Heavy Metal bedeutet nicht Altmetall

Scorpions
Farewell-Tour

19.11.2010, O2-Arena, Hamburg

Da geht die Post ab!

Ja, ich weiß! Die Scorps sind definitv keine Heavy Metal-Band. Aber nach diesem Konzert drängte sich dieses, sicherlich flache, Wortspiel geradezu auf.

Aber der Reihe nach. Beinahe hätte ich dieses Abschiedskonzert (?) verpasst und nur durch Zufall kam ich an die Karte. Also drängte ich mich an einem typischen Hamburger Novemberabend (Schietwetter) mit 14.000 anderen Fans in die Hamburger O2-Arena.

Fans? Na gut, ein bunt gemischtes Völkchen inklusive 3-Generationen-Familien (Opa, Kinder, Enkel), Hamburger Schickeria und letztlich auch tatsächlich ein paar Lederjacken- und Kuttenträger. Die Erstgenannten zog es auf die Sitzplätze und ich fand mich mit den Anderen im Innenraum wieder.

Dort machte ich dann die Bekanntschaft mit EDGUY, der Vorband. Die waren nett und die Zeit wurde dadurch nicht zu lang. Sorry Jungs, mehr blieb bei mir nicht hängen. Obwohl, neben mir standen ein paar echte EDGUY-Fans und die waren mehr als begeistert. Geschmäcker sind halt verschieden, oder?

Rudolf Schenker: Der Prototyp des Axeman

Und dann begannen zwei Stunden Hard-Rock mit allem was dazugehört. „Sting In The Tail“ vom aktuellen Album, Pyrotechnik, Videowände, ein Drumkit auf Hydraulikpodest und eine Band, die offenbar noch nie etwas von der tickenden biologischen Uhr gehört hat.

Es war wie ein Zeitsprung in die Hochzeit der Hardrock- und Powermetalbands. Das dort oben eine Reihe von Mitsechzigern dem Publikum einheizte, das sah nur, wer ganz vorne am Gitter stand. Die Jahre haben halt doch ein paar Spuren in den Gesichtern hinterlassen.

Dumm nur, dass viele der Fans ihre biologische Uhr wohl doch gehört haben müssen. Auch wenn die Balladen (und da gibt’s ja ein paar….) kräftig mitgesungen wurden, beim Headbangin‘ verließen die meisten die Kräfte. Und so kochte die Stimmung nicht im gleichen Maße über, wie die „Jungs“ auf der Bühne Gas gaben.

Bleibt noch ein beeindruckendes Drum-Solo von James Kottak zu erwähnen. Während dieses Rock’n’Roll-Tier (ob das Tattoo auf dem Rücken echt ist?) seine Trommeln bearbeitete, lief auf den beiden Videowänden die Discografie der Band als Kurzfilm ab: immer wieder stolperte Kottak in Sitiuationen, die den legendären LP-Covern entsprachen. Das kam gut!

Schließlich ging es mit einem gewaltigen Prost und „Black Out“ in den Endspurt!

Setlist

  • Sting In The Tail
  • Make It Real
  • Bad Boys
  • The Zoo
  • Coast To Coast
  • Loving Your Sunday Morning
  • The Best Is Yet To Come
  • Send Me An Angel
  • Holiday
  • Wind Of Change
  • Raised On Rock
  • Tease Me Please Me
  • Dynamite
  • Kottak Attack (Drum Solo)
  • Black Out
  • Six String Sting
  • Big City
  • Still Loving You
  • Rock You Like A Hurricane
  • Smoke

Fazit:
Das Konzert war jeden Cent wert und am nächsten Tag wurden erst einmal die alten Platten wieder herausgekramt.

Pressestimmen

"Still Loving You" - Scorpions rocken zum Abschied

Auf ihrer Abschiedstour begeisterten die Hannoveraner Hardrocker in der proppenvollen O2 World ein letztes Mal ihre Fans in Hamburg.

(Quelle: Tino Lange, Hamburger Abendblatt, 19. November 2010, 23:38 Uhr)

Hamburg. Erstaunlich: Als die Scorpions in den 90er-Jahren mehrfach in der Sporthalle spielten, war die Alsterdorfer Turnbutze alles andere als ausverkauft. Damals waren die Hannoveraner Rocker in Deutschland ein wenig aus der Mode gekommen und begannen, sich auf das Ausland zu konzentrieren.

Aber 45 Jahre nach Gründung der Band wollten 12.000 Hamburger Fans dann doch dabei sein, um Klaus Meine, Rudolf Schenker, Matthias Jabs, Paweł Mąciwoda und James Kottak auf ihrer letzten Tournee in der restlos gefüllten O2 World Adieu zu sagen.

Und dieses Adieu war natürlich standesgemäß. Laut. Nach dem Auftakt „Sting In The Tail“ vom gleichnamigen aktuellen Album legten die jahrelang als „Deutschlands erfolgreichster Rockexport“ abgelegten Rock-Helden der 80er und Radiohelden der Wendezeit los wie von der Tarantel gestochen: „Make It Real“, „Bad Boys Running Wild“, „The Zoo“ und das auch nach 31 Jahren mitreissende Instrumental „Coast To Coast“ führten zurück in die Zeiten der späten wilden 70er und glamourösen 80er, als sich die Scorps anschickten, weltweit die Stadien zu erobern.

Da musste mancher mitgealterte Fan am Bierstand Luft holen, um nach dem langen Balladenteil mit „The Best Is Yet To Come“, „Send Me An Angel“ und „Holiday“ zu „Wind Of Change“ ein Pfeifchen zu riskieren. „Unsere Eltern kamen mit Panzern, wir kamen mit Gitarren“, blickte Klaus Meine zurück. Was soll’s, das von den Scorpions perfektionierte Prinzip der Powerballade oder langweilige Schlagzeug- und Gitarrensolos wird man nicht vermissen, Gitarrenattacken wie „Dynamite“, „Blackout“ oder „Big City Nights“ schon eher.

Eine letzte akrobatische Band-Pyramide, eine letzte Runde mit „Still Loving You“ und „Rock You Like A Hurricane“ und dann verzog sich nach zwei Stunden und „When The Smoke Is Going Down“ der Rauch zahlreich abgefeuerter Pyro-Effekte..

Mach es gut, Klaus! Um es mit den Klamauk-Rockern von J.B.O. zu sagen: Sie wissen schon, welchen Klaus ich Meine.

Black Blood – Chicano (p) 1975

Wenn man etwas nicht vergessen soll, dann hat man sich früher Knoten in die Taschentücher gemacht. Heute benutzen die Medien (oder die Industrie?) musikalische Taschentücher. Es ist ja schon fast Tradition: jedes sportliche Großereignis wird von akustischen Taschentüchern begleitet und noch Wochen nach der Fussball-WM 2010 dröhnt einem immer noch „Waka Waka“ um die Ohren. Ein anderer Song, der uns immer noch an die WM erinnert, war (oder ist) „Helele“ von Velile & Safri Duo.
Nein, ich werde dieses synthetische Bongo-Gewürge nicht kommentieren, dazu ist der Song einfach zu gut, aber…
wie war das mit der Erinnerung und dem Taschentuch?

Ich habe nämlich plötzlich einen 35 Jahre alten Knoten in meinem Taschentuch.

1975 erschien diese Sommer-Super-Gute-Laune-Scheibe von der afrikanischen Band Black Blood, die leider zur unpassenden Zeit auf dem europäischen Markt landete. Osibisa waren schon wieder in Vergessenheit geraten und Weltmusik hatte die Massen noch nicht erreicht (Peter Gabriel, Paul Simon, ja sogar Peter Maffay kamen erst in den 80ern auf diesen Trip). Weshalb auf meiner LP damals der Sticker „Soul Tropical“ prangte, das bleibt wohl ein Gehemins der deutschen Platenfirma. Leider gibt es diese LP/CD aktuell nicht mehr im Handel. Also versucht euer Glück bei ebay

Was bleibt?

Zwölf rythmische Gassenhauer mit heißen (und echten!) Percussion unterlegt, englisch-afrikanisches Kauderwelsch (aber wer achtet beim Tanzen auf die Texte), das zumindest in den Titeln auf einen Schuss Humor deuten lässt. Der Titelsong „Chicano (When Philly Goes To Barcelona)“ sagt schon fast alles, sofern man noch weiß was „Phillysound“ war…

Ach ja, und dann ist da noch der erste Song auf Seite zwei. „AIE (A Mwana)“ war damals ein mittlerer Hit im Radio, in vielen Discos jedoch der Feger! Der aktuelle Mega-Hit „Helele“ ist nämlich nichts anderes, wie eine aufgepeppte Kopie. Fast schon frech, das Original nicht zu erwähnen…

Ich hoffe nur, die Jungs von Black Blood bekommen ein paar Tantiemen ab, verdient hätten Sie es!

Und kaufen kann man diese Scheibe nur noch Second Hand!

 

Zum Feste nur das Beste!

Lotto & Pape
100jähriges Jubiläum des TuS StuSie

24.09.2010, Sievershütten, Zeltfest

Das nenne ich eine Jubiläumsfeier!

Im Nachbardorf feiert der Sportverein sein 100jähriges Jubiläum und als besonderer Bonbon wurden für die Feier Lotto King Karl und Carsten Pape gebucht.

Da kann man natürlich nicht zuhause bleiben…sollte man meinen. Aber ich hatte die beiden bereits auf der Kieler Woche erlebt. Die beiden waren echt gut. Und trotzdem… zweimal in einem Jahr? Muss das sein?

Meine bessere Hälfte meinte „Ja“ und so standen wir um 20:30 Uhr im Zelt. Die Getränkepreise waren moderat, die Musik aus der Konserve zunächst auch noch gut und dann begann um 22:10 Uhr die Fußballhymne „Football’s Coming Home“. Der Saal stieg in den Refrain ein und von nun an wurde sage und schreibe 100 Minuten mitgesungen.

Und das lag definitiv nicht (nur?) am Alkoholkonsum der Besucher. Mit dem letzte Refrain der Konserve standen Lotto & Pape auf der Bühne, bewaffnet mit Gitarre, Schellenkranz und zwei Mikros.

Stimmung, Humor, Wortwitz und eine wirklich geile Mucke ergaben schließlich solch eine Bombenmischung, dass ich am Ende meine Stimme komplett weg war (hatte ich wirklich alles mitgesungen??).

Und meine bessere Hälfte hatte natürlich recht. Die beiden kann man sich häufiger antun!

Und jetzt noch ein paar Bilder:

Lotto King Karl
Pressestimmen
Lotto & Pape kommen zur Jubiläumsparty nach Sievershütten

(Quelle: Norderstedter Zeitung vom 03.08.2010)

Zwei Dörfer, ein Klub, ein runder Geburtstag: Der Turn- und Sportverein Stuvenborn-Sievershütten feiert vom 22. bis 26. September sein 100-jähriges Bestehen.

Sievershütten/Stuvenborn. Höhepunkt des umfangreichen Rahmenprogramms anlässlich des Jubiläums ist dabei das Konzert des Hamburger Rock-Duos Lotto & Pape am Freitag, 24. September, im Festzelt auf dem Sportgelände in Sievershütten.

Einlass für das Konzert mit den Barmbeker Jungs, die mit Sicherheit zu den besten Deutsch-Rockern der Gegenwart zählen, ist um 20 Uhr, ab 22 Uhr werden die beiden Kult-Musiker Lotto King Karl und Carsten Pape den Besuchern mit ihrer rasanten Bühnenshow einheizen.

Eintrittskarten im Vorverkauf zum Preis von 12 Euro gibt es von heute an immer dienstags und donnerstags in der Zeit von 17 bis 19 Uhr bei der Geschäftsstelle des TuS StuSie (Am Sportfeld) beziehungsweise sonnabends in der Zeit von 11 bis 13 Uhr beim Edeka-Markt Groth an der Kalten Weide.

Die 679 Mitglieder des TuS StuSie sind in acht Sparten (Turnen/Gymnastik, Fußball, Tennis, Tischtennis, Handball, Tanzen, Volleyball und Badminton) sportlich aktiv. Während der Festwoche werden sich alle Abteilungen dem Publikum mit Vorführungen präsentieren. ((fb))

 

Irren ist menschlich!

Uriah Heep
The 40th Anniversary Tour

13.Dezember 2009, Hamburg, Fabrik

Gut dass Frau Mills sich damal irrte: aus heutiger Sicht ist das Unverständnis mit dem Melissa Mills das Album „Salisbury“ im Rolling Stone verriss, kaum nachzuvollziehen. “Wenn diese Band es schafft, begehe ich Selbstmord.“ beginnt sie ihre Review. Ob Frau Mills noch unter den Lebenden weilt, ist mir nicht bekannt – ganz im Gegensatz zum Objekt ihres Missfallens.

Diese Band tourt seit jetzt vierzig Jahren durch die Welt und wenn die Hallen mittlerweile auch kleiner wurden, so sorgt noch immer eine treue Anhängerschaft für ausverkaufte Konzerte und Riesenstimmung.

Uriah Heep sind weit entfernt von gruseligen „Oldie-Nächten“ und spielen regelmäßig neue Alben ein. So begann das Konzert mit einem druckvollen Weckruf („Wake The Sleeper“) der völlig unnötig war. Hatte doch die Hamburger Vorgruppe Chalice bereits für ausreichend Stimmung gesorgt, allerdings waren sie angesichts des Hauptacts schnell vergessen.

Uriah Heep gingen dann in die Vollen: Altes und Neues, laut und leise, akustische Songs und Metal-Gewitter wurden in einem gut ausgesteuerten Sound auf das Publikum losgelassen.

Und selbst ein so schwacher Song wie „Free Me“ ist live ein richtiger Pusher!

Hier einmal die komplette Setlist
(wer nicht alle Songs kennt, der kennt auch nicht alle CDs….)

Als dann nach ziemlich genau 90 Minuten die Heep-Hymne als Zugabe erklang, da gab es nur eins:

Ahh Ahh AHHH, Ahh Ahh Ahh Ahh … AHHH ahh ahh AHH ahh Ahh Ahh AHHH, Ahh Ahh Ahh Ahh … AHHH ahh ahh AHH ahh Ahh Ahh AHHH, Ahh Ahh Ahh Ahh … AHHH ahh ahh AHH ahh Ahh Ahh AHHH, Ahh Ahh Ahh Ahh … AHHH ahh ahh AHH ahh Ahh Ahh AHHH, Ahh Ahh Ahh Ahh … AHHH ahh ahh AHH ahh Ahh Ahh AHHH, Ahh Ahh Ahh Ahh … AHHH ahh ahh AHH ahh Ahh Ahh AHHH, Ahh Ahh Ahh Ahh … AHHH ahh ahh AHH ahh (Ende von „Lady In Black“, aus den Lyrics auf der Uriah Heep-Homepage)

Und jetzt noch ein paar Bilder, allerdings nur mit der Handykamera aufgenommen….

Neil Diamond – In My Lifetime (p) 1996

Neulich beim Frühstück: Im Radio dudelt nur der übliche Müll (nicht nur, aber fast nur…:-) und plötzlich kommt einem die Melodie bekannt vor. Unser Sohn: „Das sind HIM mit „Solitary Man“, geiler Song!“ und kaut weiter.

Erst „Behind Blue Eyes“ als Coverversion von Limp Bizkit und jetzt das. Obwohl beide Coverversionen wirklich nicht schlecht sind, denke ich bei mir ‚denen fällt auch nichts Eigenes mehr ein!‘ und suche mir später diese 3er-CD raus und werde fündig: „Solitary Man“ im Original.

Wenn es überhaupt eine bessere Version gibt, dann nur die von Johnny Cash. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Beim Hören dieser 3 CDs fällt mir dann erst wieder richtig auf, welchen Einfluss die Songs von Neil Diamond hatten und haben. Alle Coverversionen vorzustellen die einem einfallen, dafür kann man eine eigene Homepage machen (u.a gibt es sogar mit „Kentucky Woman“ eine Jugendsünde von Deep Purple ….)

Das Besondere an diesem 3-CD-Boxset aus dem Jahr 1996 ist die chronologische Zusammenstellung von Songs, die seinerzeit auf verschiedenen Labels erschienen sind. Damit erhält man einen tollen Überblick über die musikalische Entwicklung dieses aussergewöhnlichen Songwriters.  So gibt es hier klanglich gut aufgearbeitet seine bekanntesten Hits und 16 bisher unveröffentlichte Songs mit einer Gesamtlaufzeit von 229 Minuten. Auf Live-Versionen wurde bis auf „Dry Your Eyes“ von The Bands „Last Waltz“ verzichtet.

Seinen Durchbruch feierte Diamond 1966 (u.a. mit „Cherry Cherry“). Als Songwriter lieferte er fast zeitgleich mit „I’m A Believer“ (hier in seiner eigenen Version) auch einen der größten Hits der Monkees und wer kennt nicht UB 40s Version von „Red Red Wine“ aus den 80ern. Bis Anfang der 80er folgte Hit auf Hit. Das fängt hier mit dem bereits erwähnten „Solitary Man“ an und hört mit Heartlight von 1982 (sein letzter Top 10 Hit) auf. Dazwischen hatte er über 30 Hits wie „Sweet Caroline“, „Cracklin‘ Rosie“, „I Am … I Said“, „Song Sung Blue“, „Beautiful Noise“ oder „Forever In Blue Jeans“, um nur ein paar zu nennen.

Natürlich sind auch Diamond-typische Schnulzen „wie z.B. „You Don’t Bring Me Flowers“ mit Barbara Streisand enthalten, die definitiv nicht nach meinem Geschmack sind. Wegen der persönlichen Highlights wie „I am … I Said“ (die Single war das Start Up meiner Sammlung!) und den produktionstechnisch total abgefahrenen und spannend aufgebauten „Soolaimon“ und „Crunchy Granola Suite“ kann ich darüber aber locker hinwegsehen.

Von der Ausstattung und der Optik ist das Boxset sehr gelungen. Das Booklet der Longbox (es gibt auch kleinere Versionen des Sets) bietet neben vielen Fotos auch einen langen Text über Diamonds Karriere, Produktionsnotizen, eine Album-Diskographie, Chart-Platzierungen der Singles sowie persönliche Anmerkungen Diamonds zu jedem Song.

Viel besser geht es eigentlich nicht.

Kaufen kann man diese Box leider nur noch Second Hand!

Zoff – Hallo Deutschland (p) 2004

Ich weiß, ich bin spät dran mit dieser Rezension, aber Zoff haben sich ja auch Zeit gelassen! Zeitsprung zurück in die die 80er: Vo-Ku-Hi-La-Frisuren, neonfarbene Klamotten und natürlich die NDW. Und während alle Spaß haben wollen, mit der Rosemarie den Mussolini tanzen oder in den hohen Bergen 99 Luftballons steigen lassen, taucht plötzlich diese Band aus dem Sauerland auf.

Es werden drei richtig geile Alben produziert, das erste wird sogar mit dem Preis der Deutschen Phono-Akademie ausgezeichnet und die Band wird von Ralph Siegels Plattenfirma Jupiter-Records unter Vertrag genommen.

Offenbar war der Schlagerfuzzi aber nicht der richtige Manager für eine Rockband und dies führte dann wohl zur Auflösung von Zoff. Nomen est Omen…..

Was blieb, war zumindest der Hit „Sauerland“, der sich auch Jahre später auf irgendwelchen „Feten“-Samplern wiederfand. Für die Fans blieb nur die Erinnerung und die alten LPs mit so starken Songs wie „Gimme Gummi“, „Kein Geld kein Money“, „Total Banane“ oder „Faxen machen“.

Aber irgendwann muss es den Mastermind Reiner Hänsch doch wieder in den Fingern gejuckt haben. War es der Druck der Fans, ein finanzieller Engpass oder eine Schnapsidee an der Theke? Völlig egal! Plötzlich, nach 20 Jahren, stand eine neue Zoff-CD im Regal!

2004 kam dieses Riesenalbum mit 13 richtig guten Rocksongs heraus. Das ist natürlich kein Metal oder Hardrock, aber genau die richtige Kneipenmusik mit witzigen, ironischen Texten in denen Hänsch ganz genau weiß, wovon er singt. Hin und wieder gibt es dann auch mal ein paar feine Überraschungen. Achtet mal auf das sagenhafte Saxophon-Intro von „Männer & Fraun“. Und dann die Texte! Oberflächlich immer wieder die typisch männlichen Machosprüche. Und doch kriegt er jedesmal die Kurve, witzig und pointiert. Und spätestens beim zweiten Durchhören summt man(n) und Frau mit, beim dritten Durchlauf singen beide mit.

Fazit: es muss nicht immer Grönemeyer oder gar Westernhagen sein, dies ist eine sagenhaft gute Scheibe!!

Und wer auf den Geschmack gekommen ist, der darf sich ruhig am Back-Katalog der Band austoben! Es lohnt sich!!

 

Lana Lane – Covers Collection (p) 2003

Da klicke ich mich so durchs Internet und stolperte bei Amazon im wahrsten Sinne des Worte rein zufällig über die Rezension einer mir völlig unbekannten CD. Das klingt ja interessant denke ich mir und bestelle mir die Scheibe. Nach zwei Tagen trifft der Silberling ein, wird im Player plaziert und …..bleibt dort für die nächsten Tage!

Mein erster Gedanke: Was ist das denn? Eine Frauenstimme, mal laut (und wie!), dann wieder schnurrend und leise, das es dem Macho in uns Männern die Nackenhaare kräuseln lässt. Begleitet von einer Wahnsinnsband knallt einem ein Sound um die Ohren, das man sich wirklich die Ohren reibt. Aber kommen wir zunächst einmal zu den Fakten:

Lana Lane ist eine amerikanische Sängerin die bereits 18 Alben herausgebracht hat, sie bewegt sich irgendwo zwischen Pop, Synphonic-Rock und Progressiv-Metal.

Auf dieser CD finden sich (wie der Titel es vermuten lässt) aussschliesslich Cover-Versionen. Eine interessante Mischung aus bekannten Songs, Mega-Klassikern und völlig unbekannten Perlen. Wir hören den Zeppelin-Klassiker „Kashmir“, die Sorpions-Ballade „Still Loving You“ und den Rainbow -Hammer „Stargazer“. Aber auch das (zumindest mir) völlig unbekannte „Soaring“ von Aviary, einer Band aus Seattle

Und das alles wird zu keinem Zeitpunkt langweilig oder wirkt abgedroschen. Es gelingt Lana und der Band durch die Kraft der Stimme und den druckvollen und variablen Arrangements den Stücken neues, eigenes Leben einzuhauchen. Und selbst Freddie Mercury kann ruhig im Grab liegen bleiben, wenn Lana sein „Don’t Try So Hard“ anstimmt.

Ich würde ja gerne etwas zur Band sagen, aber sorry: keiner der Namen sagt mir etwas. Da habe ich offensichtlich etwas verpasst, denn die Jungs spielen absolut und unwiderstehlich g…..!!!!

Es hauen Euch auf die Ohren:

Lana Lane (vocals)
Erik Norlander (keyboards, bass, guitar)
Mark McCrite (guitar)
Gregg Bissonette (drums)
Tony Franklin (bass)

sowie auf einzelnen Stücken

Novi Novog (viola)
Cameron Stone (cello)
Arjen Lucasson (guitar)
Neil Citron (guitar)
Gabriel Moses (guitar)
Nick D’Virgilio (drums)
Ed Warby (drums)

Das diese Frau hier so unbekannt ist und solche Eintagsfliegen wie Thomas Godoj, Mark Medlock oder auch Monrose in das Bewußtsein der Fans geprügelt werden, gehört wohl zum Wahnsinn des Showbiz.

Wie schreibt die englische Wikipedia:
„She sings modern music with both a graceful lilt and a commanding, stadium-sized voice of impressive range and power.“
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, es sei denn:

KAUFEN, KAUFEN; KAUFEN und an die Nachbarn denken!

 

Dieses Klingeln in den Ohren…

Deep Purple
40th Jubilee-Tour

06.November 2008, Kiel, Sparkassen-Arena

Da stand ich also in Kiel in der ehemaligen Ostseehalle (an die verkauften Namen der Hallen und Stadien werde ich mich wohl auch nicht gewöhnen) und wartete auf….. ja auf was eigentlich?
Von der besten Band der Welt, gab es kein neues Album und ob es nun eine „40th Jubilee-Tour“ ist, mit der das Quintett seine 40-jährige Bühnenpräsenz feiert oder irgendeine andere Tour, das bleibt sich doch eigentlich gleich? Wir sind nur alle wieder ein paar Jahre älter geworden und es gibt so viele neue Musiker und Bands die am Thron unserer alten Helden sägen. Ob sie es heute noch einmal packen würden?

Diese Frage stellten sich sicherlich auch viele Fans, denn die Halle war zwar gut besucht, aber nicht bis zum Rand voll. Auch in meinem Bekanntenkreis erntete ich nur Achselzucken oder dumme Antworten („Gibt’s die überhaupt noch?“). Also denn!

Special Guest
Zunächst erklomm aber eine Band die Bühne, von der ich am Rande schon ein paar Titel gehört, die ich aber noch nie so richtig wahr genommen hatte. Gotthard aus der italienischen Schweiz waren als Special Guest angekündigt, und das waren sie auch. Besser als manch andere Vorgruppe spielten sie ein richtig geiles Set. Einziges Manko aus meiner Sicht: die Jungs neigen sehr zum posen. Aber das haben sie dann auch richtig drauf. Hat wirklich Spass gemacht!  Die nächste CD ist garantiert von Gotthard und wenn die Jungs als Hedliner kommen, dann schaue ich mir das noch einmal an!

Und los geht’s
Und dann ging es um 21:30 Uhr endlich richtig los!
Im aktuellen Line-Up mit Ian Paice (Drums), Ian Gillan (Vocals), Roger Glover (Bass), Steve Morse (Gitarre) sowie Don Airey (Keyboards) liessen Deep Purple von Beginn an keinen Zweifel aufkommen, ob sie zu alt, aus der Mode oder ausgebrannt seien.
Mit „Pictures Of Home“ ging es gleich in die Vollen und dort wo ich diesmal stand (in dritter Reihe an der Bühne) gab es kein Halten mehr!

Mag Ian Gillan auch nicht mehr alle hohen Töne sicher beherrschen, so wirkte er doch vital, gut gelaunt und in bester Stimmung. Steve Morse und Roger Glover zeigten sich in toller Spiellaune, überhaupt wirkte die ganze Band sehr homogen. Die früher berüchtigten Streitigkeiten sind wirklich Geschichte.

Hier eine Setlist aus der Erinnerung (ich hatte besseres zu tun als mitzuschreiben….):

  •  Pictures of Home
  •  Things I Never Said
  •  Into The Fire
  •  Strange Kind of Woman
  •  Rapture of The Deep
  •  Contact Lost
  •  Well Dressed Guitar
  •  Sometimes I Feel Like Screaming
  •  Wring That Neck
  •  The Battle Rages On
  •  Don Airey solo
  •  Perfect Strangers
  •  Space Truckin’
  •  Highway Star
  •  Smoke On The Water

Zugabe:

  • Hush ~ Ian Paice Solo
  •  Black Night ~ Roger Glover Solo

Fazit
Als ich dann um 23:20 Uhr halbtaub (dieses Klingeln in den Ohren fühlt sich wirklich cool an, vor allem wenn es nachlässt 😉 in die Tiefgarage ging, hatten sich einige Dinge wieder bewahrheitet:

  1. Nach „Space Truckin“ kann man Pogo tanzen!
  2.  Pogo tanzen kann Spass machen (muss aber nicht)!
  3.  Wer ein Plektrum haben will, muss schnell und agressiv sein (und darf sich auch nicht davor scheuen, sich in einer Menschenmenge auf den Boden zu schmeissen)
  4.  Mit 60 jahren muss man noch nicht alt sein (siehe die Photos!)
  5.  Der Sound ganz vorne an der Bühne ist eher suboptimal (aber HiFi geniesse ich sowieso lieber zuhause!)
  6.  Ein Purple-Konzert ist wie ein Besuch bei guten Freunden, eigentlich weiß man doch was einen erwartet!
  7. Die Parkgebühren in Kiel sind mit 2.-€ für die Veranstaltungsdauer sehr kundenfreundlich!

Und zum Schluss noch ein Dank an Paicey (auch wenn er es vermutlich nicht lesen wird): der Drumstick steht bei den Platten… see you next time!!

Pressestimmen

Rentner in Rock

Kiel - „Kiel, are you ready to rock?“ krakeelt Sänger Steve Lee von der Vorgruppe Gotthard ins Mikro. Und die Landeshauptstadt war bereit. Denn Deep Purple war in die Sparkassen-Arena gekommen, um hier ihr 40-jähriges Jubiläum zu feiern.

(Quelle: Jens Raschke, Kieler Nachrichten, 07.11.2008)

Natürlich: Runde Geburtstage waren schon immer ein guter Grund für Bands, noch einmal die Instrumente zu schultern und sich von den Fans in aller Welt ordentlich abfeiern zu lassen. Deep Purple bilden da keine Ausnahme. Selbst wenn von den Gründungsmitgliedern nur noch eines übrig ist und der angeblich 40. Geburtstag streng genommen erst der 32. ist. Denn von 1976 bis 1984 gab es die Band gar nicht.

Egal, solange es die Knochen noch mitmachen, wird gerockt. Fast alle in der Band haben die 60 bereits überschritten und sich die Rente mit rund 30 Alben und unzähligen Konzerten ehrlich und hart erarbeitet. Vor allem hart, denn Deep Purple, die ursprünglich mal Roundabout hießen und ihre Gründung der Geschäftsidee zweier findiger Unternehmer verdanken, sind und bleiben die Väter des Hard Rock. Jenes musikalischen Universums, das wie kaum ein zweites glänzende Sterne, aber auch abgrundtief schwarze Löcher hervorgebracht hat.

Eher Letzterem lassen sich auch die Herren von Gotthard zurechnen, die in der nicht ausverkauften Sparkassen-Arena die Anheizer mimen. Seit 1990 beliefert die Schweizer Gruppe ihre Anhängerschaft mit hoffnungslos überholtem Klötenrock, der wie gemacht scheint für Leute, die noch immer meinen, sie sähen sexy aus in Spandexhosen. Gotthards ganzes Gebaren, ihre vorhersehbare Musik, ihr käsemaukiges Posing sind zutiefst im 21. Jahrhundert verwurzelt. Vor Christus, wohlgemerkt.
„Kiel, are you ready to rock?“ krakeelt Sänger Steve Lee ins Mikro, während Leo Leoni, Freddy Scherer (Gitarren) und Marc Lynn (Bass) sich immer wieder breitbeinig an die Bühnenkante stellen und versuchen, ihr Publikum zum Mitklatschen zu animieren, derweil Hena Habegger am Schlagzeug den Rhythmus bolzt. Das fruchtet stets nur kurz, aber die Kieler reagieren trotzdem freundlich; wenngleich längst nicht so „oscarreif“, wie Lee es ihnen in einer seiner Anmoderationen (natürlich: zum Song „Oscar“) unterstellt.

Ach, was soll's. Man hört sich das eine Stunde lang an und möchte keine Zugabe. Dann, na endlich, Deep Purple! Ian Gillan , Steve Morse, Don Airey, Roger Glover und besagtes Urmitglied Ian Paice präsentieren über 90 Minuten lang die größten Erfolge aus 40, bzw. 32 Jahren Bandgeschichte. Und die war bekanntlich wechselhaft, vor allem, was Besetzungen betrifft. Zweimal wurde Gillan auf Betreiben von Ex-Gitarrist Ritchie Blackmore rausgeschmissen, bevor es dann 1992 endlich zur dauerhaften Bindung kam, Blackmore dafür den Hut nahm und seitdem einen auf keltischen Zupfgeigenhansel macht.

Steve Morse ersetzt ihn ebenso adäquat wie Don Airey den 2002 ausgeschiedenen Jon Lord, von dessen fauchend-barockem Orgelspiel er sich allerhand abgeschaut hat: Ob „Into The Fire“, „Strange Kind Of Woman“ oder „Hush“, Airey weiß, welche Teufel aus seiner Hammond auszutreiben sind. Das dröhnt und wabert, dass einem die Backentaschen schlackern. Nicht anders bei Roger Glovers kraftvollem Bassspiel, und auch Ian Paice erinnert sich noch ganz genau, wo an seinem Linkshänderschlagzeug die schnellen, prägnanten Rhythmen gedeihen.

Steve Morse distanziert sich indes hörbar vom eher trockenen Stil seines Vorgängers und gerät darüber immer wieder ins Gniedeln. Tja, und Ian Gillan, der arme Mann, schlägt wacker eine brutale Schlacht gegen den mauen Sound und die hohen Töne, die er gegen Ende, bei „Highway Star“, leider verliert. Macht nichts, er darf auf die Kieler Liebe zählen, vor allem als Morse endlich das berühmteste Riff der Rockgeschichte anstimmt und die Menge tanzen lässt: G, B, C – G, B, Cis, C – G, B, C – B, G. Erkennen Sie die Melodie? Auf die nächsten 40!

Der Mann mit dem Hut

Udo Lindenberg

10.Oktober 2008, Hamburg, Color-Line-Arena

 

Als ich 1973 „The Sweet“ in der Hamburger Musikhalle sah, lief überall „Alles klar auf der Andrea Doria“ und der Stern von „uns Udo“ ging auf. Über die ganzen Jahre sammelten sich seine Platten bzw. CDs bei mir an, die Konzerte gingen jedoch immer wieder an mir vorbei. Irgendetwas kam immer daziwschen.
Diesmal klappte es endlich und es war jeden Cent wert. In den Vorbesprechungen hieß es immer „Comeback“-Tour, für mich war Udo nie weg. Okay, die Pausen zwischen den CDs waren etwas länger und nicht jede CD war ein Glücksgriff, aber von alledem war an diesem Abend nichts zu spüren.
Mit voller Energie, losem Mundwerk, gut bei Stimme und sehr viel Emotion rockte der alte Mann die 12.000 Besucher in Grund und Boden. Nur wer ganz nahe an der Bühne stand (oder die Videowände zur Hilfe nahm), sah einen 60jährigen Udo Lindenberg.

Der Mann mit dem Hut!

Alle anderen sahen einen hochkonzentrierten, gut aufgelegten Mann mit Hut, der mittlerweile auch sein Alter und die veränderte Sicht auf die Welt zum Thema seiner Songs macht.

Besonders beeindruckend für mich waren dann auch die langsamen Songs. „Säufermond“ liess einen die Luft anhalten und als hintereinander „Stark wie 2“ und „Horizont“ gespielt wurden, hatte das an diesem Tag schon eine besondere Bedeutung (Hi, Rollo!).

Diese Songs dienten dann unter anderem auch zum Luft holen, denn es ging für fast zwei Stunden ohne Pause durch fast vierzig Jahre „Lindisches“ Universum. Das neue Album wurde natürlich ausgiebig (und verdientermaßen) durchgespielt, daneben gab es aber auch neben all den Klassikern uralte („Daumen im Wind“) und etwas seltenere Stücke („Candy Jane“)  zu hören.

Und am Ende waren wir fast alle heiser vom Mitsingen. Erstaunlich, wie einem plötzlich all die uralten Songs wieder einfallen!

Pressestimmen

Alles klar in der "Zuhause-Stadt Hamburch"
Vom "Daumen im Wind" bis "Woddy Woddy Wodka": 36 Jahre Udo pur in hoch konzentrierten 90 Minuten.

(Quelle: Tino Lange und Birgit Reuther, Hamburger Abendblatt v. 11.10.2008)

Wie sehnsüchtig Udo Lindenbergs Heimspiel erwartet wurde, wurde an den ungeduldigen Pfiffen deutlich, die um kurz nach acht durch die rappelvolle Color-Line-Arena hallten. Dann: Dunkelheit, Gitarrenbrodeln, Countdown, Feuerstrahl, Nebel, und unser aller Udo schwebte im Astronautenanzug von der Decke. Obwohl das Showgeschäft seit Jahrzehnten in seinen Adern pulsiert, beschritt er zaghaft wie der erste Mann auf dem Mond die Bühne. Einmal aus dem weißen Ei gepellt, offenbarte sich aber dann der klassische schwarze Udo mit Hut und Sonnenbrille. Und als auch die neongrünen Spacesocken von Schuhen verdeckt waren, tänzelte der 62-Jährige mit geschmeidig schlackernden Knien und rotierendem Mikro zum Eröffnungslied "Woddy Woddy Wodka", dem Schnapshit vom Comeback-Album "Stark wie Zwei".

Euphorisch feierten die Fans ihren Lokalhelden bei dessen rockender Kurzbiografie "Mein Ding". Und als Udo seine "Zuhause-Stadt Hamburch" sowie seine "Panik-Familie" pries an diesem "Heiligen Abend", als die Herzen ihm zuflogen, drängte sich der Eindruck auf: Udo ist hier so etwas wie Hans Albers in cool, wie Inge Meysel mit Hut.

"Die älteste Boyband der Welt" mit "450 Jahren Bühnenerfahrung" stand ihm dabei ebenso zur Seite wie eine Cellistin beim Klassiker "Cello" und Hamburgs Chef-Styler Jan Delay bei "Ganz anders".

Bei der "Komplizen"-Hymne "Wenn du durchhängst" wogte Pathos durch die Halle, in der 70er-Ballade "Nichts haut einen Seemann um" war er der Nuschel-Udo mit "Dabidubida" und Säufer-Sehnsuchts-Lyrik. Während er die "Rock'n'Roll-Zentrale" emotional voll im Griff hatte mit "Daumen im Wind", zeigten alte Fotos auf Leinwänden, dass jede seiner Falten so hart erarbeitet ist wie der Schweiß, der ihm bei der 80er-Edelschnulze "Ich lieb dich überhaupt nicht mehr" die Sonnenbrille von der Nase schwemmte.

In diesen puren Udo-Momenten war er am stärksten und wirkte direkter als umgeben von Background-Miezen ("Honky-Tonky-Show") oder Ballett-Rentnern ("Der Greis ist heiß"). Zum Glück gab es neben den Showeffekten auch Solomomente, als Udo eine der Rollen seines Lebens gab: den nervenschwachen Trinker in "Unterm Säufermond". "Überleben is' geiler", resümierte der Panik-Präsident. "Ich saß schon oft aufm Löffel, bin aber immer wieder runtergesprungen." In den Sonderzug, auf die Andrea Doria, auf die Bühne. Da, wo er hingehört.

 

Mini-Playback-Show auf dem Dorf…

Rock Op’n Dörp

09.12.2006, Hartenholm, Sporthalle

„The Sweet in Hartenholm? Und Wishbone Ash? Suzi Quatro auch??“

Das waren so die Wortfetzen die ich beim Bäcker auffing. The Sweet hatte ich sowohl in ihren großen Zeiten zwischen 1972 und 1977 als auch in späteren Jahren mehrfach gesehen. Eine richtig gute Liveband, bei denen immer die Post abging (viel besser als die Singlehits vermuten ließen).

Wishbone Ash machten neugierig und Suzi Quatro… na gut, kann man sich ja mal anschauen. Und das ganzen für nur 22.-€ Eintritt!

Also machten wir uns an einem saukalten Dezemberabend auf den Weg nach Hartenholm. Dort fand die Riesenparty zum Aufstieg des TC Logopak (Tennis!) in die 2.Bundesliga statt und das Rahmenprogramm wurde durch den Logopak-Firmenchef gesponsort.

Als Headliner sollten demnach auftreten

Suzi Quatro
The Sweet
Wishbone Ash
Heinz-Rudolf Kunze

sowie

Mike Krüger
Dave Ashby
Funky Chicos

Na gut, Herr Kunze hatte schon abgesagt. Dafür wurden dann noch Fräulein Menke und Geier Sturzflug aufgeboten.

Vor der Mehrzweckhalle war ein riesiger Catering-Bereich aufgebaut, das Essen war dort sehr lecker (wenn auch nicht billig) und die Stmmung recht gut.

Mike Krüger: Das war live (Respekt!) und er versteht es wirklich, die Leute mitzureißen. Eine richtige „Rampensau“!

Mike Krüger war einfach gut. Ich war nie ein großer Fan von ihm und sein Humor ist (vorsichtig formuliert) sehr simpel, als er allerdings die uralten Nummern wie „Bundeswehrsoldat“ oder „Mein Gott, Walther“ spielte, da verzieh ich ihm auch den „Nippel“. Und das Beste: er spielte live und begeisterte das Publikum.

Dave Ashby: Angeblich tritt er während der Segeberger Oldienächte immer auf, wenn der Bierkonsum zurückzugehen droht…..

Dann Dave Ashby. Wenn Status Quo schon vorgehalten wurde, mit nur drei Akkorden auszukommen, was soll man denn zu Herrn Ashby sagen? Schwamm drüber! Aber auch dies war noch live!!

Und dann kamen die, auf die ich gewartet hatte: Sweet!

Sweet: Der Herr links aussen ist Andy Scott, aber dieser Auftritt war ein Witz!

Natürlich spielt von der Ur-Besetzung nur noch Andy Scott in der Band. Allerdings hatte er sich über die Jahre immer gute Musiker an Bord geholt und ich konnte sie noch anlässlich der „A“-Tour 1992 erleben, und das war ein grandioser Auftritt. Was jetzt passierte, das war der gespielte Witz. Die kurze Umbaupause hätte mich schon warnen sollen und bereits nach wenigen Takten, in denen sich die Band nicht einmal Mühe gab synchron auf die Instrumente zu schlagen, war für mich der Abend gelaufen. Vollplayback auf großer Bühne! Das Publikum (vermutlich schon voll des süssen Mostes) schien davon nichts zu bemerken und klatschte wie in der ZDF-Hitprade mit. Dann die „Zugabe“. Da die Tontechnik offenbar ebenso breit wie das Publikum war, starteten sie „Blockbuster“ vom Band bevor die Gruppe auf der Bühne stand. Als dann der Gitarrenriff einsetzte, hatte die Band die Instrumente noch nicht einmal in der Hand. Ich ging raus um mir ein Bier zu holen.

Suzi Quatro: Wie bescheuert müssen Zuschauer sein, die nach einem so schlechten Playback noch um Zugaben betteln?

Der Rest des Abends ist schnell erzählt: Suzi Quatro war ebenso schlechtes Playback wie Fräulein Menke (fand ich nur peinlich!), die Band Geier Sturzflug bestand nur noch aus zwei Mann und playbackten ebenfalls nur rum. Und zwischendurch immer wieder Herr Ashby. Ach ja, und dann war da noch der Moderator. Ein XXL-Jahrmarktsschreier, der immer wieder daraufhinwies, dass ja alles fürs Fernsehen gefilmt wird und ob wir denn „auch so gut drauf wären“. Den Fernsehbericht konnte man dann ein paar Wochen später als Dauerwerbesendung auf Hamburg1 (ein regionaler Sender aus….? Richtig!) sehen. Dort fiel der Playback-Beschiß durch geschickte Schnitte kaum noch auf.

Und der Abend wäre restlos im Eimer gewesen, wenn nicht ganz zum Schluß die Lieblingsband des Veranstalters aufgetreten wäre!

Wishbone Ash: Einfach nur gut!

Chris Hastings-Long, Chef der Firma Logopac Systeme, hatte die Band in seiner Studentenzeit kennengelernt und irgendwie war der Draht wohl nie abgerissen. Und deshalb traten sie zum Schluß auf separater Bühne live auf! Das war Rock vom Feinsten. Den Hartenholmern war das dann auch prompt zu laut, zu schnell, zu wild…. was auch immer …. und der Sall leerte sich schnell in Richtung Bierpilze. Na klar, hier war nix mit Dieter-Thomas-Heck-Mitklatsch-Mucke, hier ging endlich die Post ab. Knapp 45 Minuten gab es richtig gute Musik auf die Ohren.

Wishbone Ash: Es waren nicht mehr so viele Zuschauer wie bei den Playback-Schauspielern, aber die hier blieben hatten richtig Spass!

Als dann im Anschluss noch eine brasilianische Sambatruppe durch den Saal tanzte, da hatten auch die Augen ihren Spaß.


Braaaaaazil!!!!!: Es gibt in Brasilien offenbar einen zweiten Exportartikel neben Fussball :-))

Aber für mich als altem Sweet-Fan war der Abend natürlich fast völlig daneben, so viele gute Erinnerungen wurden da zerstört! Ich glaube, man sollte sich Auftritte dieser Band nur unter schriftlicher Live-Garantie antun. Soviel Bier gibt es gar nicht, wie ich hätte trinken müssen um den Frust zu vergessen!

Aber was soll’s, „das Läbbe geht weiter!“

P.S.
Offenbar hatten die Veranstalter auch aus den Presseberichten gelernt. Auf den folgenden „Rock Op’n Dörp“-Veranstaltungen wurde ausnahmslos live gespielt! Da ich das aber nicht glauben wollte, war dieses meine erste und letzte Rock Op’n Dörp-Veranstaltung. C’est la vie!

Pressestimmen

(Quelle: Hamburger Abendblatt v. 12.12.2006)
"Mensch, Suzi Quatro, die sieht ja noch aus wie früher." Der gestandene Mitfünfziger kann sich gar nicht halten vor Begeisterung. "Und ihre Stimme, überhaupt nicht verändert." Tatsächlich, die knackige Sängerin aus Detroit ist der lebende Beweis, dass auch Damen im Alter von 56 Jahren als Rockerbraut noch eine gute Figur machen können. Ob sie auch noch gut bei Stimme ist, lässt sich in der Hartenholmer Mehrzweckhalle allerdings nicht wirklich feststellen: Als sie sich nach dem ersten Song für den Applaus bedanken will, kommt kein Ton aus den Boxen - das Mikro ist abgeschaltet.

Peinlich, aber nicht weiter schlimm: Bis auf wenige Ausnahmen singt an diesem Abend keiner der Interpreten live.
"Rock op'n Dörp" nennt Chris Hastings-Long, Chef der Firma Logopac Systeme, diese Veranstaltung, die eigentlich eine Weihnachtsfeier für seine Mitarbeiter und den Tennisclub Logopac Hartenholm sein soll. Angesichts der musikalischen Dimensionen allerdings bietet er 1500 Menschen die Möglichkeit, das Oldie-Konzert mitzuerleben. Und die freuen sich über ein enormes Spektakel: Im Eiltempo hecheln sich die Interpreten durch die Musikgeschichte.

Mike Krüger kalauert sich durch das Programm, die Band Sweet wartet mit ihren größten Hits auf, Geier Sturzflug, eine auf zwei Personen geschrumpfte Rumpfband, darf zwei Lieder zum Besten geben, Fräulein Menke ebenfalls. Fast alles Konserve (Krüger singt live), aber egal: Die Stimmung steigt, die Organisation ist perfekt.
Der Hamburg-1-Moderator Andreas Ellermann, ein Mann im King-Size-Format, überbrückt im Stile eines Jahrmarktschreiers einige kleine technische Pannen souverän. Dave Ashby als Anheizer muss mehr singen als gedacht, weil er Pausen überbrücken soll. Das macht der Sänger und Gitarrist natürlich souverän: Allen ist sein überschaubares Repertoire bestens bekannt, aber er reißt die Menge mit. Suzi Quatro bringt den Song "Rockin' in the free world" aus ihrem neuen Album, bevor sie mit ihren alten Hits den Saal zum Toben bringt.

Höhepunkt des Abends dann der Auftritt von Wishbone Ash: Tatsächlich handgemachte Livemusik, die wegen ihrer Komplexität jedoch nicht so recht zum eher hemdsärmeligen Stil des Abends passt. Viele Zuschauer nutzen diese Gelegenheit und gehen zum Luftschnappen ins Vorzelt, wo es Getränke und Speisen gibt.
Toll übrigens die Band Foxie B aus Hamburg. Deren Sänger Buttsche Reinecke kauderwelscht sich zwar ohne störende Text- und Englischkenntnisse durch die Lieder, aber er klingt wie Joe Cocker und Van Morrisson zusammen - live und leider schlecht ausgesteuert.
Es war eine Menge los in Hartenholm. Wie will Chris Hastings-Long diesen Abend noch übertreffen? Die Zuschauer dürfen gespannt sein, welche Dimensionenen seine Weihnachtsfeiern in den nächsten Jahren annehmen.

Eine Spielwiese im Netz