nur ein paar zu nennen.

Natürlich sind auch Diamond-typische Schnulzen „wie z.B. „You Don’t Bring Me Flowers“ mit Barbara Streisand enthalten, die definitiv nicht nach meinem Geschmack sind. Wegen der persönlichen Highlights wie „I am … I Said“ (die Single war das Start Up meiner Sammlung!) und den produktionstechnisch total abgefahrenen und spannend aufgebauten „Soolaimon“ und „Crunchy Granola Suite“ kann ich darüber aber locker hinwegsehen.

Von der Ausstattung und der Optik ist das Boxset sehr gelungen. Das Booklet der Longbox (es gibt auch kleinere Versionen des Sets) bietet neben vielen Fotos auch einen langen Text über Diamonds Karriere, Produktionsnotizen, eine Album-Diskographie, Chart-Platzierungen der Singles sowie persönliche Anmerkungen Diamonds zu jedem Song.

Viel besser geht es eigentlich nicht.

Kaufen kann man diese Box leider nur noch Second Hand!

Zoff – Hallo Deutschland (p) 2004

Ich weiß, ich bin spät dran mit dieser Rezension, aber Zoff haben sich ja auch Zeit gelassen! Zeitsprung zurück in die die 80er: Vo-Ku-Hi-La-Frisuren, neonfarbene Klamotten und natürlich die NDW. Und während alle Spaß haben wollen, mit der Rosemarie den Mussolini tanzen oder in den hohen Bergen 99 Luftballons steigen lassen, taucht plötzlich diese Band aus dem Sauerland auf.

Es werden drei richtig geile Alben produziert, das erste wird sogar mit dem Preis der Deutschen Phono-Akademie ausgezeichnet und die Band wird von Ralph Siegels Plattenfirma Jupiter-Records unter Vertrag genommen.

Offenbar war der Schlagerfuzzi aber nicht der richtige Manager für eine Rockband und dies führte dann wohl zur Auflösung von Zoff. Nomen est Omen…..

Was blieb, war zumindest der Hit „Sauerland“, der sich auch Jahre später auf irgendwelchen „Feten“-Samplern wiederfand. Für die Fans blieb nur die Erinnerung und die alten LPs mit so starken Songs wie „Gimme Gummi“, „Kein Geld kein Money“, „Total Banane“ oder „Faxen machen“.

Aber irgendwann muss es den Mastermind Reiner Hänsch doch wieder in den Fingern gejuckt haben. War es der Druck der Fans, ein finanzieller Engpass oder eine Schnapsidee an der Theke? Völlig egal! Plötzlich, nach 20 Jahren, stand eine neue Zoff-CD im Regal!

2004 kam dieses Riesenalbum mit 13 richtig guten Rocksongs heraus. Das ist natürlich kein Metal oder Hardrock, aber genau die richtige Kneipenmusik mit witzigen, ironischen Texten in denen Hänsch ganz genau weiß, wovon er singt. Hin und wieder gibt es dann auch mal ein paar feine Überraschungen. Achtet mal auf das sagenhafte Saxophon-Intro von „Männer & Fraun“. Und dann die Texte! Oberflächlich immer wieder die typisch männlichen Machosprüche. Und doch kriegt er jedesmal die Kurve, witzig und pointiert. Und spätestens beim zweiten Durchhören summt man(n) und Frau mit, beim dritten Durchlauf singen beide mit.

Fazit: es muss nicht immer Grönemeyer oder gar Westernhagen sein, dies ist eine sagenhaft gute Scheibe!!

Und wer auf den Geschmack gekommen ist, der darf sich ruhig am Back-Katalog der Band austoben! Es lohnt sich!!

 

Lana Lane – Covers Collection (p) 2003

Da klicke ich mich so durchs Internet und stolperte bei Amazon im wahrsten Sinne des Worte rein zufällig über die Rezension einer mir völlig unbekannten CD. Das klingt ja interessant denke ich mir und bestelle mir die Scheibe. Nach zwei Tagen trifft der Silberling ein, wird im Player plaziert und …..bleibt dort für die nächsten Tage!

Mein erster Gedanke: Was ist das denn? Eine Frauenstimme, mal laut (und wie!), dann wieder schnurrend und leise, das es dem Macho in uns Männern die Nackenhaare kräuseln lässt. Begleitet von einer Wahnsinnsband knallt einem ein Sound um die Ohren, das man sich wirklich die Ohren reibt. Aber kommen wir zunächst einmal zu den Fakten:

Lana Lane ist eine amerikanische Sängerin die bereits 18 Alben herausgebracht hat, sie bewegt sich irgendwo zwischen Pop, Synphonic-Rock und Progressiv-Metal.

Auf dieser CD finden sich (wie der Titel es vermuten lässt) aussschliesslich Cover-Versionen. Eine interessante Mischung aus bekannten Songs, Mega-Klassikern und völlig unbekannten Perlen. Wir hören den Zeppelin-Klassiker „Kashmir“, die Sorpions-Ballade „Still Loving You“ und den Rainbow -Hammer „Stargazer“. Aber auch das (zumindest mir) völlig unbekannte „Soaring“ von Aviary, einer Band aus Seattle

Und das alles wird zu keinem Zeitpunkt langweilig oder wirkt abgedroschen. Es gelingt Lana und der Band durch die Kraft der Stimme und den druckvollen und variablen Arrangements den Stücken neues, eigenes Leben einzuhauchen. Und selbst Freddie Mercury kann ruhig im Grab liegen bleiben, wenn Lana sein „Don’t Try So Hard“ anstimmt.

Ich würde ja gerne etwas zur Band sagen, aber sorry: keiner der Namen sagt mir etwas. Da habe ich offensichtlich etwas verpasst, denn die Jungs spielen absolut und unwiderstehlich g…..!!!!

Es hauen Euch auf die Ohren:

Lana Lane (vocals)
Erik Norlander (keyboards, bass, guitar)
Mark McCrite (guitar)
Gregg Bissonette (drums)
Tony Franklin (bass)

sowie auf einzelnen Stücken

Novi Novog (viola)
Cameron Stone (cello)
Arjen Lucasson (guitar)
Neil Citron (guitar)
Gabriel Moses (guitar)
Nick D’Virgilio (drums)
Ed Warby (drums)

Das diese Frau hier so unbekannt ist und solche Eintagsfliegen wie Thomas Godoj, Mark Medlock oder auch Monrose in das Bewußtsein der Fans geprügelt werden, gehört wohl zum Wahnsinn des Showbiz.

Wie schreibt die englische Wikipedia:
„She sings modern music with both a graceful lilt and a commanding, stadium-sized voice of impressive range and power.“
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, es sei denn:

KAUFEN, KAUFEN; KAUFEN und an die Nachbarn denken!

 

Dieses Klingeln in den Ohren…

Deep Purple
40th Jubilee-Tour

06.November 2008, Kiel, Sparkassen-Arena

Da stand ich also in Kiel in der ehemaligen Ostseehalle (an die verkauften Namen der Hallen und Stadien werde ich mich wohl auch nicht gewöhnen) und wartete auf….. ja auf was eigentlich?
Von der besten Band der Welt, gab es kein neues Album und ob es nun eine „40th Jubilee-Tour“ ist, mit der das Quintett seine 40-jährige Bühnenpräsenz feiert oder irgendeine andere Tour, das bleibt sich doch eigentlich gleich? Wir sind nur alle wieder ein paar Jahre älter geworden und es gibt so viele neue Musiker und Bands die am Thron unserer alten Helden sägen. Ob sie es heute noch einmal packen würden?

Diese Frage stellten sich sicherlich auch viele Fans, denn die Halle war zwar gut besucht, aber nicht bis zum Rand voll. Auch in meinem Bekanntenkreis erntete ich nur Achselzucken oder dumme Antworten („Gibt’s die überhaupt noch?“). Also denn!

Special Guest
Zunächst erklomm aber eine Band die Bühne, von der ich am Rande schon ein paar Titel gehört, die ich aber noch nie so richtig wahr genommen hatte. Gotthard aus der italienischen Schweiz waren als Special Guest angekündigt, und das waren sie auch. Besser als manch andere Vorgruppe spielten sie ein richtig geiles Set. Einziges Manko aus meiner Sicht: die Jungs neigen sehr zum posen. Aber das haben sie dann auch richtig drauf. Hat wirklich Spass gemacht!  Die nächste CD ist garantiert von Gotthard und wenn die Jungs als Hedliner kommen, dann schaue ich mir das noch einmal an!

Und los geht’s
Und dann ging es um 21:30 Uhr endlich richtig los!
Im aktuellen Line-Up mit Ian Paice (Drums), Ian Gillan (Vocals), Roger Glover (Bass), Steve Morse (Gitarre) sowie Don Airey (Keyboards) liessen Deep Purple von Beginn an keinen Zweifel aufkommen, ob sie zu alt, aus der Mode oder ausgebrannt seien.
Mit „Pictures Of Home“ ging es gleich in die Vollen und dort wo ich diesmal stand (in dritter Reihe an der Bühne) gab es kein Halten mehr!

Mag Ian Gillan auch nicht mehr alle hohen Töne sicher beherrschen, so wirkte er doch vital, gut gelaunt und in bester Stimmung. Steve Morse und Roger Glover zeigten sich in toller Spiellaune, überhaupt wirkte die ganze Band sehr homogen. Die früher berüchtigten Streitigkeiten sind wirklich Geschichte.

Hier eine Setlist aus der Erinnerung (ich hatte besseres zu tun als mitzuschreiben….):

  •  Pictures of Home
  •  Things I Never Said
  •  Into The Fire
  •  Strange Kind of Woman
  •  Rapture of The Deep
  •  Contact Lost
  •  Well Dressed Guitar
  •  Sometimes I Feel Like Screaming
  •  Wring That Neck
  •  The Battle Rages On
  •  Don Airey solo
  •  Perfect Strangers
  •  Space Truckin’
  •  Highway Star
  •  Smoke On The Water

Zugabe:

  • Hush ~ Ian Paice Solo
  •  Black Night ~ Roger Glover Solo

Fazit
Als ich dann um 23:20 Uhr halbtaub (dieses Klingeln in den Ohren fühlt sich wirklich cool an, vor allem wenn es nachlässt 😉 in die Tiefgarage ging, hatten sich einige Dinge wieder bewahrheitet:

  1. Nach „Space Truckin“ kann man Pogo tanzen!
  2.  Pogo tanzen kann Spass machen (muss aber nicht)!
  3.  Wer ein Plektrum haben will, muss schnell und agressiv sein (und darf sich auch nicht davor scheuen, sich in einer Menschenmenge auf den Boden zu schmeissen)
  4.  Mit 60 jahren muss man noch nicht alt sein (siehe die Photos!)
  5.  Der Sound ganz vorne an der Bühne ist eher suboptimal (aber HiFi geniesse ich sowieso lieber zuhause!)
  6.  Ein Purple-Konzert ist wie ein Besuch bei guten Freunden, eigentlich weiß man doch was einen erwartet!
  7. Die Parkgebühren in Kiel sind mit 2.-€ für die Veranstaltungsdauer sehr kundenfreundlich!

Und zum Schluss noch ein Dank an Paicey (auch wenn er es vermutlich nicht lesen wird): der Drumstick steht bei den Platten… see you next time!!

Pressestimmen

Rentner in Rock

Kiel - „Kiel, are you ready to rock?“ krakeelt Sänger Steve Lee von der Vorgruppe Gotthard ins Mikro. Und die Landeshauptstadt war bereit. Denn Deep Purple war in die Sparkassen-Arena gekommen, um hier ihr 40-jähriges Jubiläum zu feiern.

(Quelle: Jens Raschke, Kieler Nachrichten, 07.11.2008)

Natürlich: Runde Geburtstage waren schon immer ein guter Grund für Bands, noch einmal die Instrumente zu schultern und sich von den Fans in aller Welt ordentlich abfeiern zu lassen. Deep Purple bilden da keine Ausnahme. Selbst wenn von den Gründungsmitgliedern nur noch eines übrig ist und der angeblich 40. Geburtstag streng genommen erst der 32. ist. Denn von 1976 bis 1984 gab es die Band gar nicht.

Egal, solange es die Knochen noch mitmachen, wird gerockt. Fast alle in der Band haben die 60 bereits überschritten und sich die Rente mit rund 30 Alben und unzähligen Konzerten ehrlich und hart erarbeitet. Vor allem hart, denn Deep Purple, die ursprünglich mal Roundabout hießen und ihre Gründung der Geschäftsidee zweier findiger Unternehmer verdanken, sind und bleiben die Väter des Hard Rock. Jenes musikalischen Universums, das wie kaum ein zweites glänzende Sterne, aber auch abgrundtief schwarze Löcher hervorgebracht hat.

Eher Letzterem lassen sich auch die Herren von Gotthard zurechnen, die in der nicht ausverkauften Sparkassen-Arena die Anheizer mimen. Seit 1990 beliefert die Schweizer Gruppe ihre Anhängerschaft mit hoffnungslos überholtem Klötenrock, der wie gemacht scheint für Leute, die noch immer meinen, sie sähen sexy aus in Spandexhosen. Gotthards ganzes Gebaren, ihre vorhersehbare Musik, ihr käsemaukiges Posing sind zutiefst im 21. Jahrhundert verwurzelt. Vor Christus, wohlgemerkt.
„Kiel, are you ready to rock?“ krakeelt Sänger Steve Lee ins Mikro, während Leo Leoni, Freddy Scherer (Gitarren) und Marc Lynn (Bass) sich immer wieder breitbeinig an die Bühnenkante stellen und versuchen, ihr Publikum zum Mitklatschen zu animieren, derweil Hena Habegger am Schlagzeug den Rhythmus bolzt. Das fruchtet stets nur kurz, aber die Kieler reagieren trotzdem freundlich; wenngleich längst nicht so „oscarreif“, wie Lee es ihnen in einer seiner Anmoderationen (natürlich: zum Song „Oscar“) unterstellt.

Ach, was soll's. Man hört sich das eine Stunde lang an und möchte keine Zugabe. Dann, na endlich, Deep Purple! Ian Gillan , Steve Morse, Don Airey, Roger Glover und besagtes Urmitglied Ian Paice präsentieren über 90 Minuten lang die größten Erfolge aus 40, bzw. 32 Jahren Bandgeschichte. Und die war bekanntlich wechselhaft, vor allem, was Besetzungen betrifft. Zweimal wurde Gillan auf Betreiben von Ex-Gitarrist Ritchie Blackmore rausgeschmissen, bevor es dann 1992 endlich zur dauerhaften Bindung kam, Blackmore dafür den Hut nahm und seitdem einen auf keltischen Zupfgeigenhansel macht.

Steve Morse ersetzt ihn ebenso adäquat wie Don Airey den 2002 ausgeschiedenen Jon Lord, von dessen fauchend-barockem Orgelspiel er sich allerhand abgeschaut hat: Ob „Into The Fire“, „Strange Kind Of Woman“ oder „Hush“, Airey weiß, welche Teufel aus seiner Hammond auszutreiben sind. Das dröhnt und wabert, dass einem die Backentaschen schlackern. Nicht anders bei Roger Glovers kraftvollem Bassspiel, und auch Ian Paice erinnert sich noch ganz genau, wo an seinem Linkshänderschlagzeug die schnellen, prägnanten Rhythmen gedeihen.

Steve Morse distanziert sich indes hörbar vom eher trockenen Stil seines Vorgängers und gerät darüber immer wieder ins Gniedeln. Tja, und Ian Gillan, der arme Mann, schlägt wacker eine brutale Schlacht gegen den mauen Sound und die hohen Töne, die er gegen Ende, bei „Highway Star“, leider verliert. Macht nichts, er darf auf die Kieler Liebe zählen, vor allem als Morse endlich das berühmteste Riff der Rockgeschichte anstimmt und die Menge tanzen lässt: G, B, C – G, B, Cis, C – G, B, C – B, G. Erkennen Sie die Melodie? Auf die nächsten 40!

Der Mann mit dem Hut

Udo Lindenberg

10.Oktober 2008, Hamburg, Color-Line-Arena

 

Als ich 1973 „The Sweet“ in der Hamburger Musikhalle sah, lief überall „Alles klar auf der Andrea Doria“ und der Stern von „uns Udo“ ging auf. Über die ganzen Jahre sammelten sich seine Platten bzw. CDs bei mir an, die Konzerte gingen jedoch immer wieder an mir vorbei. Irgendetwas kam immer daziwschen.
Diesmal klappte es endlich und es war jeden Cent wert. In den Vorbesprechungen hieß es immer „Comeback“-Tour, für mich war Udo nie weg. Okay, die Pausen zwischen den CDs waren etwas länger und nicht jede CD war ein Glücksgriff, aber von alledem war an diesem Abend nichts zu spüren.
Mit voller Energie, losem Mundwerk, gut bei Stimme und sehr viel Emotion rockte der alte Mann die 12.000 Besucher in Grund und Boden. Nur wer ganz nahe an der Bühne stand (oder die Videowände zur Hilfe nahm), sah einen 60jährigen Udo Lindenberg.

Der Mann mit dem Hut!

Alle anderen sahen einen hochkonzentrierten, gut aufgelegten Mann mit Hut, der mittlerweile auch sein Alter und die veränderte Sicht auf die Welt zum Thema seiner Songs macht.

Besonders beeindruckend für mich waren dann auch die langsamen Songs. „Säufermond“ liess einen die Luft anhalten und als hintereinander „Stark wie 2“ und „Horizont“ gespielt wurden, hatte das an diesem Tag schon eine besondere Bedeutung (Hi, Rollo!).

Diese Songs dienten dann unter anderem auch zum Luft holen, denn es ging für fast zwei Stunden ohne Pause durch fast vierzig Jahre „Lindisches“ Universum. Das neue Album wurde natürlich ausgiebig (und verdientermaßen) durchgespielt, daneben gab es aber auch neben all den Klassikern uralte („Daumen im Wind“) und etwas seltenere Stücke („Candy Jane“)  zu hören.

Und am Ende waren wir fast alle heiser vom Mitsingen. Erstaunlich, wie einem plötzlich all die uralten Songs wieder einfallen!

Pressestimmen

Alles klar in der "Zuhause-Stadt Hamburch"
Vom "Daumen im Wind" bis "Woddy Woddy Wodka": 36 Jahre Udo pur in hoch konzentrierten 90 Minuten.

(Quelle: Tino Lange und Birgit Reuther, Hamburger Abendblatt v. 11.10.2008)

Wie sehnsüchtig Udo Lindenbergs Heimspiel erwartet wurde, wurde an den ungeduldigen Pfiffen deutlich, die um kurz nach acht durch die rappelvolle Color-Line-Arena hallten. Dann: Dunkelheit, Gitarrenbrodeln, Countdown, Feuerstrahl, Nebel, und unser aller Udo schwebte im Astronautenanzug von der Decke. Obwohl das Showgeschäft seit Jahrzehnten in seinen Adern pulsiert, beschritt er zaghaft wie der erste Mann auf dem Mond die Bühne. Einmal aus dem weißen Ei gepellt, offenbarte sich aber dann der klassische schwarze Udo mit Hut und Sonnenbrille. Und als auch die neongrünen Spacesocken von Schuhen verdeckt waren, tänzelte der 62-Jährige mit geschmeidig schlackernden Knien und rotierendem Mikro zum Eröffnungslied "Woddy Woddy Wodka", dem Schnapshit vom Comeback-Album "Stark wie Zwei".

Euphorisch feierten die Fans ihren Lokalhelden bei dessen rockender Kurzbiografie "Mein Ding". Und als Udo seine "Zuhause-Stadt Hamburch" sowie seine "Panik-Familie" pries an diesem "Heiligen Abend", als die Herzen ihm zuflogen, drängte sich der Eindruck auf: Udo ist hier so etwas wie Hans Albers in cool, wie Inge Meysel mit Hut.

"Die älteste Boyband der Welt" mit "450 Jahren Bühnenerfahrung" stand ihm dabei ebenso zur Seite wie eine Cellistin beim Klassiker "Cello" und Hamburgs Chef-Styler Jan Delay bei "Ganz anders".

Bei der "Komplizen"-Hymne "Wenn du durchhängst" wogte Pathos durch die Halle, in der 70er-Ballade "Nichts haut einen Seemann um" war er der Nuschel-Udo mit "Dabidubida" und Säufer-Sehnsuchts-Lyrik. Während er die "Rock'n'Roll-Zentrale" emotional voll im Griff hatte mit "Daumen im Wind", zeigten alte Fotos auf Leinwänden, dass jede seiner Falten so hart erarbeitet ist wie der Schweiß, der ihm bei der 80er-Edelschnulze "Ich lieb dich überhaupt nicht mehr" die Sonnenbrille von der Nase schwemmte.

In diesen puren Udo-Momenten war er am stärksten und wirkte direkter als umgeben von Background-Miezen ("Honky-Tonky-Show") oder Ballett-Rentnern ("Der Greis ist heiß"). Zum Glück gab es neben den Showeffekten auch Solomomente, als Udo eine der Rollen seines Lebens gab: den nervenschwachen Trinker in "Unterm Säufermond". "Überleben is' geiler", resümierte der Panik-Präsident. "Ich saß schon oft aufm Löffel, bin aber immer wieder runtergesprungen." In den Sonderzug, auf die Andrea Doria, auf die Bühne. Da, wo er hingehört.

 

Mini-Playback-Show auf dem Dorf…

Rock Op’n Dörp

09.12.2006, Hartenholm, Sporthalle

„The Sweet in Hartenholm? Und Wishbone Ash? Suzi Quatro auch??“

Das waren so die Wortfetzen die ich beim Bäcker auffing. The Sweet hatte ich sowohl in ihren großen Zeiten zwischen 1972 und 1977 als auch in späteren Jahren mehrfach gesehen. Eine richtig gute Liveband, bei denen immer die Post abging (viel besser als die Singlehits vermuten ließen).

Wishbone Ash machten neugierig und Suzi Quatro… na gut, kann man sich ja mal anschauen. Und das ganzen für nur 22.-€ Eintritt!

Also machten wir uns an einem saukalten Dezemberabend auf den Weg nach Hartenholm. Dort fand die Riesenparty zum Aufstieg des TC Logopak (Tennis!) in die 2.Bundesliga statt und das Rahmenprogramm wurde durch den Logopak-Firmenchef gesponsort.

Als Headliner sollten demnach auftreten

Suzi Quatro
The Sweet
Wishbone Ash
Heinz-Rudolf Kunze

sowie

Mike Krüger
Dave Ashby
Funky Chicos

Na gut, Herr Kunze hatte schon abgesagt. Dafür wurden dann noch Fräulein Menke und Geier Sturzflug aufgeboten.

Vor der Mehrzweckhalle war ein riesiger Catering-Bereich aufgebaut, das Essen war dort sehr lecker (wenn auch nicht billig) und die Stmmung recht gut.

Mike Krüger: Das war live (Respekt!) und er versteht es wirklich, die Leute mitzureißen. Eine richtige „Rampensau“!

Mike Krüger war einfach gut. Ich war nie ein großer Fan von ihm und sein Humor ist (vorsichtig formuliert) sehr simpel, als er allerdings die uralten Nummern wie „Bundeswehrsoldat“ oder „Mein Gott, Walther“ spielte, da verzieh ich ihm auch den „Nippel“. Und das Beste: er spielte live und begeisterte das Publikum.

Dave Ashby: Angeblich tritt er während der Segeberger Oldienächte immer auf, wenn der Bierkonsum zurückzugehen droht…..

Dann Dave Ashby. Wenn Status Quo schon vorgehalten wurde, mit nur drei Akkorden auszukommen, was soll man denn zu Herrn Ashby sagen? Schwamm drüber! Aber auch dies war noch live!!

Und dann kamen die, auf die ich gewartet hatte: Sweet!

Sweet: Der Herr links aussen ist Andy Scott, aber dieser Auftritt war ein Witz!

Natürlich spielt von der Ur-Besetzung nur noch Andy Scott in der Band. Allerdings hatte er sich über die Jahre immer gute Musiker an Bord geholt und ich konnte sie noch anlässlich der „A“-Tour 1992 erleben, und das war ein grandioser Auftritt. Was jetzt passierte, das war der gespielte Witz. Die kurze Umbaupause hätte mich schon warnen sollen und bereits nach wenigen Takten, in denen sich die Band nicht einmal Mühe gab synchron auf die Instrumente zu schlagen, war für mich der Abend gelaufen. Vollplayback auf großer Bühne! Das Publikum (vermutlich schon voll des süssen Mostes) schien davon nichts zu bemerken und klatschte wie in der ZDF-Hitprade mit. Dann die „Zugabe“. Da die Tontechnik offenbar ebenso breit wie das Publikum war, starteten sie „Blockbuster“ vom Band bevor die Gruppe auf der Bühne stand. Als dann der Gitarrenriff einsetzte, hatte die Band die Instrumente noch nicht einmal in der Hand. Ich ging raus um mir ein Bier zu holen.

Suzi Quatro: Wie bescheuert müssen Zuschauer sein, die nach einem so schlechten Playback noch um Zugaben betteln?

Der Rest des Abends ist schnell erzählt: Suzi Quatro war ebenso schlechtes Playback wie Fräulein Menke (fand ich nur peinlich!), die Band Geier Sturzflug bestand nur noch aus zwei Mann und playbackten ebenfalls nur rum. Und zwischendurch immer wieder Herr Ashby. Ach ja, und dann war da noch der Moderator. Ein XXL-Jahrmarktsschreier, der immer wieder daraufhinwies, dass ja alles fürs Fernsehen gefilmt wird und ob wir denn „auch so gut drauf wären“. Den Fernsehbericht konnte man dann ein paar Wochen später als Dauerwerbesendung auf Hamburg1 (ein regionaler Sender aus….? Richtig!) sehen. Dort fiel der Playback-Beschiß durch geschickte Schnitte kaum noch auf.

Und der Abend wäre restlos im Eimer gewesen, wenn nicht ganz zum Schluß die Lieblingsband des Veranstalters aufgetreten wäre!

Wishbone Ash: Einfach nur gut!

Chris Hastings-Long, Chef der Firma Logopac Systeme, hatte die Band in seiner Studentenzeit kennengelernt und irgendwie war der Draht wohl nie abgerissen. Und deshalb traten sie zum Schluß auf separater Bühne live auf! Das war Rock vom Feinsten. Den Hartenholmern war das dann auch prompt zu laut, zu schnell, zu wild…. was auch immer …. und der Sall leerte sich schnell in Richtung Bierpilze. Na klar, hier war nix mit Dieter-Thomas-Heck-Mitklatsch-Mucke, hier ging endlich die Post ab. Knapp 45 Minuten gab es richtig gute Musik auf die Ohren.

Wishbone Ash: Es waren nicht mehr so viele Zuschauer wie bei den Playback-Schauspielern, aber die hier blieben hatten richtig Spass!

Als dann im Anschluss noch eine brasilianische Sambatruppe durch den Saal tanzte, da hatten auch die Augen ihren Spaß.


Braaaaaazil!!!!!: Es gibt in Brasilien offenbar einen zweiten Exportartikel neben Fussball :-))

Aber für mich als altem Sweet-Fan war der Abend natürlich fast völlig daneben, so viele gute Erinnerungen wurden da zerstört! Ich glaube, man sollte sich Auftritte dieser Band nur unter schriftlicher Live-Garantie antun. Soviel Bier gibt es gar nicht, wie ich hätte trinken müssen um den Frust zu vergessen!

Aber was soll’s, „das Läbbe geht weiter!“

P.S.
Offenbar hatten die Veranstalter auch aus den Presseberichten gelernt. Auf den folgenden „Rock Op’n Dörp“-Veranstaltungen wurde ausnahmslos live gespielt! Da ich das aber nicht glauben wollte, war dieses meine erste und letzte Rock Op’n Dörp-Veranstaltung. C’est la vie!

Pressestimmen

(Quelle: Hamburger Abendblatt v. 12.12.2006)
"Mensch, Suzi Quatro, die sieht ja noch aus wie früher." Der gestandene Mitfünfziger kann sich gar nicht halten vor Begeisterung. "Und ihre Stimme, überhaupt nicht verändert." Tatsächlich, die knackige Sängerin aus Detroit ist der lebende Beweis, dass auch Damen im Alter von 56 Jahren als Rockerbraut noch eine gute Figur machen können. Ob sie auch noch gut bei Stimme ist, lässt sich in der Hartenholmer Mehrzweckhalle allerdings nicht wirklich feststellen: Als sie sich nach dem ersten Song für den Applaus bedanken will, kommt kein Ton aus den Boxen - das Mikro ist abgeschaltet.

Peinlich, aber nicht weiter schlimm: Bis auf wenige Ausnahmen singt an diesem Abend keiner der Interpreten live.
"Rock op'n Dörp" nennt Chris Hastings-Long, Chef der Firma Logopac Systeme, diese Veranstaltung, die eigentlich eine Weihnachtsfeier für seine Mitarbeiter und den Tennisclub Logopac Hartenholm sein soll. Angesichts der musikalischen Dimensionen allerdings bietet er 1500 Menschen die Möglichkeit, das Oldie-Konzert mitzuerleben. Und die freuen sich über ein enormes Spektakel: Im Eiltempo hecheln sich die Interpreten durch die Musikgeschichte.

Mike Krüger kalauert sich durch das Programm, die Band Sweet wartet mit ihren größten Hits auf, Geier Sturzflug, eine auf zwei Personen geschrumpfte Rumpfband, darf zwei Lieder zum Besten geben, Fräulein Menke ebenfalls. Fast alles Konserve (Krüger singt live), aber egal: Die Stimmung steigt, die Organisation ist perfekt.
Der Hamburg-1-Moderator Andreas Ellermann, ein Mann im King-Size-Format, überbrückt im Stile eines Jahrmarktschreiers einige kleine technische Pannen souverän. Dave Ashby als Anheizer muss mehr singen als gedacht, weil er Pausen überbrücken soll. Das macht der Sänger und Gitarrist natürlich souverän: Allen ist sein überschaubares Repertoire bestens bekannt, aber er reißt die Menge mit. Suzi Quatro bringt den Song "Rockin' in the free world" aus ihrem neuen Album, bevor sie mit ihren alten Hits den Saal zum Toben bringt.

Höhepunkt des Abends dann der Auftritt von Wishbone Ash: Tatsächlich handgemachte Livemusik, die wegen ihrer Komplexität jedoch nicht so recht zum eher hemdsärmeligen Stil des Abends passt. Viele Zuschauer nutzen diese Gelegenheit und gehen zum Luftschnappen ins Vorzelt, wo es Getränke und Speisen gibt.
Toll übrigens die Band Foxie B aus Hamburg. Deren Sänger Buttsche Reinecke kauderwelscht sich zwar ohne störende Text- und Englischkenntnisse durch die Lieder, aber er klingt wie Joe Cocker und Van Morrisson zusammen - live und leider schlecht ausgesteuert.
Es war eine Menge los in Hartenholm. Wie will Chris Hastings-Long diesen Abend noch übertreffen? Die Zuschauer dürfen gespannt sein, welche Dimensionenen seine Weihnachtsfeiern in den nächsten Jahren annehmen.

Wenn Clapton „Gott“ ist…

Santana

5. Mai 2006, Hamburg, Color-Line-Arena

Irgendwann Ende der 60er hat mal jemand an eine Londoner Häuserwand den Satz »Clapton is god« gesprayt. Auch wenn Eric Clapton ein in meinen Augen toller Gitarrist ist und der blasphemische Inhalt nicht ernst genommen werden kann, so stellt sich mir unmittelbar nach diesem Konzert bei dem Gedanken an dieses Zitat die Frage:

Wer ist dann bitte schön Carlos Santana?

Was dieser Mann uns hier und heute geboten hat, lässt sich mit Worten kaum noch beschreiben. Bereits mit dem ersten Song (Jingo) flog der Funke von dieser sensationellen Band in das Publikum über und jeder begann zu tanzen und zu toben. Kein langes Abwarten, sofort gute Laune und eine umwerfend positive Stimmung.

In den folgenden 135 Minuten folgte ein Klassiker dem anderen und wir flogen durch die Jahrzehnte dieser unglaublichen Karriere. Vom ersten Album (das mit dem Löwenkopf) bis zum aktuellen (All That I Am) spannte sich der Bogen und trotz der unglaublich vielen Hits die es heute zu tanzen/singen/hören gab, ich hätte mich auch noch auf Samba Pa Ti gefreut. Am Ende gab es noch die Botschaft, die diesen unglaublichen Musiker seit Jahren vorantreibt:

Love, Peace & Happiness (we are the other side of america…)

Dem ist nichts hinzuzufügen, es sei denn Folgendes:

wenn Santana nochmals in der Nähe auftreten sollten, sofort Karten kaufen!!!

Pressestimmen

Das Magengruben-Gefühl
(Quelle: Heinrich Oehmsen im Hamburger Abendblatt, 08.05.2006)

Carlos Santana: 135 Minuten Feuerwerk aus Rock und Latin. Der 58 Jahre alte Gitarrenvirtuose euphorisierte die Color-Line-Arena mit Hits seiner langen Karriere.

Jeder Ton ist noch in meinem Kopf. Unauslöschlich. Seit 1971, als "Santana" erschien, das dritte Album der Band mit dem Song "No One To Depend On". Mit seinem sanften Intro, ein paar harten Trommelschlägen und den langgezogenen Tönen, mit denen Carlos Santanas Gitarre sich in die Gehörgänge fräste. Ein Lied, unzählige Male zu Hause auf der Luftgitarre vor dem Dual-Plattenkoffer mitgespielt. Riffs, die damals in der Magengrube ankamen und auf den Armen eine Gänsehaut auslösten. Da brannte ein Musiker auf seiner Gitarre ein Feuerwerk ab, meistens am unteren Ende des Griffbrettes, um besonders hohe Töne durch die Lautsprecher zu jagen.

Jetzt steht dieser Gitarrist 80 Meter von mir entfernt auf der Bühne der Color-Line-Arena, und alles ist genau wie 1971. Dasselbe Gefühl, dieselbe Euphorie angesichts dieses einzigartigen Sounds. Man möchte vor Verehrung auf die Knie fallen, denn Carlos Santana setzt 35 Jahre später immer noch diese unvergleichliche Energie frei. Es sieht so mühelos aus, wenn er über die Bühne wandert, seine Finger über das Griffbrett fliegen und seine rotbäuchige Gitarre singen läßt. Mit schnellen Kaskaden, die in lang- und hochgezogenen Tönen enden, um danach wie Stromschnellen wieder rasante Fahrt aufzunehmen. Diese Musik ist ein breiter Fluß, in dessen Mittelpunkt der schnauzbärtige Mexikaner aus Kalifornien steht. Und der in seiner uneitlen Art seiner famosen Band reichlich Raum für solistische Ausflüge gibt.

An diesem Abend geht der 58 Jahre alte Bandleader, dessen Sohn Salvador mit seiner Band das Vorprogramm mit Bravour bestritt, im Repertoire ganz weit zurück bis an den Beginn seiner Karriere, die 1969 beim Woodstock-Festival ihren ersten Höhepunkt erlebte.

Los geht es mit dem stampfenden Rhythmus von "Jingo" vom ersten Album mit dem gezeichneten Löwenkopf auf dem Cover. Die drei Perkussionisten mit Schlagzeuger Dennis Chambers geben mächtig Gas. 9200 Zuhörer wippen und tanzen mit. Zeit zum Luftholen bleibt nicht viel, höchstens, wenn Cyndi Laupers Ballade "Time After Time" oder John Coltranes "A Love Supreme" zitiert wird. Die zehnköpfige Santana-Maschine läuft wie geschmiert - mit Hochdruck auf den Kesseln.

Von den frühen Nummern der Post-Woodstock-Phase gehört "Toussaint L'Overture" genauso zum Repertoire wie "Incident At Neshabur", "Oye Como Va" fehlt ebensowenig wie "Black Magic Woman".

"Evil Ways" und "Soul Sacrifice" holt Santana erst im Zugabenteil aus seiner Schatztruhe. Auch jüngere Hits wie "Maria Maria", "Smooth" (beide vom Album "Supernatural") und "Foo Foo" (von "Shaman") gehören zu dieser 135 Minuten langen Tour de Force aus Rock und Latin.

Und sie macht Lust, sich zu Hause wieder vor die Boxen zu stellen und die Luftgitarre einzustöpseln. Um "Batuka" und "Jungle Strut" mitzuspielen. Vom geliebten dritten Santana-Album.

Santana begeistert bei Tourauftakt
(Quelle: dpa)

Latin-Rock der Meisterklasse: Carlos Santana kann mit seiner Gitarre beim Zuhörer Gänsehaut erzeugen - daran hat sich in den mehr als 30 Jahren seiner legendären Karriere nichts geändert.

Einen beeindruckenden Beweis dafür lieferte der 58-jährige Musiker mit seiner Band beim Konzert am Freitagabend in Hamburg - der ersten Deutschland-Station auf seiner aktuellen Europa-Tournee "All That I Am". Mit Songs von seinem gleichnamigen neuen Album und Klassikern wie "Black Magic Woman", "Corazon Espinados" oder "Oye Como va" versetzte er mehr als 9000 Zuschauer in der Color Line Arena in Begeisterung.

Viele ließen sich ganz in den Bann der Musik ziehen, bewegten im Latino-Rock-Blues-Rhythmus Hände und Hüften und jubelten Santana vor allem bei den ausgedehnten Soli zu. Der Gitarrenvirtuose wirkte dabei leicht entrückt, gab sich seinem unverwechselbaren, ekstatischen Spiel mit den Saiten hin und sorgte so immer wieder für geradezu andächtige Stimmung in der Halle. Mehr als zweieinhalb Stunden lang verzog der Mann aus Mexiko mit dem rot-karierten Hemd, schwarzer Wollmütze und Schnauzbart kaum eine Miene.

Santana, der als einer der besten Gitarristen der Welt gilt, verließ sich in der Rock-Fiesta vielmehr ganz auf seine eigene Sprache, die Musik.

Erst wenige Minuten vor Ende des Konzerts rief er den Zuschauern seine Botschaft zu, die sich in den Jahren seiner Legendenbildung nicht geändert hat: "Dies ist ein Traum. Gemeinsam können wir Gewalt beenden. Wir werden niemals Bush sein, wir sind die andere Seite Amerikas. Die Macht der Liebe ist etwas anderes als die Liebe zur Macht." Und dann fügte er noch hinzu:

"Wir wünschen Euch Frieden, Liebe und Freude." Santana ist sich treu geblieben, in jeder Hinsicht: statt künstlichem Nebel auf der Bühne sieht man ein Räucherstäbchen zu Füßen des Latin-Rock-Meisters.

Seine "Message" umrahmte er während des Konzerts mit Video-Clips auf einer Großbildleinwand: eine Friedenstaube umfliegt die Erdkugel im Universum, Kinder verschiedenster Nationen sowie afrikanische Stammestänzer bewegen sich zu Santana-Klängen, und schließlich im Schnelldurchlauf Stationen im Leben des Carlos Santana selbst. Beim Woodstock-Festival ist er zu sehen, dem Ort, wo ihm und seiner Band der Durchbruch zur internationalen Karriere gelang. Dann erscheint ein Foto von ihm als Teenager mit Anzug, Krawatte und wilden Locken.

Schließlich schwenkt die Kamera zur aktuellen Tour. Hier will der Musiker, der mit seiner Band weltweit insgesamt mehr als 60 Millionen Alben verkaufte, seine CD "All That I Am" vorstellen und das ganze Spektrum seines Könnens zeigen. Vor allem bei den neueren Titeln lässt er Pop, Rock, Latin, Jazz und Soul zu unverkennbaren Santana- Klängen verschmelzen. Etwas andere Santana-Rhythmen sind dagegen im Vorprogramm zu hören: Sohn Salvador und Band heizen den Fans seines Vaters mit einem Mix aus Rock und Rap ein.

Für solche Abende…

Achim Reichel

25. August 2003, Hamburg, Fischauktionshalle

Ich habe jetzt vier Tage gewartet, um diesen Bericht zu schreiben. Hätte ich mich gleich nach dem Konzert hingesetzt, dann wären es zwei Seiten „suuuuper“, „waaaaahnsinn“, „mehr mehr mehr“ geworden. Damit hätte man nicht viel anfangen können, oder?

Also: Fakten, Fakten und an die Leser denken!

Achim fing kurz nach Acht an und wir wankten kurz vor Zwölf völlig erschöpft, heiser, klitschnass und mit wunden Händen hinaus.

Dazwischen lag eines der besten Konzerte, die ich je erlebt habe. Die ersten 90 Minuten wurden bestimmt von den ruhigeren, akustischen Stücken, die Achim aus den „Volkslieder“-Alben ausgewählt hatte. Unterstützt von Musikern der Extraklasse (ich habe mir leider die Namen nicht notiert, sorry Jungs!), ließ Achim nur hin und wieder die Muskeln spielen. Dementsprechend verhalten reagierte auch das Publikum. Es war, wenn man so will, der Teil zum Zuhören mit Stücken wie „Trutz Blanke Hans“, „Erlkönig“, „Een Boot is noch buten“, „Die Ballade von der Loreley“ und der unglaublich schönen „Regenballade“. Nach diesen 90 Minuten hätte man nach Hause gehen können und es wäre ein tolles „Hör“-Konzert gewesen.

Nach einer 15-minütigen Pause dann die Sensation: auf der Bühne trafen sich nach 38 Jahren, zum ersten Mal wieder in der Original-Star-Club-Besetzung, die Rattles! Und jetzt gab es im Publikum kein Halten mehr. Ich bin ja eigentlich für diese Songs zu jung (ich war damals fünf!), aber alter Schwede! Weshalb haben wir eigentlich Status Quo gehört, wenn es die Rattles schon gab. Die Songs wie „Come On And Sing“ und „Bye Bye Johnny“ kamen live unglaublich gut rüber!

Danach begab sich Achim mit uns auf eine Zeitreise durch seine Karriere und es blieb eigentlich kein Wunsch offen. Wir mussten nachher wirklich überlegen, welchen Hit hat er nicht gespielt (na ja, ein oder zwei fielen uns schon ein…). Vom 68er „Moscow“, dem Rock’n’Roll-Medley aus dem Shanty Album („Hamborger Veermaster/Rolling Home/Drunken Sailor“) über „Kuddel Daddel Du“, „Herr von Ribbeck auf Ribbeck“,.„Steaks und Bier und Zigaretten“ und dem unverwüstlichen „Aloha Heja He“: es war alles dabei!

Als absoluter Höhepunkt kamen am Ende (und jetzt festhalten!) Inga Rumpf, Klaus Lage, Heinz-Rudolf Kunze, Lotto King Karl, Pe Werner, Stoppok, Jan Fedder und Piet Klocke für eine Wahnsinns-Version von „Hart am Ball“ auf die Bühne.

Völlig erschöpft wollte ich mir dann (es war ja zu Ende!!) noch ein Bier holen, viele Fans waren schon auf dem Weg zum Auto, da kam Achim noch einmal alleine auf die Bühne und spielte das ganz neue und noch nicht veröffentlichte „Leben leben“. Ein Text wie ein Traum, besser kann man kein Konzert beenden. Danke Achim Reichel!

P.S.

Für solche Abende lohnt es sich zu leben!

Pressestimmen

"Unsere Musik bedeutet den Leuten wirklich was"
(Quelle: Stefan Krulle in “Die Welt” v. 27.08.2003)

Man sieht es nicht, man hört es nicht, man weiß es nur: Er ist wirklich schon so alt. Mit knapp 60 auszuschauen wie Reichels Achim, das brauchen wir uns schon mit 40 nicht mehr vorzunehmen ‑ zu spät. Wie nach zwei Jahren Ferien griente das Hamburger Rockdenkmal von der Bühne der Fischauktionshalle und dort von Bildschirmen bis in die letzten Ecken des backsteinernen Gemäuers.

Achim hatte was zu feiern. Als die Republik dem Kriegsende noch näher war als dem Milleniumswechsel, wurde er mit den Rattles in Hamburgs Starclub zur "besten Rock'n'Twist Band" zwischen Flensburg und Passau gewählt. Und seither ist viel passiert - Zeit für eine Rückschau mit Freunden, von den Original-Rattles bis zu Jan Fedder, Stoppock und Klaus Lage.

Am nächsten Morgen trugen wir ein zufriedenes Lächeln im Gesicht, denn Achim enterte die fest vertäute "Hamburg" und hatte sich noch nicht alle Falten aus dem Antlitz und Beläge von den Stimmbändern gefrühstückt. Dreieinhalb Konzertstunden zeichnen eben sogar den unkaputtbaren Zeremonienmeister. Viele der Fans vom Vortage mochten wir uns allerdings auch gerade nicht vorstellen. "Ooch, ja, doch, toll", sagte Achim, habe er den Abend gefunden. Vielleicht sollte Hamburg mal Reichels Geburtsort Wentorf eingemeinden. So ganz langsam kehrten dann bei Kaffee und Elbblick die Lebensgeister zurück, und Achim wusste immer mehr und immer bessere Gründe zu benennen, die ihn über vier Jahrzehnte an der Oberfläche gehalten hätten.

Wenn er selbst jetzt so die Jahre zähle, "dann staune ich oft doch sehr; dass es mich als Sänger noch immer gibt. Inzwischen kann ich mir aber vorstellen, dass wir uns hier in 20 Jahren wiedersehen und alle noch das Gleiche machen". Für uns wollen wir da lieber nicht die Hand ins Feuer legen. Irgendwann, sagt Achim dann, als damals so die ersten Flausen aus dem Kopf waren bei ihm, da hat er sich mal angeguckt, wie die Leute vor ihm im Saal stehen, "und ich sah nur in so glückliche, entrückte Gesichter. Da wusste ich: Unsere Musik bedeutet den Leuten wirklich was, und die kannst du dir ja nun auch nicht aus dem Automaten ziehen." Das stimmt. Wenn Reichel mit seiner Band "Wir lagen vor Madagaskar" intoniert, als sei der Rock'n'Roll direkter Nachfahre der Shanties, wenn er vom "Spieler" oder "Erlkönig" singt und auch von der "Exxon Valdez", dann sind das inzwischen knorrige Cover‑Versionen seiner eigenen Hits und bleiben dennoch unverwechselbar. Wie ihr Interpret.

"Ich möchte das sein, was ich mache und mir nicht ein Image ausdenken, dem ich dann ewig entsprechen muss", sagt Reichel, und solche Sätze klingen nur von ihm unpeinlich. Weil er sich auch mal aufregen kann, "lieber gehe ich doch drei Mal in die Große Freiheit, als einen Abend in die Color Line Arena. In solchen Hallen ist meine Musik nicht entstanden, da werden bloß Materialschlachten geführt, und hinterher ist Kassensturz." Pfui! Da feierte Achim lieber gestern Abend zum zweiten Mal in der schön patinierten Halle am Hafen. Pünktlich zu seinem Sechzigsten am 28. Januar erscheint das Konzert auf CD und DVD. Das wäre wieder so ein Grund zum Feiern. Aloha-He!

Achim Reichel spielte für seine Freunde
(Quelle: caro in “Hamburger Abendblatt” v.27.08.03)

Es war der zweite große Abend für ihn und diesmal feierten ihn seine Freunde. Sie waren unter den 2500 Fans beim Jubiläumskonzert von Achim Reichel, Der 59-jährige war dahin zurückgekehrt, wo er aufgewachsen ist.

Der Musiker ist ein Hamburger Jung vom Kiez. Seine Schule war dort, wo heute die Astra‑Brauerei steht. Mit seinen Klassenkameraden spielte er auf dem Fischmarkt. „Vom Anleger vor der Fischauktionshalle sind wir in die Elbe gesprungen. Das war eine Mutprobe." Gestern begeisterte Reichel in der Fischauktionshalle mit seinen großen Hits das zweite Konzert anlässlich seines 40. Bühnenjubiläums. Gefeiert wurde so, wie es ihm gefällt. Rockig.

„Großstadtrevier"-Schauspieler Peter Heinrich Brix (49) klatschte, Kollegin Katja Studt (29) wippte mit, Pianist Gottfried Böttger (53) und seine Frau Jasmin (42) waren extra aus Frankfurt angereist. Nur einer kam nicht. Achim Reichel hatte seinen Kumpel aus Star-Club-Zeiten; Ex-Beatle Sir Paul McCartney (61), eingeladen - allerdings auch gleich klargestellt „Ich mach mir keine großen Hoffnungen, dass er wirklich kommt."

Dabei waren u. a.: Clemens Teichmann (NDR), Entertainer Bill Ramsey (71), Komiker Günther Willumeit, Schauspieler Volker Lechtenbrink (59) und Blödel-Star Karl Dall (62). Nach dem Konzert gab’s noch eine „Aftershow-Party”.